Spirostomum teres: Detailstudien
Verfasst: 6. Januar 2019, 16:22
Liebes Forum,
Spirostomum Arten findet man öfter in einer Gemeinschaft mehrerer solcher Arten. In den letzten drei Wochen hatte ich das Glück in einer Probe eines Waldsumpfes bei Rheinbach eine solche Artengemeinschaft von Sp. ambiguum und des wesentlich kleineren Spirostomum teres zu finden. Spirostomum teres erreicht eine Größe von 150-600 µm und ist damit wesentlich kleiner als Sp. ambiguum. Die gefundenen Individuen von Spirostomum teres schienen in den Proben magisch von Bakterienkolonien angezogen. Viele Individuen bildeten regelrechte Knäuel, wie in einer Schlangengrube. Die folgende Probe entnahm ich einem solchen Knäuel von Spirostomum teres mit Hilfe einer Stereolupe. Zunächst waren die Individuen in dem Tropfen im mikroskopischen Präparat verstreut. Binnen zehn Minuten versammelten Sie sich wieder an einer solchen Bakterienkolonie. Das Volumen der mikroskopischen Probe unter dem Deckglas betrug ziemlich genau 25 µl, die ich mit einer einstellbaren Mikropipette entnahm. Nun kann man leicht durch Abzählen auf die hohe lokale Dichte der Individuen schließen.
Abb. 1: Eine Population von Spirostomum teres versammelt sich an einer Bakterienkolonie.
Spirostomum teres besitzt eine feine Granula, die in 2 bis 4 Reihen dicht unter der Pellicula zwischen den Cilienreihen zu finden ist. Foissner et al. (1992) geben für diese Art nur 2-3 Reihen an. Nach meinen eigenen Beobachtungen variiert die Anzahl der Reihen jedoch über den Korpus und ist gelegentlich auch unterbrochen (siehe Abbildungen 2 und 5). Eventuell handelt es sich bei den gefundenen Exemplaren auch um eine regionale Varietät.
Abb. 2: Dicht unter der Pellicula ist eine feine Granula in 2-4 Reihen zu finden.
Für die Bestimmung der Arten von Spirostomum ist vor allem auch der Kernapparat von Interesse. Spirostomum teres ist leicht zu bestimmen und an seinem ellipsoiden Macronucleus zu erkennen. Wesentlich kniffliger wird es die Micronuclei zu identifizieren. Bei den beobachteten Exemplaren waren stets 2-3 Micronuclei zu finden. Dieser Befund stimmt gut mit den Angaben bei Boscaro et al. (2014) überein, während Foissner et al. (1992) lediglich 1-2 Micronuclei erwähnen. Die Micronuclei sitzen in einer kleinen Grube dicht am Macronucleus. Gelegentlich sitzen sie an gegenüber liegenden Seiten des Macronucleus, so dass man manchmal glaubt nur einen zu finden. Der Micronucleus selbst besitzt in der Regel kaum Kontrast, so dass man oft nur die Grube, in der er sitzen könnte, mit der schiefen Beleuchtung ausmachen kann. Mit Hilfe der Fluoreszenzanalyse und korrelierender Beobachtung im Hellfeld gelang es mir jedoch einige Micronuclei abzubilden oder zumindest zu demonstrieren, wo diese sitzen werden.
Abb. 3: Ein einzelner Micronucleus.
Abb. 4: Korrelative Mikroskopie: Vergleichsaufnahmen in schiefer Beleuchtung und Fluoreszenz zeigen die Grube, in der ein Micronucleus von ca. 5 µm Durchmesser sitzt. Der Micronucleus dieses Exemplars ist erst gefärbt zu erkennen. In der schiefen Beleuchtung erkennt man lediglich die Grube, in der der Micronucleus lokalisiert ist.
Abb. 5: Korrelative Mikroskopie: Vergleichsaufnahmen in schiefer Beleuchtung und Fluoreszenz. Bei diesem Exemplar sitzen drei Micronuclei dicht nebeneinander.
Ein weiteres Detail ist die kontraktile Vacuole (cV) mit dem langen Sammelkanal (Ka). In dieser Aufnahme sind auch einige gefressene Chlorella und Schwefelbakterien (dunkel) in Phagosomen (=Nahrungsvakuole) zu sehen. Dies zusammen genommen mit der Ansammlung nahe einer Kolonie von Eisenbaktieren bestätigt die autökologische Beschreibung bei Foissner et al. (1992). Demnach hält sich Spirostomum teres bevorzugt in Regionen mit höherem Anteil von Schwefelwasserstoff auf, frisst Bakterien (offenbar auch Schwefelbakterien), aber auch Algen. Eine Aufnahme des Fundorts, in dem auch Sp. ambiguum gefunden wurden, ist hier gezeigt: viewtopic.php?f=23&t=695
Abb. 6: Kontraktile Vakuole und Sammelkanal sowie Phagosome mit gefressenen Chlorella (grün) und Schwefelbakterien (dunkel).
Zu guter Letzt möchte ich Euch zwei Fluoreszenzaufnahmen der Ciliatur nicht vorenthalten. Sie zeigen dasselbe Individuum in zwei veschiedenen Schärfeebenen. Sehr schön sind die einzelnen Cilienreihen zu erkennen so wie das Peristom, welches nicht die halbe Körperlänge erreicht.
Abb. 7/8: Bewimperung, adorale Membranellenzone und Peristom.
Viel Spaß beim Betrachten!
Thilo
Aufnahmedetails:
Zeiss Multiimmersionobjektiv 40x/0,9 Ph3 bei Wasserimmersion, Aufnahmen mit einer Canon EOS 77D am AxioLab.A1.
Verwendete Abkürzungen:
Ma: Macronucleus (großer Zellkern)
Mi: Micronucleus (kleiner Zellkern)
Ph: Phagosom (=Nahrungsvakuole)
AZM: adorale Membranellenzone
Gr: Granula
cV: kontraktile Vakuole
Ka: Sammelkanal der kontraktilen Vakuole
Ba: Bakterien
Literatur:
Boscaro, V., et al. (2014): "Focusing on genera to improve species identification: revised systematics of the ciliate Spirostomum." Protist 165.4: 527-541.
Foissner, W. et al. (1992): "Taxonomische und okologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems", Informationsberichte des Bayer. Landesamtes f. Wasserwirtsch. 5/92 - der "Ciliatenatlas", Band 2
Spirostomum Arten findet man öfter in einer Gemeinschaft mehrerer solcher Arten. In den letzten drei Wochen hatte ich das Glück in einer Probe eines Waldsumpfes bei Rheinbach eine solche Artengemeinschaft von Sp. ambiguum und des wesentlich kleineren Spirostomum teres zu finden. Spirostomum teres erreicht eine Größe von 150-600 µm und ist damit wesentlich kleiner als Sp. ambiguum. Die gefundenen Individuen von Spirostomum teres schienen in den Proben magisch von Bakterienkolonien angezogen. Viele Individuen bildeten regelrechte Knäuel, wie in einer Schlangengrube. Die folgende Probe entnahm ich einem solchen Knäuel von Spirostomum teres mit Hilfe einer Stereolupe. Zunächst waren die Individuen in dem Tropfen im mikroskopischen Präparat verstreut. Binnen zehn Minuten versammelten Sie sich wieder an einer solchen Bakterienkolonie. Das Volumen der mikroskopischen Probe unter dem Deckglas betrug ziemlich genau 25 µl, die ich mit einer einstellbaren Mikropipette entnahm. Nun kann man leicht durch Abzählen auf die hohe lokale Dichte der Individuen schließen.
Abb. 1: Eine Population von Spirostomum teres versammelt sich an einer Bakterienkolonie.
Spirostomum teres besitzt eine feine Granula, die in 2 bis 4 Reihen dicht unter der Pellicula zwischen den Cilienreihen zu finden ist. Foissner et al. (1992) geben für diese Art nur 2-3 Reihen an. Nach meinen eigenen Beobachtungen variiert die Anzahl der Reihen jedoch über den Korpus und ist gelegentlich auch unterbrochen (siehe Abbildungen 2 und 5). Eventuell handelt es sich bei den gefundenen Exemplaren auch um eine regionale Varietät.
Abb. 2: Dicht unter der Pellicula ist eine feine Granula in 2-4 Reihen zu finden.
Für die Bestimmung der Arten von Spirostomum ist vor allem auch der Kernapparat von Interesse. Spirostomum teres ist leicht zu bestimmen und an seinem ellipsoiden Macronucleus zu erkennen. Wesentlich kniffliger wird es die Micronuclei zu identifizieren. Bei den beobachteten Exemplaren waren stets 2-3 Micronuclei zu finden. Dieser Befund stimmt gut mit den Angaben bei Boscaro et al. (2014) überein, während Foissner et al. (1992) lediglich 1-2 Micronuclei erwähnen. Die Micronuclei sitzen in einer kleinen Grube dicht am Macronucleus. Gelegentlich sitzen sie an gegenüber liegenden Seiten des Macronucleus, so dass man manchmal glaubt nur einen zu finden. Der Micronucleus selbst besitzt in der Regel kaum Kontrast, so dass man oft nur die Grube, in der er sitzen könnte, mit der schiefen Beleuchtung ausmachen kann. Mit Hilfe der Fluoreszenzanalyse und korrelierender Beobachtung im Hellfeld gelang es mir jedoch einige Micronuclei abzubilden oder zumindest zu demonstrieren, wo diese sitzen werden.
Abb. 3: Ein einzelner Micronucleus.
Abb. 4: Korrelative Mikroskopie: Vergleichsaufnahmen in schiefer Beleuchtung und Fluoreszenz zeigen die Grube, in der ein Micronucleus von ca. 5 µm Durchmesser sitzt. Der Micronucleus dieses Exemplars ist erst gefärbt zu erkennen. In der schiefen Beleuchtung erkennt man lediglich die Grube, in der der Micronucleus lokalisiert ist.
Abb. 5: Korrelative Mikroskopie: Vergleichsaufnahmen in schiefer Beleuchtung und Fluoreszenz. Bei diesem Exemplar sitzen drei Micronuclei dicht nebeneinander.
Ein weiteres Detail ist die kontraktile Vacuole (cV) mit dem langen Sammelkanal (Ka). In dieser Aufnahme sind auch einige gefressene Chlorella und Schwefelbakterien (dunkel) in Phagosomen (=Nahrungsvakuole) zu sehen. Dies zusammen genommen mit der Ansammlung nahe einer Kolonie von Eisenbaktieren bestätigt die autökologische Beschreibung bei Foissner et al. (1992). Demnach hält sich Spirostomum teres bevorzugt in Regionen mit höherem Anteil von Schwefelwasserstoff auf, frisst Bakterien (offenbar auch Schwefelbakterien), aber auch Algen. Eine Aufnahme des Fundorts, in dem auch Sp. ambiguum gefunden wurden, ist hier gezeigt: viewtopic.php?f=23&t=695
Abb. 6: Kontraktile Vakuole und Sammelkanal sowie Phagosome mit gefressenen Chlorella (grün) und Schwefelbakterien (dunkel).
Zu guter Letzt möchte ich Euch zwei Fluoreszenzaufnahmen der Ciliatur nicht vorenthalten. Sie zeigen dasselbe Individuum in zwei veschiedenen Schärfeebenen. Sehr schön sind die einzelnen Cilienreihen zu erkennen so wie das Peristom, welches nicht die halbe Körperlänge erreicht.
Abb. 7/8: Bewimperung, adorale Membranellenzone und Peristom.
Viel Spaß beim Betrachten!
Thilo
Aufnahmedetails:
Zeiss Multiimmersionobjektiv 40x/0,9 Ph3 bei Wasserimmersion, Aufnahmen mit einer Canon EOS 77D am AxioLab.A1.
Verwendete Abkürzungen:
Ma: Macronucleus (großer Zellkern)
Mi: Micronucleus (kleiner Zellkern)
Ph: Phagosom (=Nahrungsvakuole)
AZM: adorale Membranellenzone
Gr: Granula
cV: kontraktile Vakuole
Ka: Sammelkanal der kontraktilen Vakuole
Ba: Bakterien
Literatur:
Boscaro, V., et al. (2014): "Focusing on genera to improve species identification: revised systematics of the ciliate Spirostomum." Protist 165.4: 527-541.
Foissner, W. et al. (1992): "Taxonomische und okologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems", Informationsberichte des Bayer. Landesamtes f. Wasserwirtsch. 5/92 - der "Ciliatenatlas", Band 2