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Alte Proben aus dem Sima-Moor (Pillerseetreffen 2017)

Verfasst: 20. November 2017, 23:08
von Ole
Liebe Kollegen,

das Forum ist schon seit längerem verdächtig ruhig - ich stelle daher mal wieder Bilder ein und hoffe auf Aktivitäten der Tümpler. Die Bilder passen aber auch gut zum Forum, weil sie Objekte zeigen, die ich in den letzten Wochen in alten Proben aus dem Sima-Moor gefunden habe, die seit dem Pillersee-Treffen 2017 auf meiner Fensterbank stehen.

Ich fange an mit einigen Fotos von Heliozoen aus der Gattung Acanthocystis. Ich denke, die Gattungszuordnung ist aufgrund der tangentialen Schuppen und Nadeln mit ihren verbreiterten Basalplatten eindeutig. Auf dem ersten Foto sind zahlreiche kontraktile Vakuolen im optischen Schnitt erkennbar:

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Die zweite Aufnahme zeigt auf halb 5 den randständigen Zellkern:

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Nun ein Exemplar mit weit ausgefahrenen Axopodien mit den perlenförmigen Extrusomen:

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Dasselbe Exemplar kurze Zeit später, nachdem es die Axopodien nach einer Erschütterung des Objekttisches blitzschnell kontrahiert hat, wodurch die Extrusomen dicht zusammengedrängt wurden:

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Ein schwieriges Objekt, welches ich aber in meinen Proben zahlreich finde, ist Paraphysomonas vestita. Er gehört wohl - erkennbar anhand der zarten Schuppen und feinen Dornen und der Begeißelung - in die nähere Verwandtschaft der Chrysophyceen. Hier einige Aufnahmen mit zunehmendem Deckglasdruck, die die heterokonte Begeißelung, den Zellkern, Vakuolen, einen öltropfenartigen hyalinen Einschluss sowie die Umhüllung der Zelle mit einer zarten Lage an Schuppen und Dornen erkennen lassen. Nach Platzen der Zelle desintegriert die Schuppenhülle, und die einzelnen Dornen mit ihren Basalplatten werden sichtbar. Insgesamt ein schwieriges Objekt und Fall für gute Ölimmersionen:

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Zahlreich finde ich den kolonial lebenden Flagellaten Phalansterium digitatum, bei dem die Zellen in einer merkwürdigen Umhüllung mit ballenförmigen, flockig wirkenden Körnern vorliegen. Die einzelnen Zellen haben einen charakteristischen engen Kragen, aus dem 1, manchmal auch 2 Geißeln herausschauen (Flagellat ganz rechts auf der zweiten Aufnahme):

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Daneben fand ich merkwürdige Gestalten - amöboid beweglich mit verzweigten, netzförmig angeordneten, feinen und granulären Filopodien. Auf der zweiten Aufnahme bei tieferer Schärfeebene sind kontraktile Vakuole und Zellkern gerade auszumachen. Wo diese Protozoen im einzelnen einzuordnen sind, ist mir gänzlich unklar:

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Abschließend zwei Fotos eines besser vertrauten Metazoen, des Gastrotrichen Lepidodermella squamata. Auf der ersten Aufnahme ist durch Glück der kurze Moment getroffen, in dem der Pharynx geweitet ist und Nahrung in das Lumen gesaugt wird. Dieser Zustand währt immer nur Sekundenbruchteile. Auf der zweiten Aufnahme ist die Beschuppung der Bauchseite sichtbar, die bei Gastrotrichen für die Bestimmung immer sehr wichtig ist:

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Alle Aufnahmen mit Zeiss-Optik und Mikroblitz - viele Grüße

Ole

Re: Alte Proben aus dem Sima-Moor (Pillerseetreffen 2017)

Verfasst: 21. November 2017, 17:40
von Michael
Hallo Ole,

vielen Dank für Deine interessanten Bilder.
Das letzte Bild mit den Ventralschuppen von L. squamata ist einsame Spitze! Zur Zeit scheint L. squamata recht häufig zu sein.
Sind alle Bilder mit DIK aufgenommen? Bei einigen Bildern glaube ich Farbsäume zu erkennen, die eher an meine Bilder als an Deine übliche Qualität erinnern.

Viele Grüße

Michael

Re: Alte Proben aus dem Sima-Moor (Pillerseetreffen 2017)

Verfasst: 21. November 2017, 19:30
von MartinKreutz
Hallo Ole,

wieder ein toller Beitrag von Dir! Besonders die Fotos von Paraphysomonas gefallen mir. In der Tat, ein kein so leichtes Objekt! Auf dem dritten Bild von unten, in dem stark gepressten Exemplar, erkennt man auch sehr schön die T-förmige Gestalt der Schuppen. So ein Bild habe ich auch noch nicht hin bekommen und überfordert wahrscheinlich meine Optik etwas. Diese Schuppen wurden von Eckhard und Steffen im REM sehr schön abgebildet, wer mal schauen möchte:

http://www.penard.de/Explorer/Stramenop ... sophyceae/

Das Du bei Phalansterium Exemplare mit einer und zwei Geißeln gefunden hast, bestätigt meine eigenen Beobachtungen und belegt, dass Phalansterium digitatum und Spongomonas uvella die gleiche Art ist. Ich habe früher mal darüber in diesem Forum berichtet:

http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=21&t=510

Das Heliozoon scheint mir Choanocystis aculeata zu sein, früher synonym mit Acanthocystis erinaceus bzw. Acanthocystis erinaceoides. Es ist auf Ferry's Seite beschrieben:

http://www.arcella.nl/choanocystis-aculeata

Bin gespannt, was Du noch aus den Proben holst!

Martin

Re: Alte Proben aus dem Sima-Moor (Pillerseetreffen 2017)

Verfasst: 23. November 2017, 21:21
von Ole
Hallo Michael und Martin,

vielen Dank für Eure Rückmeldungen! @Michael - ja, alle Fotos sind mit DIK aufgenommen worden. Du hast hinsichtlich mancher Farbfehler an Kanten mit Hell-/Dunkel-Kontrasten recht, die sind sichtbar. Den Grund dafür im einzelnen kann ich nicht angeben. Ich denke, der Farbsaum wird durch die Bildbearbeitung in PS sicherlich noch verstärkt, beim direkten Durchschauen fällt mir nichts Auffälliges in dieser Richtung auf.

@ Martin - danke für die schönen Ergänzungen und die Links. Toll, Deine Beobachtungen zu Ph. digitatum. Bei mir war die Schichtdicke etwas zu groß, manche Details der Zellorganisation kommen nicht so gut raus. Dass Deine Optik für die Schuppen von Paraphysomonas vestita nicht ausreicht, ist sicherlich nicht der Fall. Ein Olympus BX mit Unendlich-Optik ist ein Traum, ich habe es einmal bei einem Kollegen probieren können und war begeistert.

Viele Grüße

Ole

Re: Alte Proben aus dem Sima-Moor (Pillerseetreffen 2017)

Verfasst: 25. November 2017, 22:13
von Monsti
Lieber Ole,

ich bin begeistert!

Paraphysomonas vestita hast Du wirklich phänomenal erwischt. Auch in meinen Proben vom Sima-Moor finde ich diesen Winzling. Die Fotos davon ist aber die helle Katastrophe (trotz des schönen 40er Planapos ...).

Herzliche Grüße aus dem langsam winterlich werdenden Tirol
Angie

Re: Alte Proben aus dem Sima-Moor (Pillerseetreffen 2017)

Verfasst: 26. November 2017, 12:06
von MartinKreutz
Hallo Ole,

ich habe Deine Fotos von Paraphysomonas vestita zum Anlass genommen, mich nochmal intensiv mit dem Vieh zu beschäftigen. Tatsächlich habe ich nicht gedacht, dass ich die Silica-Schuppen so gut aufgelöst bekomme, wie Du es geschafft hast. Es liegt nicht an meinem Objektivsatz, sondern weil ich einem Trockenkondensor 0,9 betreibe. Wenn nicht das ganze System durchimmergiert ist, kann man die höchsten Sphären natürlich nicht erreichen. Ich habe mich damals extra für einen Trockenkondensor entschieden, weil er bei meiner Jagd auf schnelle Viecher einfach schneller zu bedienen ist. Interessanter Weise konnte ich die T-förmigen Schuppen von Paraphysomonas dann aber doch ganz gut sichtbar machen, was mich selber erstaunt hat. Es sind auch noch ein paar weitere Detailfotos von Paraphysomonas angefallen, die ich gleich hier im Forum zeigen werde.

Es ist immer gut, wenn man neue Anregungen bekommt und es dann selbst mal probiert. Ich bin gespannt auf Deine nächsten Beiträge!

Martin