Das Nagel-Rädertier Microcodon clavus
Verfasst: 2. Oktober 2016, 22:47
Liebe Tümpler-Kollegen,
In der letzten Zeit gab es hier im Forum schöne Vorstellungen von Rädertieren in Text und Bildern. Ich möchte hier ebenfalls beitragen und einen Fund genauer beschreiben, der für mich - obwohl ich schon lange Rädertiere untersuche - einen Neufund bedeutet. Daher habe ich diese Art mikroskopisch auch mal genauer inspiziert. Es handelt sich um das Nagel-Rädertier Microcodon clavus. Die Proben stehen schon seit einigen Wochen auf der Fensterbank (das klassische “Nordfenster”!) und stammen aus einem dänischen Heidetümpel.
M. clavus hat eine charakteristische Gestalt mit einem abgeflachten, scheibenförmigen Räderorgan (“Nagelkopf”), einem leicht buckelförmigen Rumpf und einem langgestreckten Fuß mit unpaarer Zehe (“Nagelspitze”). Wer M. clavus schon einmal gefunden hat, kennt die typische Bewegungsweise dieser Tiere: Entweder hasten sie sprunghaft und schnell schwimmend durch das freie Wasser oder sie stehen, an einem Klebfaden (den ich nie direkt beobachten konnte) geheftet und stetig mit den Wimpern des Räderorgans strudelnd, beinahe bewegungslos auf der Stelle. Nur dann lassen sich sich gut fotografieren. Schon bei schwächerer Vergrößerung kann man die beiden Wimperkreise des Räderorgans (Paracingulum und Paratrochus) gut unterscheiden.
Die beiden folgenden Aufnahmen zeigen ein Exemplar, das durch den Deckglasdruck schon immobilisiert, aber noch nicht zu stark gepresst ist. Die auffallendsten Strukturen sind eine große Eizelle mit hyalinem Kern, der kräftige virgate Kauer mit an der Spitze abgewinkelten Rami, einem langen Fulcrum sowie eine markante Ansammlung roter Pigmente. Diese sind offenbar in der Eizelle lokalisiert bzw. im Keimdotterstock. Die Teilabbildung B zeigt den Keimdotterstock in höherer Vergrößerung. Zu erkennen sind die Eizelle (Ez) mit ihrem Kern (Nu), eine Ansammlung von jungen, noch undifferenzierten Oozyten (Ooz) sowie der Dotterstock mit ingesamt 4 Kernen (nur 2 in der Schärfeebene der Aufnahme).
Hier nun zwei Aufnahmen des Räderorgans eines freibeweglichen, ungepressten Exemplars. Außen verläuft das Paracingulum, innen um die Mundöffnung stehen die Cirren des Paratrochus. Diese können entweder zur Mundöffnung geneigt (A) oder starr abgespreizt werden (B).
M. clavus hat die volle Ausstattung an Tastern, die ein Rädertier haben kann. Neben einem Dorsaltaster (A) treten Lateraltaster (B) und zarte Cilien des Caudaltasters am Ende des Fußes (C) auf.
Wenn man im Netz nach Befunden zu M. clavus sucht, stellt man fest, dass inbesondere der Mastax dieser Art relativ wenig dokumentiert ist. Im Folgenden einige Fotos, die diesen Umstand hoffentlich ein wenig bessern. Man muss sich allerdings klar machen, dass meine Aufnahmen von einem stark gepressten Exemplar stammen, die die Hartteile des Mastax nicht mehr in ihrer räumlichen Anordnung in vivo zeigen. Am stärksten sind die Rami betroffen, die im natürlichen Zustand zur Spitze hin dorsalwärts gebogen sind, im gepressten Präparat aber in die Ebene gedrückt werden. Deutlich unterscheidbar sind das Fulcrum (Fu), die paarigen Rami (Ra) mit ihren dreieckigen, lateralen Alulae, die mehrzähnigen Unci (Un) sowie das reduzierte Manubrium (Ma). In Aufnahme B liegt der Fokus auf den Uncizähnen, von denen ich beiderseits 5 gezählt habe. Für den virgaten Kauer (wie auch bei forcipaten Kauern der Dicranophoriden) ist eine ausgeprägte Querstreifung der Muskular typisch, die das Fulcrum mit den Alulae der Rami verbindet (C). Nicht mehr abgrenzbar sind in den Quetschpräparaten die weniger eindeutig begrenzten, akzessorischen Hartteile des Mastax (“Epipharynx”, “Hypopharynx”).
Viele Grüße
Ole
In der letzten Zeit gab es hier im Forum schöne Vorstellungen von Rädertieren in Text und Bildern. Ich möchte hier ebenfalls beitragen und einen Fund genauer beschreiben, der für mich - obwohl ich schon lange Rädertiere untersuche - einen Neufund bedeutet. Daher habe ich diese Art mikroskopisch auch mal genauer inspiziert. Es handelt sich um das Nagel-Rädertier Microcodon clavus. Die Proben stehen schon seit einigen Wochen auf der Fensterbank (das klassische “Nordfenster”!) und stammen aus einem dänischen Heidetümpel.
M. clavus hat eine charakteristische Gestalt mit einem abgeflachten, scheibenförmigen Räderorgan (“Nagelkopf”), einem leicht buckelförmigen Rumpf und einem langgestreckten Fuß mit unpaarer Zehe (“Nagelspitze”). Wer M. clavus schon einmal gefunden hat, kennt die typische Bewegungsweise dieser Tiere: Entweder hasten sie sprunghaft und schnell schwimmend durch das freie Wasser oder sie stehen, an einem Klebfaden (den ich nie direkt beobachten konnte) geheftet und stetig mit den Wimpern des Räderorgans strudelnd, beinahe bewegungslos auf der Stelle. Nur dann lassen sich sich gut fotografieren. Schon bei schwächerer Vergrößerung kann man die beiden Wimperkreise des Räderorgans (Paracingulum und Paratrochus) gut unterscheiden.
Die beiden folgenden Aufnahmen zeigen ein Exemplar, das durch den Deckglasdruck schon immobilisiert, aber noch nicht zu stark gepresst ist. Die auffallendsten Strukturen sind eine große Eizelle mit hyalinem Kern, der kräftige virgate Kauer mit an der Spitze abgewinkelten Rami, einem langen Fulcrum sowie eine markante Ansammlung roter Pigmente. Diese sind offenbar in der Eizelle lokalisiert bzw. im Keimdotterstock. Die Teilabbildung B zeigt den Keimdotterstock in höherer Vergrößerung. Zu erkennen sind die Eizelle (Ez) mit ihrem Kern (Nu), eine Ansammlung von jungen, noch undifferenzierten Oozyten (Ooz) sowie der Dotterstock mit ingesamt 4 Kernen (nur 2 in der Schärfeebene der Aufnahme).
Hier nun zwei Aufnahmen des Räderorgans eines freibeweglichen, ungepressten Exemplars. Außen verläuft das Paracingulum, innen um die Mundöffnung stehen die Cirren des Paratrochus. Diese können entweder zur Mundöffnung geneigt (A) oder starr abgespreizt werden (B).
M. clavus hat die volle Ausstattung an Tastern, die ein Rädertier haben kann. Neben einem Dorsaltaster (A) treten Lateraltaster (B) und zarte Cilien des Caudaltasters am Ende des Fußes (C) auf.
Wenn man im Netz nach Befunden zu M. clavus sucht, stellt man fest, dass inbesondere der Mastax dieser Art relativ wenig dokumentiert ist. Im Folgenden einige Fotos, die diesen Umstand hoffentlich ein wenig bessern. Man muss sich allerdings klar machen, dass meine Aufnahmen von einem stark gepressten Exemplar stammen, die die Hartteile des Mastax nicht mehr in ihrer räumlichen Anordnung in vivo zeigen. Am stärksten sind die Rami betroffen, die im natürlichen Zustand zur Spitze hin dorsalwärts gebogen sind, im gepressten Präparat aber in die Ebene gedrückt werden. Deutlich unterscheidbar sind das Fulcrum (Fu), die paarigen Rami (Ra) mit ihren dreieckigen, lateralen Alulae, die mehrzähnigen Unci (Un) sowie das reduzierte Manubrium (Ma). In Aufnahme B liegt der Fokus auf den Uncizähnen, von denen ich beiderseits 5 gezählt habe. Für den virgaten Kauer (wie auch bei forcipaten Kauern der Dicranophoriden) ist eine ausgeprägte Querstreifung der Muskular typisch, die das Fulcrum mit den Alulae der Rami verbindet (C). Nicht mehr abgrenzbar sind in den Quetschpräparaten die weniger eindeutig begrenzten, akzessorischen Hartteile des Mastax (“Epipharynx”, “Hypopharynx”).
Viele Grüße
Ole