Röhrenbewohnendes bdelloides Rädertier
Verfasst: 16. September 2016, 16:53
Liebe Tümpler-Kollegen,
meine aus Dänemark stammenden Proben von Ende August aus einem Heidetümpel machen nach wie vor viel Freude und bieten einer Vielzahl von mikroskopisch kleinen Organismen Lebensraum. In den letzten Tagen habe ich ein interessantes bdelloides Rädertier beobachtet, das ich hier mit einigen Fotos näher dokumentieren möchte. Um es gleich vorweg zu sagen: Eine genauere taxonomische Eingrenzung kann ich nicht bieten. Aufgrund der Augenflecken im Rüssel, nicht auf dem Gehirn (Ausschluss der Gattung Philodina), der Abwesenheit von „Nahrungspillen“ (Ausschluss Habrotrochidae) und des allgemeinen Habitus gehe ich davon aus, es mit einer Rotaria-Art zu tun zu haben. Über Rückmeldungen und Korrekturen hierzu würde ich mich freuen!
Das für mich besonders interessante und von mir noch nicht beobachtete Phänomen ist, dass dieses Rädertier in ausgeprägten Wohnröhren lebt, in die es sich bei Störung tief zurückziehen kann und die manchmal, zu mehreren vereint, an ihrer Basis zusammenheften. Es drängt sich dem Beobachter der Eindruck auf, dass hier Rädertiere sekundär zum sessilen Leben übergegangen sind und damit auch typische Eigenarten sessiler Strudler, wie z.B. eine koloniale Lebensweise, annehmen. Bei den monogononten Rädertieren sind zahlreiche Gattungen bekannt, deren Vertreter in unterschiedlich gestalteten, gallertigen Wohnöhren leben, die u.a. mit selbst gedrehten „Pillen“ und anderen Partikeln verstärkt sind (u.a. Floscularia, Limnias, Ptygura). Bei den bdelloiden Rädertieren habe ich bisher jedoch lediglich Habrotrochiden in kurzen, gallertigen Wohnbauten beobachtet, die die Tiere teilweise nur an der Basis umschließen.
Die Wohnröhren der hier vorgestellten Art sind lange, teilweise gewundene Röhren, die gelegentlich zusammengewachsen erscheinen bzw. sich aus einer gemeinsamen Basis in alle Richtungen des Raumes erstrecken. Das Innere der Röhren ist von einer definierten Wandung begrenzt, der nach außen hin ein zunehmend diffus wirkender, bräunlicher Schleim aufgelagert ist, in den feine Partikel eingebettet sind. Verklumpt mit dieser Substanz sind gröbere Detritusflocken. In der rechten Teilabbildung sieht man ein Exemplar der vorgestellten Art, das in der Wohnröhre, teilweise kontrahiert, sitzt. Seine Bewegungen entlang der Röhre erinnerten mich an Cephalodella forficula, die in ähnlichen Röhren lebt.
Hier nun ein Exemplar im rädernden Zustand, das mit der Wimperkrone im freien Wasser strudelt, mit dem Fuß und Teilen des Rumpfes jedoch weiterhin in der Wohnröhre verbleibt. Das saure, nährstoffarme Wasser aus dem Heidetümpel sorgt für optisch attraktive Beifänge (hier Micrasterias thomasiana).
Eine genauere Untersuchung des Tieres bringt zumindest im nicht gepressten Zustand und ohne das Objekt zu isolieren kaum weiterer Merkmale. Immerhin erkennt man den paarigen Augenfleck im Rüssel sowie einen typischen ramaten Kauer mit beiderseits 2 Hauptzähnen. Ein zarter Schlauch im Inneren deutet ein schmales, schlauchförmiges Magenlumen an.
Zum Abschluss noch eine zusammengesetzte Aufnahme eines maximal gestreckten, rädernden Exemplars (gut 350 µm Gesamtlänge). Ich hatte bei der Aufnahme versehentlich (ungeeignete) Farbfilter nicht aus dem Beleuchtungsstrahlengang genommen und kam mit der Farbbalance bei der Bearbeitung nicht mehr zurecht. Da half nur eines – Graustufen. Im Profil fällt besonders der aufgestellte Dorsaltaster auf; der Rüssel ist ziemlich weit zurückgezogen. Auch hier erkennt man wieder ein feines Lumen, das sich durch das Tier hindurch zieht und das ich als Lumen des Magen-Darm-Traktes deute. Es wirkt zwar so, als sei es eine Rumpffalte der Epidermis, liegt aber definitiv tiefer.
Viele Grüße
Ole
meine aus Dänemark stammenden Proben von Ende August aus einem Heidetümpel machen nach wie vor viel Freude und bieten einer Vielzahl von mikroskopisch kleinen Organismen Lebensraum. In den letzten Tagen habe ich ein interessantes bdelloides Rädertier beobachtet, das ich hier mit einigen Fotos näher dokumentieren möchte. Um es gleich vorweg zu sagen: Eine genauere taxonomische Eingrenzung kann ich nicht bieten. Aufgrund der Augenflecken im Rüssel, nicht auf dem Gehirn (Ausschluss der Gattung Philodina), der Abwesenheit von „Nahrungspillen“ (Ausschluss Habrotrochidae) und des allgemeinen Habitus gehe ich davon aus, es mit einer Rotaria-Art zu tun zu haben. Über Rückmeldungen und Korrekturen hierzu würde ich mich freuen!
Das für mich besonders interessante und von mir noch nicht beobachtete Phänomen ist, dass dieses Rädertier in ausgeprägten Wohnröhren lebt, in die es sich bei Störung tief zurückziehen kann und die manchmal, zu mehreren vereint, an ihrer Basis zusammenheften. Es drängt sich dem Beobachter der Eindruck auf, dass hier Rädertiere sekundär zum sessilen Leben übergegangen sind und damit auch typische Eigenarten sessiler Strudler, wie z.B. eine koloniale Lebensweise, annehmen. Bei den monogononten Rädertieren sind zahlreiche Gattungen bekannt, deren Vertreter in unterschiedlich gestalteten, gallertigen Wohnöhren leben, die u.a. mit selbst gedrehten „Pillen“ und anderen Partikeln verstärkt sind (u.a. Floscularia, Limnias, Ptygura). Bei den bdelloiden Rädertieren habe ich bisher jedoch lediglich Habrotrochiden in kurzen, gallertigen Wohnbauten beobachtet, die die Tiere teilweise nur an der Basis umschließen.
Die Wohnröhren der hier vorgestellten Art sind lange, teilweise gewundene Röhren, die gelegentlich zusammengewachsen erscheinen bzw. sich aus einer gemeinsamen Basis in alle Richtungen des Raumes erstrecken. Das Innere der Röhren ist von einer definierten Wandung begrenzt, der nach außen hin ein zunehmend diffus wirkender, bräunlicher Schleim aufgelagert ist, in den feine Partikel eingebettet sind. Verklumpt mit dieser Substanz sind gröbere Detritusflocken. In der rechten Teilabbildung sieht man ein Exemplar der vorgestellten Art, das in der Wohnröhre, teilweise kontrahiert, sitzt. Seine Bewegungen entlang der Röhre erinnerten mich an Cephalodella forficula, die in ähnlichen Röhren lebt.
Hier nun ein Exemplar im rädernden Zustand, das mit der Wimperkrone im freien Wasser strudelt, mit dem Fuß und Teilen des Rumpfes jedoch weiterhin in der Wohnröhre verbleibt. Das saure, nährstoffarme Wasser aus dem Heidetümpel sorgt für optisch attraktive Beifänge (hier Micrasterias thomasiana).
Eine genauere Untersuchung des Tieres bringt zumindest im nicht gepressten Zustand und ohne das Objekt zu isolieren kaum weiterer Merkmale. Immerhin erkennt man den paarigen Augenfleck im Rüssel sowie einen typischen ramaten Kauer mit beiderseits 2 Hauptzähnen. Ein zarter Schlauch im Inneren deutet ein schmales, schlauchförmiges Magenlumen an.
Zum Abschluss noch eine zusammengesetzte Aufnahme eines maximal gestreckten, rädernden Exemplars (gut 350 µm Gesamtlänge). Ich hatte bei der Aufnahme versehentlich (ungeeignete) Farbfilter nicht aus dem Beleuchtungsstrahlengang genommen und kam mit der Farbbalance bei der Bearbeitung nicht mehr zurecht. Da half nur eines – Graustufen. Im Profil fällt besonders der aufgestellte Dorsaltaster auf; der Rüssel ist ziemlich weit zurückgezogen. Auch hier erkennt man wieder ein feines Lumen, das sich durch das Tier hindurch zieht und das ich als Lumen des Magen-Darm-Traktes deute. Es wirkt zwar so, als sei es eine Rumpffalte der Epidermis, liegt aber definitiv tiefer.
Viele Grüße
Ole