Der Strudelwurm Gyratrix hermaphroditus
Verfasst: 1. Mai 2020, 11:34
Liebes Forum,
in einer Probe des Sediments eines kleinen, verlandeten Waldtümpels sind mir einige Arten von Strudelwürmern aufgefallen, von denen ich heute eine Art genauer vorstellen möchte. Es handelt sich um Gyratrix hermaphroditus, einen sicherlich häufigen, aber dennoch interessanten Strudelwurm, der sowohl im Süßwasser als auch im Meer zu finden ist.
Bild 1: Gyratrix hermaphroditus, Übersicht;
pg: Proboscis (Rüssel); cg: Cerebralganglion (Gehirn); ph: Pharynx (Saugmagen); ut: Uterus; te: Testes (Hoden) ov: Ovar (Eierstock) vs: Vesicula seminalis (Samenblase); bc: Bursa copulatrix (Begattungstasche); ps: Penis-Stilett; in: Intestinum (Darm) vi: Vitellarium (Dotterstock)
Die bis zu 2 mm großen Tiere schwimmen lebhaft in den Lückenräumen des Sediments und tasten mit ihrem Rüssel beständig nach Beute:
Bild 2: Gyratrix hermaphroditus, Rüssel (Proboscis) in Ruhestellung
Der Rüssel besteht aus einem inneren, mit Rezeptoren besetzten Zapfen, der bei der Jagt durch eine Lücke in der Haut ausgestoßen werden kann - ein Vorgang den ich leider nicht beobachten konnte. Mit dem Rüssel kann wohl die Beute ergriffen und festgehalten werden, während das Penis-Stilett zweckentfremdet und zum Töten der Beute verwendet wird. Gut zu erkennen ist der starke Muskel, auf dem der Rüssel sitzt.
Hinter dem Rüssel befindet sich das Gehirn des Tieres, auf dem zwei linsenlose, stark pigmentierte Augen sitzen.
An das Gehirn schließt sich der lang gestreckte Darm an, in dessen Mitte der kugelförmige Saugmagen (Pharynx) sitzt:
Bild 3: Gyratrix hermaphroditus, Pharynx
Mit diesem Organ wird die Beute - ähnlich wie bei einem Blutegel - ausgesaugt und die Flüssigkeit im Darm verdaut. Strudelwürmer haben keinen After, so dass die Reste der Mahlzeit wieder durch den Pharynx ausgeschieden werden.
Besonders interessant ist der Bau der Fortpflanzungsorgane dieses hermaphroditischen Tieres. Als Zwitter besitzt es sowohl weibliche als auch männliche Organsysteme.
Bild 4: Gyratrix hermaphroditus, Überblick über die Fortpflanzungsorgans
Gut zu beobachten ist der unpaarige Hoden, in dem das Sperma produziert wird, dessen Bewegung im Hoden gut zu beobachten ist.
Bild 5: Gyratrix hermaphroditus, Hoden mit Sperma
Das Sperma wandert dann - im Falle eines Falles - in die Samenblase, wo es mit einigen Drüsensekreten versehen wird. Die Samenblase entleert sich in das hohle Penis-Stilett.
Bild 6: Gyratrix hermaphroditus, Penis-Stilett; Einsatz: ausgefahrenes Stilett
Das Penis-Stilett besteht aus zwei unabhängig beweglichen Teilen: dem eigentlichen Stilett, das bei der Begattung in die Öffnung der Begattungstasche des Partners geschoben werden kann (oder manchmal auch durch die Haut, direkt in die Bursa copulatrix) und einem trichterförmigen Führungsteil, das zum Steueren der Richtung des Stilettes Verwendung findet.
Die gleichzeitig vorhandenen weiblichen Fortpflanzungsorgane sind - ohne histologische Schnitte - am lebenden Tier schwerer zu beobachten. Am auffälligsten ist die Begattungstasche (bursa copulatrix):
Bild 7: Gyratrix hermaphroditus, Bursa copulatrix
In der Begattungstasche werden in einigen zystenartigen Hohlräumen die Spermapakete des Partners zur späteren Verwendung gespeichert, deren Beweglichkeit gut am lebenden Tier beobachtet werden kann. Am oberen Bildrand ist eine der beiden Ampullen zu sehen. Diese Organe sind Teil des Exkretionssystems der Tiere und vergleichbar zu Nieren. In den Ampullen wird der Primärharn aufbereitet, bevor er über eine Pore das Tier verlässt. Bei Tieren, die in Salzwasser leben, ist dieses Organ nicht vorhanden, da dann der Osmose nicht entgegen gewirkt werden muss und die Tiere auf ein ausgefeiltes Exkretionssystem verzichten können.
Ich hoffe, Euch diese interessanten Tiere, die immer ein eingehende Beobachtung wert sind, etwas näher gebracht zu haben.
Viele Grüße
Michael
in einer Probe des Sediments eines kleinen, verlandeten Waldtümpels sind mir einige Arten von Strudelwürmern aufgefallen, von denen ich heute eine Art genauer vorstellen möchte. Es handelt sich um Gyratrix hermaphroditus, einen sicherlich häufigen, aber dennoch interessanten Strudelwurm, der sowohl im Süßwasser als auch im Meer zu finden ist.
Bild 1: Gyratrix hermaphroditus, Übersicht;
pg: Proboscis (Rüssel); cg: Cerebralganglion (Gehirn); ph: Pharynx (Saugmagen); ut: Uterus; te: Testes (Hoden) ov: Ovar (Eierstock) vs: Vesicula seminalis (Samenblase); bc: Bursa copulatrix (Begattungstasche); ps: Penis-Stilett; in: Intestinum (Darm) vi: Vitellarium (Dotterstock)
Die bis zu 2 mm großen Tiere schwimmen lebhaft in den Lückenräumen des Sediments und tasten mit ihrem Rüssel beständig nach Beute:
Bild 2: Gyratrix hermaphroditus, Rüssel (Proboscis) in Ruhestellung
Der Rüssel besteht aus einem inneren, mit Rezeptoren besetzten Zapfen, der bei der Jagt durch eine Lücke in der Haut ausgestoßen werden kann - ein Vorgang den ich leider nicht beobachten konnte. Mit dem Rüssel kann wohl die Beute ergriffen und festgehalten werden, während das Penis-Stilett zweckentfremdet und zum Töten der Beute verwendet wird. Gut zu erkennen ist der starke Muskel, auf dem der Rüssel sitzt.
Hinter dem Rüssel befindet sich das Gehirn des Tieres, auf dem zwei linsenlose, stark pigmentierte Augen sitzen.
An das Gehirn schließt sich der lang gestreckte Darm an, in dessen Mitte der kugelförmige Saugmagen (Pharynx) sitzt:
Bild 3: Gyratrix hermaphroditus, Pharynx
Mit diesem Organ wird die Beute - ähnlich wie bei einem Blutegel - ausgesaugt und die Flüssigkeit im Darm verdaut. Strudelwürmer haben keinen After, so dass die Reste der Mahlzeit wieder durch den Pharynx ausgeschieden werden.
Besonders interessant ist der Bau der Fortpflanzungsorgane dieses hermaphroditischen Tieres. Als Zwitter besitzt es sowohl weibliche als auch männliche Organsysteme.
Bild 4: Gyratrix hermaphroditus, Überblick über die Fortpflanzungsorgans
Gut zu beobachten ist der unpaarige Hoden, in dem das Sperma produziert wird, dessen Bewegung im Hoden gut zu beobachten ist.
Bild 5: Gyratrix hermaphroditus, Hoden mit Sperma
Das Sperma wandert dann - im Falle eines Falles - in die Samenblase, wo es mit einigen Drüsensekreten versehen wird. Die Samenblase entleert sich in das hohle Penis-Stilett.
Bild 6: Gyratrix hermaphroditus, Penis-Stilett; Einsatz: ausgefahrenes Stilett
Das Penis-Stilett besteht aus zwei unabhängig beweglichen Teilen: dem eigentlichen Stilett, das bei der Begattung in die Öffnung der Begattungstasche des Partners geschoben werden kann (oder manchmal auch durch die Haut, direkt in die Bursa copulatrix) und einem trichterförmigen Führungsteil, das zum Steueren der Richtung des Stilettes Verwendung findet.
Die gleichzeitig vorhandenen weiblichen Fortpflanzungsorgane sind - ohne histologische Schnitte - am lebenden Tier schwerer zu beobachten. Am auffälligsten ist die Begattungstasche (bursa copulatrix):
Bild 7: Gyratrix hermaphroditus, Bursa copulatrix
In der Begattungstasche werden in einigen zystenartigen Hohlräumen die Spermapakete des Partners zur späteren Verwendung gespeichert, deren Beweglichkeit gut am lebenden Tier beobachtet werden kann. Am oberen Bildrand ist eine der beiden Ampullen zu sehen. Diese Organe sind Teil des Exkretionssystems der Tiere und vergleichbar zu Nieren. In den Ampullen wird der Primärharn aufbereitet, bevor er über eine Pore das Tier verlässt. Bei Tieren, die in Salzwasser leben, ist dieses Organ nicht vorhanden, da dann der Osmose nicht entgegen gewirkt werden muss und die Tiere auf ein ausgefeiltes Exkretionssystem verzichten können.
Ich hoffe, Euch diese interessanten Tiere, die immer ein eingehende Beobachtung wert sind, etwas näher gebracht zu haben.
Viele Grüße
Michael