Chaenea stricta (DUJARDIN, 1841) nov. comb.
Verfasst: 29. Dezember 2021, 21:27
Hinweis
Vorerst als Spatihidium chlorelligerum Kahl, 1930 wegen der vorhandenen Zoochlorellen identifiziert, und nach Anregung vom Thilo (DANKE) neu überarbeitet worden. Es bleiben zwar Fragen, auch bzgl. der Zoochlorellen offen, aber im Moment spricht alles für Chaenea stricta.
Liebe Tümpler/innen,
es werden Ciliaten gefunden die schnell und sicher zugeordnet werden können und es gibt Ciliaten die einen die letzten grauen Haare kosten können, so wie dieser „Chaenea stricta“, der vorerst wegen seinen Zoochlorellen als Spatihidium chlorelligerum Kahl, 1930 zugeordnet wurde, es wäre auch zu schön, um wahr zu sein! Gefunden habe diesen Ciliaten am Hemminger Handweiser, auch Wilkenburger Spinne genannt, in einem dort liegenden Weiher. Dieser Weiher hat in den vergangenen Jahren schon einige seltene Arten zum Vorschein gebracht, wie z.Bsp. Sonderia tubigula KAHL, (1930), oder Trachelophyllides sigmoides KAHL, (1926). Alle sind wunderschöne Ciliaten, die der Beobachtung verdienen.
Differential Diagnose:
- „wurmförmiges“ Aussehen
- Länge 179 x 20 µm
- ca. 50 Kerne in Einzelstücke; Größe der Kerne zw. 3,5 – 5 µm
- cV ist posterior, wo sich auch der Exkretionsporus befindet
- Zoochlorellen; Zr= 4 µm im Durchmesser
- Trichocysten; Tr um die 14 µm lang
- Wimpern kurz; Wp= 10 µm lang
- Schwimmt in Schlangenlinie, rotierend um seine Achse durchs Medium, kann durch seine geringe Größe im Stereomikroskop leicht übersehen werden
- Eine Mundwulst konnte nicht genau beobachtet werden
- 4 -5 Wimpernreihen statt der von KAHL 1930 angegebenen ca. 15 Reihen
Schwimmbewegung
Die Schwimmbewegung bei Chaenea stricta ist wie bei den meisten Ciliaten, als eine Linksdrehung zu beobachten. Bei diesem Wechsel in der Drehung (Rotation) verbiegt sich der Vorderabschnitt des Körpers wechselnd. Diese Art der Rotation führt den Schwerpunkt (Mundregion) nicht geradlinig, sondern lässt ihn im offenen Tropfen als Spiralwindung erkennen, die unter dem Deckglas dann als Schlangenlinie zu beobachten ist. So ergibt sich in der Fotografischen Darstellung immer wieder eine andere Schärfenebene, die Mühsam zu verfolgen ist, wie aus den verschiedenen Bildern zu erkennen ist, Bild 1. Diese Art der wurmartigen Fortbewegung lässt uns schwer, wichtige Merkmale sicher erkennen, es sei denn man legt sie Platt!
Untersuchung
Unter dem Deckglas hat man Mühe, diesen fast undurchsichtigen Ciliaten wiederzufinden. Es sei denn, sie sind mit Zoochlorellen besetzt, so wie Chaenea stricta. Beim Einsetzen des Deckglasdruckes, konnte beobachtet werden, wie C. stricta anfing seine Zoochlorellen über den Exkretionsporus zu egestieren. Der Exkretionsporus ist an der ventral sitzenden Vakuole zu beobachten. Bis auf eine einzige Zoochlorelle wurden alle aus dem Cytoplasma entfernt. Da der Makronucleus schwer zu erkennen ist, wurde zur sicheren Darstellung, eine DAPI Kernfärbung durchgeführt, Bild 6. So konnten mehr als 50 Bruchstücke, so wie sie KAHL 1930 beschrieben hat, gefunden werden. Nun passte alles zusammen um halbwegs sicher zu sein, dass es sich hier um C. stricta handeln muss. Nur die vorhanden Zoochlorellen werfen noch Fragen auf, da im Netz nichts zu finden ist.
Verwechslungsmöglichkeit
Chaenea stricta zeigt in seiner Schwimmbewegung eine Körperform wie Kahlilembus fusiformis, was auch seine Körperform beschreibt. Wäre eine Mundwulst deutlich zu erkennen, würde er leicht mit Spahtidium chlorelligerum verwechselt werden können.
Diskussion
Ob es sich bei diesem Fund um Chaenea stricta handelt, konnte bis jetzt nicht zweifelsfrei geklärt werden, da die Frage mit dem vorhandenen Zoochlorellen offengeblieben ist. In diesem Fall (Fund) kann Spahtidium chlorelligerum ausgeschlossen werden, da zwei typische Merkmale nichtzutreffend sind: Erstens, die fehlende Mundwulst, und zweitens die Wimpernreihen die KAHL mit 15 Wimpernreihen je Seite angibt und der Fund nur 4 - 5 Wimpernreihen pro Seite zeigen. Es ist auch zu bedenken, dass seit KAHL 1930 keine weiteren Funde über S. chlorelligerum dokumentiert wurden.
Literaturangaben:
Foissner, W., Berger, H., Blatterer, H., Kohmann, F., (1995): Taxonomische und ökologische Revision der Cilaten des Saprobiensystems, Band IV: Gymnostomatea, Loxodes, Suctoria. Informationsberichte des Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft. pp. 152 – 154.
Foissner W, and Kuidong Xu (2007): „Monograph of the Spathidiida (Ciliophora, Haptoria)”; pp. 173 – 177.
Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 7. Familie Bursariidae - Tierwelt Dtl., pp. 148 – 167
Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 17. Gattung Chaena Quennerstedt, 1897 - Tierwelt Dtl., pp. 103 – 107.
Ich hoffe, hiermit einen weiteren interessanten Beitrag geleistet zu haben.
Herzliche Grüße und einen gesunden Start ins "Neue Jahr 2022"!
Michael alias Pelagodileptus
Info: Alle Aufnahmen wurden am Olympus BX60 Mikroskop im DIC Verfahren aufgenommen. Kamera Canon R1
Vorerst als Spatihidium chlorelligerum Kahl, 1930 wegen der vorhandenen Zoochlorellen identifiziert, und nach Anregung vom Thilo (DANKE) neu überarbeitet worden. Es bleiben zwar Fragen, auch bzgl. der Zoochlorellen offen, aber im Moment spricht alles für Chaenea stricta.
Liebe Tümpler/innen,
es werden Ciliaten gefunden die schnell und sicher zugeordnet werden können und es gibt Ciliaten die einen die letzten grauen Haare kosten können, so wie dieser „Chaenea stricta“, der vorerst wegen seinen Zoochlorellen als Spatihidium chlorelligerum Kahl, 1930 zugeordnet wurde, es wäre auch zu schön, um wahr zu sein! Gefunden habe diesen Ciliaten am Hemminger Handweiser, auch Wilkenburger Spinne genannt, in einem dort liegenden Weiher. Dieser Weiher hat in den vergangenen Jahren schon einige seltene Arten zum Vorschein gebracht, wie z.Bsp. Sonderia tubigula KAHL, (1930), oder Trachelophyllides sigmoides KAHL, (1926). Alle sind wunderschöne Ciliaten, die der Beobachtung verdienen.
Differential Diagnose:
- „wurmförmiges“ Aussehen
- Länge 179 x 20 µm
- ca. 50 Kerne in Einzelstücke; Größe der Kerne zw. 3,5 – 5 µm
- cV ist posterior, wo sich auch der Exkretionsporus befindet
- Zoochlorellen; Zr= 4 µm im Durchmesser
- Trichocysten; Tr um die 14 µm lang
- Wimpern kurz; Wp= 10 µm lang
- Schwimmt in Schlangenlinie, rotierend um seine Achse durchs Medium, kann durch seine geringe Größe im Stereomikroskop leicht übersehen werden
- Eine Mundwulst konnte nicht genau beobachtet werden
- 4 -5 Wimpernreihen statt der von KAHL 1930 angegebenen ca. 15 Reihen
Schwimmbewegung
Die Schwimmbewegung bei Chaenea stricta ist wie bei den meisten Ciliaten, als eine Linksdrehung zu beobachten. Bei diesem Wechsel in der Drehung (Rotation) verbiegt sich der Vorderabschnitt des Körpers wechselnd. Diese Art der Rotation führt den Schwerpunkt (Mundregion) nicht geradlinig, sondern lässt ihn im offenen Tropfen als Spiralwindung erkennen, die unter dem Deckglas dann als Schlangenlinie zu beobachten ist. So ergibt sich in der Fotografischen Darstellung immer wieder eine andere Schärfenebene, die Mühsam zu verfolgen ist, wie aus den verschiedenen Bildern zu erkennen ist, Bild 1. Diese Art der wurmartigen Fortbewegung lässt uns schwer, wichtige Merkmale sicher erkennen, es sei denn man legt sie Platt!
Untersuchung
Unter dem Deckglas hat man Mühe, diesen fast undurchsichtigen Ciliaten wiederzufinden. Es sei denn, sie sind mit Zoochlorellen besetzt, so wie Chaenea stricta. Beim Einsetzen des Deckglasdruckes, konnte beobachtet werden, wie C. stricta anfing seine Zoochlorellen über den Exkretionsporus zu egestieren. Der Exkretionsporus ist an der ventral sitzenden Vakuole zu beobachten. Bis auf eine einzige Zoochlorelle wurden alle aus dem Cytoplasma entfernt. Da der Makronucleus schwer zu erkennen ist, wurde zur sicheren Darstellung, eine DAPI Kernfärbung durchgeführt, Bild 6. So konnten mehr als 50 Bruchstücke, so wie sie KAHL 1930 beschrieben hat, gefunden werden. Nun passte alles zusammen um halbwegs sicher zu sein, dass es sich hier um C. stricta handeln muss. Nur die vorhanden Zoochlorellen werfen noch Fragen auf, da im Netz nichts zu finden ist.
Verwechslungsmöglichkeit
Chaenea stricta zeigt in seiner Schwimmbewegung eine Körperform wie Kahlilembus fusiformis, was auch seine Körperform beschreibt. Wäre eine Mundwulst deutlich zu erkennen, würde er leicht mit Spahtidium chlorelligerum verwechselt werden können.
Diskussion
Ob es sich bei diesem Fund um Chaenea stricta handelt, konnte bis jetzt nicht zweifelsfrei geklärt werden, da die Frage mit dem vorhandenen Zoochlorellen offengeblieben ist. In diesem Fall (Fund) kann Spahtidium chlorelligerum ausgeschlossen werden, da zwei typische Merkmale nichtzutreffend sind: Erstens, die fehlende Mundwulst, und zweitens die Wimpernreihen die KAHL mit 15 Wimpernreihen je Seite angibt und der Fund nur 4 - 5 Wimpernreihen pro Seite zeigen. Es ist auch zu bedenken, dass seit KAHL 1930 keine weiteren Funde über S. chlorelligerum dokumentiert wurden.
Literaturangaben:
Foissner, W., Berger, H., Blatterer, H., Kohmann, F., (1995): Taxonomische und ökologische Revision der Cilaten des Saprobiensystems, Band IV: Gymnostomatea, Loxodes, Suctoria. Informationsberichte des Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft. pp. 152 – 154.
Foissner W, and Kuidong Xu (2007): „Monograph of the Spathidiida (Ciliophora, Haptoria)”; pp. 173 – 177.
Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 7. Familie Bursariidae - Tierwelt Dtl., pp. 148 – 167
Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 17. Gattung Chaena Quennerstedt, 1897 - Tierwelt Dtl., pp. 103 – 107.
Ich hoffe, hiermit einen weiteren interessanten Beitrag geleistet zu haben.
Herzliche Grüße und einen gesunden Start ins "Neue Jahr 2022"!
Michael alias Pelagodileptus
Info: Alle Aufnahmen wurden am Olympus BX60 Mikroskop im DIC Verfahren aufgenommen. Kamera Canon R1