Prorodon ovum (Foissner, 1983; Kahl, 1930)
Verfasst: 30. April 2019, 20:46
Liebe Tümpler,
am Sonntag bin ich zurückgekehrt von dem Planktonkurs am Heiligen Meer. Bei dieser Gelegenheit hatte ich Gelegenheit mich mit alten und neuen Bekannten auszutauschen und eine hervorragende Einführung in die Limnologie durch W. Berlemann und Dr. J. Pust zu genießen. Natürlich wurden ausgiebig Proben gesammelt und mikroskopiert. In den selbstredend fluorochromierten Proben hatte ich Gelegenheit einen doch recht häufig in meinem bevorzugten Jagdgebiet gefundenen Ciliaten zu studieren, der sich in allen seinen Facetten von der Teilung bis hin zu den verschiedenen Formen zeigte.
Bezüglich der Benennung der Art herrscht bis heute reichlich Verwirrung. Ausgehend von Ehrenberg (1838) über Kahl (1930), Corliss (1975), Foissner (1992) bis zum bekannten Ciliatenatlas (Foissner et al., 1994) werden die Prostomata der Gattungen Holophrya und Prorodon gelegentlich unterschiedlich klassifiziert. Ich möchte mich hier an den früheren Benennungen durch Corliss (1975) und Kahl (1930) orientieren, welche Holophrya und Prorodon durch das jeweilige Fehlen (Holophrya) oder Vorhandensein (Prorodon) eines wichtigen Merkmals unterscheiden: eine Bürste, welche seitlich nahe der Mundöffnung auftritt. Diese Bürste der Art Prorodon ovum kann leicht übersehen werden. Dieser Umstand hat Foissner et al. (1994) wohl dazu bewogen eine Revision vorzuschlagen. Foissner et al. unterstreichen die von Ehrenberg (1838) grün gezeichnete Form Holophrya ovum weiterhin als eine Form mit Zoochlorellen. So darf man davon ausgehen, dass sich die verschiedenen Beobachter in den vergangenen 190 Jahren nicht immer geirrt haben müssen und auch Formen ohne "Bürste" vorkommen, die der Gattung Holophrya zugerechnet werden können.
Ciliatur und Mundöffnung von Prorodon ovum stehen exemplarisch für die Art und Weise, wie man solche Ciliaten bestimmen muss: Man nimmt sowohl Aufnahmen mit Fokus auf die Oberfläche der Individuen auf, als auch einen oder bessere mehrere Schnitte durch verschiedene Ebenen durch die Zellen der Wimpertiere. Nur so werden beide Merkmale zu einer sicheren Bestimmung beitragen. Die "Bürste" (Abb. 1) und vor allem die nach innen versetzte Reuse, welche trichterförmig von Trichiten umgeben ist (Abb. 2) führt Kahl (1930) beide als einzigartig für die Gattung Prorodon an. Die Trichiten erscheinen in der Ausschnittsvergrößerung (Abb. 3a) als gut sichtbare Stäbe. Letztere Beobachtung veranlasst mich übrigens weiterhin zu differenzieren zwischen beiden Gattungen Prorodon und Holophrya. Im vorliegenden Beispiel habe ich etwa 830 Fotografien verschiedener Proben vom Heiligen Meer mitgebracht, um eine einzelne Aufnahme von Prorodon ovum zu finden, die diese Bürste erkennen ließ.
Neben der etwas kniffligen Klassifikation, die ich mit obigem Hinweis zur Beobachtung nahelegen möchte, ist natürlich auch die Kernfigur wichtig, welche bei Prorodon ovum meist kugelig, gelegentlich auch oval bis eiförmig erscheint. Die Micronuclei sind gelegentlich im Hellfeld zu erkennen, können jedoch auch mit "Blasen" des Macronucleus selbst oder Vakuolen im Vordergrund verwechselt werden (Abb. 3). Nicht selten zeigen Ciliaten solche Texturen der Zellkerne, die nur in Fluoreszenz lebender Individuen ohne Artefakte aufgeklärt werden können.
In der Probe konnten auch Fraßgewohnheiten beobachtet werden. Bei Prorodon weisen die Individuen abhägig von der Ernährung teils sehr unterschiedliche Erscheinungsformen auf. Diese reichen von Exemplaren mit großen dunklen bis schwarzen Nahrungsvakuolen bis hin zu der hier abgebildeten eher transparenten, vakuolischen Form. Auch grüne Formen mit gefressenen Algen sind nicht selten. Prorodon ovum kommt im Mikroskop bei niedriger bis mittlerer Vergrößerung also teils hübsch bunt daher. Sind sie sehr dunkel, ist die Bestimmung wiederum etwas schwerer. Am besten lässt man solche Exemplare mehrere Stunden in der feuchten Kammer hungern (und um diese besser zu färben). Prorodon ovom ernährt sich nicht nur von lebenden Protisten (z.B. Algen), sondern auch von Aas. Hier eine Abbildung, bei der mehrere Individuen einen verstorbenen Kleinkrebs ausweiden (Abb. 4). Gerne beschnuppern sie auch verstorbene Rädertiere, welche offenbar auch nicht verschmäht werden.
Ein Lehrstück der besonderen Art ist die Fähigkeit mancher Ciliaten Gattungen, nicht nur in einer Erscheinungsform aufzutreten. So gehört Prorodon ovum zu solchen Arten, für die an zwischen Trophonten und Theronten (Abb. 5) unterscheidet. Trophont enstammt dem griechischen Wort trophos (=Nahrung) und bezeichnet dabei ein gut genährtes Exemplar, während Theront ein weniger gut genährtes, eher schlankes Exemplar bezeichnet. Der auffällige Unterschied ist die unterschiedliche Form des schlanken Theronten im Gegensatz zu dem fast kugelrunden Trophonten. Der Unterschied ist ohne genaue Abbildung derselben Mundregion und Kernfiguren teils so frappierend, dass man Trophonten und Theronten durchaus für verschiedene Arten halten könnte. Sicherlich begründet eine solche Abweichung der Form auch die bei Kahl beschriebene "Artenfülle" der Gattungen innerhalb der Gruppe der Prostomata. Auch andere Arten, wie Tetrahmena, gehören zu solchen Gattungen, für die solch unterschiedlichen Erscheinungsformen von Trophonten und Theronten bekannt sind. Diese unterschiedlichen Formen machen einem die Bestimmung nicht immer einfach!
Man sieht, dass die Bestimmung bis auf die Art gelegentlich ein umfangreicheres Literaturstudium erfordert und auch mit ausgedehnteren Fotosessions verbunden sein kann. So beschäftigt mich eine solche Bestimmung manchmal ein komplettes Wochenende. Inzwischen gehe ich gerne zurück in die Originalliteratur von Kahl bis Ehrenberg oder Roux, weil ich oft sogar feststelle, dass in der neueren Literatur Verwechslungen, Irrtümer, Neusortierungen und weitere Probleme der Bestimmung auftreten können.
Viele Grüße
Thilo
Verwendete Abkürzungen:
Ma: Macronucleus (großer Zellkern)
Mi: Micronucleus (kleiner Zellkern)
Re: Mundreuse (Am Vorderende), bei dieser Art umgeben von Trichiten
kV: kontraktile Vakuole (am HInterende)
Fotografie:
Zeiss AxioLab.A1 FL-LED, Multi-Immersionsobjektiv 40/0,9 Ph3, Übersichtsaufnahme des Kleinkrebs mit Plan-Neofluar 10/0,30 Ph1. Canon EOS 77D. Schiefe Beleuchtung: 1/800 sec. Fluoreszenz mit Filtersatz F66-412 von AHF, UV 3W LED, 385 nm (Nichia), 1/30 sec.
Literatur:
Ehrenberg, D. Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. 1838. Download: Text (7,8 GB) und Farbatlas (1,4 GB)
Kahl, A. Urtiere oder Protozoa. Allgemeiner Teil und Prostomata. Gustav-Fischer Verlag, 1930. Download
Corliss, J. O. Taxonomic Characterization of the Suprafamilial Groups in a Revision of Recently Proposed Schemes of Classification for the Phylum Ciliophora. Transactions of the American Microscopical Society, Vol. 94, No. 2 (Apr., 1975), pp. 224-267
Augustin H. & Foissner W. (1992): Morphologie und Ökologie einiger Ciliaten (Protozoa: Ciliophora) aus dem Belebtschlamm. – Arch. Protistenk., 141: 243–283 Download
Foissner et al. Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems. Informationsbverichte des Bayer. Landesamts f. Wasserwirtschaft, 1994. Download
Abb. 1: Lediglich eine leicht zu übersehende "Störung" der ansonsten gleichförmig, longitudinalen Cilienmuster lässt die Bürste in einer Ruhezyste von Prorodon ovum erkennen. Man muss sich angewöhnen absichtlich auf die Zelloberfläche zu fokussieren, um solche Details zu erkennen. Diese fotografische Perspektive sei dem Anfänger unbedingt ans Herz gelegt und muss sicherlich geübt werden. Ein genauer Abgleich der Schärfeebenen von Okular und Kamera ist wichtig!
Abb. 2: Fokus auf die tiefer liegende Mundreuse der gleichen Zyste aus Abb. 1. Hier erkennbar sind 27 Reusenstäbe, die ein Oval formen, das eventuell eine doppelte Anlage vermuten lässt. Diese für Prorodon typische Form stimmt mit den Angaben von Kahl (1930) und Foissner (1983) überein.
Abb. 3 und 3a: Korrelative Mikroskopie mit Hellfeld (schiefe Beleuchtung) und Fluoreszenz mit Doppelfärbung. Hier abgebildet ein typisches, frei schwimmendes Exemplar. Ein exakter, fotografischer Schnitt durch die Mitte der Zelle ist oft ein typischer Fehler bei der Frage "Was sehe ich da?". Wichtige Details der Ciliaten liegen nämlich oft eher an der Pellicula. Hier ist diese Schnittebene jedoch erforderlich, um den Zellmund zu erkennen, der bei Prorodon und Holophrya vorne an der Spitze der Zelle und nahezu in der Mittelachse liegt. Gut sichtbar sind die innen liegenden Trichiten, die die Mundöffnung umgeben. Die Mundöffnung kann weiter geöffnet werden, wenn die Tiere Aas abweiden. Man erkennt auch, wie von Kahl (1930) beschrieben, dass die Reuse etwas tiefer in der Zelle, unterhalb des dicken Ektoplasmas ansetzt.
Abb. 4: Mehrere Tiere weiden einen toten Blattfußkrebs aus. Man beachte den hohen Grad der Verformbarkeit der Individuen, die hier geradezu durch den Kadaver kriechen.
Abb. 5: Als Theronten bezeichnet man Exemplare, welche weniger gut genährt erscheinen. Im Falle von Prorodon ovum erscheinen diese länglich, fast zylindrisch. Sehr leicht kann man solche oft auch kleineren Individuen für eine weitere Art halten. Nur der Vergleich von Aufnahmen der Zelloberfläche (hier abgebildet), der Mundregion oder weiterer Details offenbart die Zugehörigkeit zur gleichen Art. Vor allem ist auffällig, dass die Theronten längst nicht so bunt daher kommen, weil sie weniger gut genährt sind (z.B. kurz nach einer Zellteilung). Dieses Exemplar bevorzugte bei der Mahlzeit offenbar Grünalgen und Synura.
am Sonntag bin ich zurückgekehrt von dem Planktonkurs am Heiligen Meer. Bei dieser Gelegenheit hatte ich Gelegenheit mich mit alten und neuen Bekannten auszutauschen und eine hervorragende Einführung in die Limnologie durch W. Berlemann und Dr. J. Pust zu genießen. Natürlich wurden ausgiebig Proben gesammelt und mikroskopiert. In den selbstredend fluorochromierten Proben hatte ich Gelegenheit einen doch recht häufig in meinem bevorzugten Jagdgebiet gefundenen Ciliaten zu studieren, der sich in allen seinen Facetten von der Teilung bis hin zu den verschiedenen Formen zeigte.
Bezüglich der Benennung der Art herrscht bis heute reichlich Verwirrung. Ausgehend von Ehrenberg (1838) über Kahl (1930), Corliss (1975), Foissner (1992) bis zum bekannten Ciliatenatlas (Foissner et al., 1994) werden die Prostomata der Gattungen Holophrya und Prorodon gelegentlich unterschiedlich klassifiziert. Ich möchte mich hier an den früheren Benennungen durch Corliss (1975) und Kahl (1930) orientieren, welche Holophrya und Prorodon durch das jeweilige Fehlen (Holophrya) oder Vorhandensein (Prorodon) eines wichtigen Merkmals unterscheiden: eine Bürste, welche seitlich nahe der Mundöffnung auftritt. Diese Bürste der Art Prorodon ovum kann leicht übersehen werden. Dieser Umstand hat Foissner et al. (1994) wohl dazu bewogen eine Revision vorzuschlagen. Foissner et al. unterstreichen die von Ehrenberg (1838) grün gezeichnete Form Holophrya ovum weiterhin als eine Form mit Zoochlorellen. So darf man davon ausgehen, dass sich die verschiedenen Beobachter in den vergangenen 190 Jahren nicht immer geirrt haben müssen und auch Formen ohne "Bürste" vorkommen, die der Gattung Holophrya zugerechnet werden können.
Ciliatur und Mundöffnung von Prorodon ovum stehen exemplarisch für die Art und Weise, wie man solche Ciliaten bestimmen muss: Man nimmt sowohl Aufnahmen mit Fokus auf die Oberfläche der Individuen auf, als auch einen oder bessere mehrere Schnitte durch verschiedene Ebenen durch die Zellen der Wimpertiere. Nur so werden beide Merkmale zu einer sicheren Bestimmung beitragen. Die "Bürste" (Abb. 1) und vor allem die nach innen versetzte Reuse, welche trichterförmig von Trichiten umgeben ist (Abb. 2) führt Kahl (1930) beide als einzigartig für die Gattung Prorodon an. Die Trichiten erscheinen in der Ausschnittsvergrößerung (Abb. 3a) als gut sichtbare Stäbe. Letztere Beobachtung veranlasst mich übrigens weiterhin zu differenzieren zwischen beiden Gattungen Prorodon und Holophrya. Im vorliegenden Beispiel habe ich etwa 830 Fotografien verschiedener Proben vom Heiligen Meer mitgebracht, um eine einzelne Aufnahme von Prorodon ovum zu finden, die diese Bürste erkennen ließ.
Neben der etwas kniffligen Klassifikation, die ich mit obigem Hinweis zur Beobachtung nahelegen möchte, ist natürlich auch die Kernfigur wichtig, welche bei Prorodon ovum meist kugelig, gelegentlich auch oval bis eiförmig erscheint. Die Micronuclei sind gelegentlich im Hellfeld zu erkennen, können jedoch auch mit "Blasen" des Macronucleus selbst oder Vakuolen im Vordergrund verwechselt werden (Abb. 3). Nicht selten zeigen Ciliaten solche Texturen der Zellkerne, die nur in Fluoreszenz lebender Individuen ohne Artefakte aufgeklärt werden können.
In der Probe konnten auch Fraßgewohnheiten beobachtet werden. Bei Prorodon weisen die Individuen abhägig von der Ernährung teils sehr unterschiedliche Erscheinungsformen auf. Diese reichen von Exemplaren mit großen dunklen bis schwarzen Nahrungsvakuolen bis hin zu der hier abgebildeten eher transparenten, vakuolischen Form. Auch grüne Formen mit gefressenen Algen sind nicht selten. Prorodon ovum kommt im Mikroskop bei niedriger bis mittlerer Vergrößerung also teils hübsch bunt daher. Sind sie sehr dunkel, ist die Bestimmung wiederum etwas schwerer. Am besten lässt man solche Exemplare mehrere Stunden in der feuchten Kammer hungern (und um diese besser zu färben). Prorodon ovom ernährt sich nicht nur von lebenden Protisten (z.B. Algen), sondern auch von Aas. Hier eine Abbildung, bei der mehrere Individuen einen verstorbenen Kleinkrebs ausweiden (Abb. 4). Gerne beschnuppern sie auch verstorbene Rädertiere, welche offenbar auch nicht verschmäht werden.
Ein Lehrstück der besonderen Art ist die Fähigkeit mancher Ciliaten Gattungen, nicht nur in einer Erscheinungsform aufzutreten. So gehört Prorodon ovum zu solchen Arten, für die an zwischen Trophonten und Theronten (Abb. 5) unterscheidet. Trophont enstammt dem griechischen Wort trophos (=Nahrung) und bezeichnet dabei ein gut genährtes Exemplar, während Theront ein weniger gut genährtes, eher schlankes Exemplar bezeichnet. Der auffällige Unterschied ist die unterschiedliche Form des schlanken Theronten im Gegensatz zu dem fast kugelrunden Trophonten. Der Unterschied ist ohne genaue Abbildung derselben Mundregion und Kernfiguren teils so frappierend, dass man Trophonten und Theronten durchaus für verschiedene Arten halten könnte. Sicherlich begründet eine solche Abweichung der Form auch die bei Kahl beschriebene "Artenfülle" der Gattungen innerhalb der Gruppe der Prostomata. Auch andere Arten, wie Tetrahmena, gehören zu solchen Gattungen, für die solch unterschiedlichen Erscheinungsformen von Trophonten und Theronten bekannt sind. Diese unterschiedlichen Formen machen einem die Bestimmung nicht immer einfach!
Man sieht, dass die Bestimmung bis auf die Art gelegentlich ein umfangreicheres Literaturstudium erfordert und auch mit ausgedehnteren Fotosessions verbunden sein kann. So beschäftigt mich eine solche Bestimmung manchmal ein komplettes Wochenende. Inzwischen gehe ich gerne zurück in die Originalliteratur von Kahl bis Ehrenberg oder Roux, weil ich oft sogar feststelle, dass in der neueren Literatur Verwechslungen, Irrtümer, Neusortierungen und weitere Probleme der Bestimmung auftreten können.
Viele Grüße
Thilo
Verwendete Abkürzungen:
Ma: Macronucleus (großer Zellkern)
Mi: Micronucleus (kleiner Zellkern)
Re: Mundreuse (Am Vorderende), bei dieser Art umgeben von Trichiten
kV: kontraktile Vakuole (am HInterende)
Fotografie:
Zeiss AxioLab.A1 FL-LED, Multi-Immersionsobjektiv 40/0,9 Ph3, Übersichtsaufnahme des Kleinkrebs mit Plan-Neofluar 10/0,30 Ph1. Canon EOS 77D. Schiefe Beleuchtung: 1/800 sec. Fluoreszenz mit Filtersatz F66-412 von AHF, UV 3W LED, 385 nm (Nichia), 1/30 sec.
Literatur:
Ehrenberg, D. Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. 1838. Download: Text (7,8 GB) und Farbatlas (1,4 GB)
Kahl, A. Urtiere oder Protozoa. Allgemeiner Teil und Prostomata. Gustav-Fischer Verlag, 1930. Download
Corliss, J. O. Taxonomic Characterization of the Suprafamilial Groups in a Revision of Recently Proposed Schemes of Classification for the Phylum Ciliophora. Transactions of the American Microscopical Society, Vol. 94, No. 2 (Apr., 1975), pp. 224-267
Augustin H. & Foissner W. (1992): Morphologie und Ökologie einiger Ciliaten (Protozoa: Ciliophora) aus dem Belebtschlamm. – Arch. Protistenk., 141: 243–283 Download
Foissner et al. Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems. Informationsbverichte des Bayer. Landesamts f. Wasserwirtschaft, 1994. Download
Abb. 1: Lediglich eine leicht zu übersehende "Störung" der ansonsten gleichförmig, longitudinalen Cilienmuster lässt die Bürste in einer Ruhezyste von Prorodon ovum erkennen. Man muss sich angewöhnen absichtlich auf die Zelloberfläche zu fokussieren, um solche Details zu erkennen. Diese fotografische Perspektive sei dem Anfänger unbedingt ans Herz gelegt und muss sicherlich geübt werden. Ein genauer Abgleich der Schärfeebenen von Okular und Kamera ist wichtig!
Abb. 2: Fokus auf die tiefer liegende Mundreuse der gleichen Zyste aus Abb. 1. Hier erkennbar sind 27 Reusenstäbe, die ein Oval formen, das eventuell eine doppelte Anlage vermuten lässt. Diese für Prorodon typische Form stimmt mit den Angaben von Kahl (1930) und Foissner (1983) überein.
Abb. 3 und 3a: Korrelative Mikroskopie mit Hellfeld (schiefe Beleuchtung) und Fluoreszenz mit Doppelfärbung. Hier abgebildet ein typisches, frei schwimmendes Exemplar. Ein exakter, fotografischer Schnitt durch die Mitte der Zelle ist oft ein typischer Fehler bei der Frage "Was sehe ich da?". Wichtige Details der Ciliaten liegen nämlich oft eher an der Pellicula. Hier ist diese Schnittebene jedoch erforderlich, um den Zellmund zu erkennen, der bei Prorodon und Holophrya vorne an der Spitze der Zelle und nahezu in der Mittelachse liegt. Gut sichtbar sind die innen liegenden Trichiten, die die Mundöffnung umgeben. Die Mundöffnung kann weiter geöffnet werden, wenn die Tiere Aas abweiden. Man erkennt auch, wie von Kahl (1930) beschrieben, dass die Reuse etwas tiefer in der Zelle, unterhalb des dicken Ektoplasmas ansetzt.
Abb. 4: Mehrere Tiere weiden einen toten Blattfußkrebs aus. Man beachte den hohen Grad der Verformbarkeit der Individuen, die hier geradezu durch den Kadaver kriechen.
Abb. 5: Als Theronten bezeichnet man Exemplare, welche weniger gut genährt erscheinen. Im Falle von Prorodon ovum erscheinen diese länglich, fast zylindrisch. Sehr leicht kann man solche oft auch kleineren Individuen für eine weitere Art halten. Nur der Vergleich von Aufnahmen der Zelloberfläche (hier abgebildet), der Mundregion oder weiterer Details offenbart die Zugehörigkeit zur gleichen Art. Vor allem ist auffällig, dass die Theronten längst nicht so bunt daher kommen, weil sie weniger gut genährt sind (z.B. kurz nach einer Zellteilung). Dieses Exemplar bevorzugte bei der Mahlzeit offenbar Grünalgen und Synura.