Die Mitochondrien von C. polypinum
Verfasst: 3. Februar 2018, 23:27
Bei meinen letzten Entnahmen in der Hellenmaar bei Bornheim stellten sich nach einer Woche auch bei mir große Kolonien von Carchesium polypinum in den Proben ein. Diese erscheinen bereits dem bloßen Auge wie ein "Pilzbefall". Mit dem Stereomikroskop oder der Lupe erkennt man die Kolonien als solche recht gut. Die Größe der Kolonien umfasst teils mehrere hundert Tiere und kann einen Umfang von 0,5 Zentimeter oder mehr erreichen. Zwischen den Individuen oder in der Nähe der Kolonien schwimmen nicht selten größere Ciliaten wie Bursaria oder Trachelius auf der Suche nach Nahrung. Offenbar wird C. polypinum jedoch von diesen Riesen nicht gefressen.
Angeregt durch die Anmerkungen von Ole, dass es sich bei den bläschenförmigen Organellen in großer Zahl um Mitochondrien handelt, habe ich einen Versuch unternommen diese Organellen zu färben. In Frage kommen bei den Ciliaten verschiedene Fluorochrome der unteren bis mittleren Preisklasse wie Rhodamin 6G oder die teurere Variante Rhodamin 123. Diese Fluorochrome funktionieren bei C. polypinum leider nicht für Färbung der Mitochondrien. Grund ist wohl das Membranpotential der Mitochondrien, das dazu führen kann, dass Mitochondrien bei vielen Protisten nicht von den Rhodaminen gefärbt wird.
Daher wurden für die folgenden Aufnahmen eine Färbung mit DiOC6(3) gewählt. Der Carbocyanin Farbstoff färbt abhängig von der Konzentration und Zelltyp entweder Strukturen des endoplasmatischen Reticulum (ER) in den Zellen, oder Mitochondrien. Für C. polypinum können die bläschenförmigen Organellen deutlich gefärbt werden. Eine eindeutige Differenzierung zwischen Mitochondrien und Strukturen des ER ist jedoch nur in Schnitten mit dem TEM möglich. Dies konnte jedoch bereits von Gentekaki et al. (2009) geklärt werden.
Bei der Betrachtung der Fluoreszenz-Aufnahmen achte man auf die helleren Mitochondrien entlang des „Kragens“ um den Zellmund und der Oberfläche des Zellmunds. Diese Mitochondrien erscheinen heller als die übrigen in der Zelle und unter der Pellicula verteilten Mitochondrien. Dies ist kein Zufall oder ein Fehler in der Beobachtung. Auch die Färbung mit DiOC6(3) ist abhängig vom Membranpotential der Mitochondrien. Die hellere Färbung ist hier sehr wahrscheinlich korreliert mit einer höheren Aktivität der Mitochondrien am Kragen und Zellmund, welche die Wimpernregion mit Energie versorgen. Die Fluoreszenz-Färbung mit DiOC6(3) liefert hier tiefere Einsichten in die molekulare Zellbiologie der lebenden Zellen. Die Frage, ob Mitochondrien in einzelnen Zellen einheitlich hell gefärbt erscheinen wurde bereits bei der Färbung mit Rh-6G bzw. Rh-123 in der Literatur kontrovers diskutiert. Diese Aufnahmen liefern wohl wieder einen Beleg dafür, dass das Membranpotential der Mitochondrien auch innerhalb einer einzelnen Zelle unterschiedlich und abhängig ist von der lokalen Aktivität der Mitochondrien.
Viel Spaß beim Betrachten.
Thilo
Literatur: Gentekaki, E., and D. H. Lynn. "High genetic diversity but no population structure of the peritrichous ciliate Carchesium polypinum in the Grand River basin (North America) inferred from nuclear and mitochondrial markers." Applied and Environmental Microbiology (2009).
Abbildung 1 [Datei: IMG_2038.jpg]: Carchesium polypinum in der Aufsicht auf den oralen Wimpernkranz (Bewimperung des Zellmunds). Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, schiefe Beleuchtung. Belichtung 1/800s (ISO 100), LED Beleuchtung.
Abbildung 2 [Datei: IMG_2149.jpg]: Mehrere Individuen von C. polypinum sitzen am gemeinsamen Hauptstiel. Der Fokus ist hier auf das Zellinnere gerichtet. Man erkennt den langgestreckten J-förmigen Zellkern (Ma), einige Nahrungsvakuolen (Ph) sowie zahlreiche Mitochondrien (Mi) des Zellinneren als kleine, bläschenförmige Organellen. Bei dem mittleren Tier ist ebenfalls die Bewimperung des Zellmunds (Zm) zu erkennen, der in eine sich bildende Nahrungsvakuole mündet. Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, schiefe Beleuchtung. Belichtung 1/800s (ISO 100), LED Beleuchtung.
Abbildung 3 [Datei: IMG_2150.jpg]: Die gleiche Gruppe von C. polypinum mit Fluoreszenzbeleuchtung. Der Fokus ist hier auf das Zellinnere gerichtet. Die Mitochondrien erscheinen nun hell gefärbt in Grün, was als positiver Nachweis gelten darf. Sie sind im Zellinneren eher unregelmäßig verteilt und liegen vor allem in den Randbereichen der Pellicula (Zellmembran). Man achte auf die Färbung der Membran des Zellmunds des mittleren Individuums, für welches die Bewimperung in der gleichen Schärfenebene bereits im Hellfeld sichtbar war. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass das Fluorochrom auch Teile der Ciliatur und anderer Membranen färbt. Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, Belichtung 1/50s (ISO 3200), LED Blauanregung 470nm.
Abbildung 4 [Datei: IMG_2151.jpg]: Die gleiche Gruppe von C. polypinum mit Fluoreszenzbeleuchtung. Der Fokus ist hier auf die Oberfläche der Pellicula gerichtet (Zellmembran). Interessanterweise erscheinen die Mitochondrien nun in Linien angeordnet dicht unter der Zellmembran. Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, Belichtung 1/50s (ISO 3200), LED Blauanregung 470nm.
Angeregt durch die Anmerkungen von Ole, dass es sich bei den bläschenförmigen Organellen in großer Zahl um Mitochondrien handelt, habe ich einen Versuch unternommen diese Organellen zu färben. In Frage kommen bei den Ciliaten verschiedene Fluorochrome der unteren bis mittleren Preisklasse wie Rhodamin 6G oder die teurere Variante Rhodamin 123. Diese Fluorochrome funktionieren bei C. polypinum leider nicht für Färbung der Mitochondrien. Grund ist wohl das Membranpotential der Mitochondrien, das dazu führen kann, dass Mitochondrien bei vielen Protisten nicht von den Rhodaminen gefärbt wird.
Daher wurden für die folgenden Aufnahmen eine Färbung mit DiOC6(3) gewählt. Der Carbocyanin Farbstoff färbt abhängig von der Konzentration und Zelltyp entweder Strukturen des endoplasmatischen Reticulum (ER) in den Zellen, oder Mitochondrien. Für C. polypinum können die bläschenförmigen Organellen deutlich gefärbt werden. Eine eindeutige Differenzierung zwischen Mitochondrien und Strukturen des ER ist jedoch nur in Schnitten mit dem TEM möglich. Dies konnte jedoch bereits von Gentekaki et al. (2009) geklärt werden.
Bei der Betrachtung der Fluoreszenz-Aufnahmen achte man auf die helleren Mitochondrien entlang des „Kragens“ um den Zellmund und der Oberfläche des Zellmunds. Diese Mitochondrien erscheinen heller als die übrigen in der Zelle und unter der Pellicula verteilten Mitochondrien. Dies ist kein Zufall oder ein Fehler in der Beobachtung. Auch die Färbung mit DiOC6(3) ist abhängig vom Membranpotential der Mitochondrien. Die hellere Färbung ist hier sehr wahrscheinlich korreliert mit einer höheren Aktivität der Mitochondrien am Kragen und Zellmund, welche die Wimpernregion mit Energie versorgen. Die Fluoreszenz-Färbung mit DiOC6(3) liefert hier tiefere Einsichten in die molekulare Zellbiologie der lebenden Zellen. Die Frage, ob Mitochondrien in einzelnen Zellen einheitlich hell gefärbt erscheinen wurde bereits bei der Färbung mit Rh-6G bzw. Rh-123 in der Literatur kontrovers diskutiert. Diese Aufnahmen liefern wohl wieder einen Beleg dafür, dass das Membranpotential der Mitochondrien auch innerhalb einer einzelnen Zelle unterschiedlich und abhängig ist von der lokalen Aktivität der Mitochondrien.
Viel Spaß beim Betrachten.
Thilo
Literatur: Gentekaki, E., and D. H. Lynn. "High genetic diversity but no population structure of the peritrichous ciliate Carchesium polypinum in the Grand River basin (North America) inferred from nuclear and mitochondrial markers." Applied and Environmental Microbiology (2009).
Abbildung 1 [Datei: IMG_2038.jpg]: Carchesium polypinum in der Aufsicht auf den oralen Wimpernkranz (Bewimperung des Zellmunds). Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, schiefe Beleuchtung. Belichtung 1/800s (ISO 100), LED Beleuchtung.
Abbildung 2 [Datei: IMG_2149.jpg]: Mehrere Individuen von C. polypinum sitzen am gemeinsamen Hauptstiel. Der Fokus ist hier auf das Zellinnere gerichtet. Man erkennt den langgestreckten J-förmigen Zellkern (Ma), einige Nahrungsvakuolen (Ph) sowie zahlreiche Mitochondrien (Mi) des Zellinneren als kleine, bläschenförmige Organellen. Bei dem mittleren Tier ist ebenfalls die Bewimperung des Zellmunds (Zm) zu erkennen, der in eine sich bildende Nahrungsvakuole mündet. Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, schiefe Beleuchtung. Belichtung 1/800s (ISO 100), LED Beleuchtung.
Abbildung 3 [Datei: IMG_2150.jpg]: Die gleiche Gruppe von C. polypinum mit Fluoreszenzbeleuchtung. Der Fokus ist hier auf das Zellinnere gerichtet. Die Mitochondrien erscheinen nun hell gefärbt in Grün, was als positiver Nachweis gelten darf. Sie sind im Zellinneren eher unregelmäßig verteilt und liegen vor allem in den Randbereichen der Pellicula (Zellmembran). Man achte auf die Färbung der Membran des Zellmunds des mittleren Individuums, für welches die Bewimperung in der gleichen Schärfenebene bereits im Hellfeld sichtbar war. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass das Fluorochrom auch Teile der Ciliatur und anderer Membranen färbt. Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, Belichtung 1/50s (ISO 3200), LED Blauanregung 470nm.
Abbildung 4 [Datei: IMG_2151.jpg]: Die gleiche Gruppe von C. polypinum mit Fluoreszenzbeleuchtung. Der Fokus ist hier auf die Oberfläche der Pellicula gerichtet (Zellmembran). Interessanterweise erscheinen die Mitochondrien nun in Linien angeordnet dicht unter der Zellmembran. Zeiss AxioLab.A1, Hellfeld 40x/0,75, Belichtung 1/50s (ISO 3200), LED Blauanregung 470nm.