Die Schalenamöbe Paulinella chromatophora
Verfasst: 15. April 2017, 16:36
Liebes Forum,
Während der „Kornrade“ hatte ich am letzten Wochenende aus dem großen Teich im Botanischen Garten Darmstadt eine Wasserprobe entnommen. Auf der Oberfläche des Teichs schwammen zahlreiche braune Flocken, die auf ein reichliches Vorkommen von Kieselalgen hindeuteten. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Probe wurde diese Vermutung bestätigt. Es fanden sich aber auch viele Exemplare von der Schalenamöbe Paulinella chromatophora.
P. chromatophora ist das einzige Tier, das sich ausschließlich durch Photosynthese ernährt. Die Aufnahme von Nahrung ist nie beobachtet worden. Im Zellinneren liegen zwei von Blaualgen abstammende Chromatophoren, die außerhalb von P. chromatophora nicht lebensfähig sind, weil sie einen signifikanten Teil ihres Genoms an den Zellkern der Amöbe abgegeben haben. Somit entsprechen diese Chromatophoren den Chloroplasten der Pflanzen. Da P. chromatophora ihre Chromatophoren erst vor ca. 100 Mio. Jahren erworben hat, ist diese Amöbe zu einem Modellorganismus der Evolutionsforschung geworden.
Alles Wichtige über die Morphologie von P. chromatophora (Filiopodien, Zellkern, kontraktile Vakuole, Aufbau der Schale aus 5 Reihen sechseckigen Kieselsäure-Platten) findet sich in der äußerst präzisen und weitsichtigen Erstbeschreibung: Lauterborn, R. (1895) Protozoenstudien. II. Paulinella chromatophora nov. gen. nov. spec, ein beschalter Rhizopode des Süßwassers mit blaugrünen chromatophorenartigen Einschlüssen. Zoologischer Anzeiger 59, 537-544, Tafel 30. Die Arbeit ist frei zugänglich: http://www.biodiversitylibrary.org/bibl ... 2#/summary
Einen recht aktuellen Überblick über die Bedeutung von P. chromatophora für die Evolutionsforschung und Endosymbiontentheorie bietet Nowack, E. C. M. (2014) Paulinella chromatophora – rethinking the transition from endosymbiont to organelle. Acta Soc Bot Pol 83(4):387–397. Auch diese Veröffentlichung ist frei zugänglich: https://pbsociety.org.pl/journals/index ... 2014.049/0
Eine Beschreibung von P. chromatophora inklusive einer Kopie der Originalabbildungen von Lauterborn wurden hier im Forum vor einiger Zeit von Holger Adelmann veröffentlicht: http://www.mikroskopie-forum.de/index.p ... 7#msg38197
Bild 1 – 3: P. chromatophora mit den blaugrünen Chromatophoren
Bild 4: Der optischer Querschnitt zeigt den Aufbau der Schale aus 5 Reihen von Platten und die kreisrunden Chromatophoren
Bild 5 & 6: Zellteilung. Man beachte die Zellkerne
Bild 7: Fokus auf die Zelloberfläche. Hier sind die Filopodien und der Aufbau der Schale aus sechseckigen Platten zu sehen.
Viele Grüße
Bernd
Während der „Kornrade“ hatte ich am letzten Wochenende aus dem großen Teich im Botanischen Garten Darmstadt eine Wasserprobe entnommen. Auf der Oberfläche des Teichs schwammen zahlreiche braune Flocken, die auf ein reichliches Vorkommen von Kieselalgen hindeuteten. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Probe wurde diese Vermutung bestätigt. Es fanden sich aber auch viele Exemplare von der Schalenamöbe Paulinella chromatophora.
P. chromatophora ist das einzige Tier, das sich ausschließlich durch Photosynthese ernährt. Die Aufnahme von Nahrung ist nie beobachtet worden. Im Zellinneren liegen zwei von Blaualgen abstammende Chromatophoren, die außerhalb von P. chromatophora nicht lebensfähig sind, weil sie einen signifikanten Teil ihres Genoms an den Zellkern der Amöbe abgegeben haben. Somit entsprechen diese Chromatophoren den Chloroplasten der Pflanzen. Da P. chromatophora ihre Chromatophoren erst vor ca. 100 Mio. Jahren erworben hat, ist diese Amöbe zu einem Modellorganismus der Evolutionsforschung geworden.
Alles Wichtige über die Morphologie von P. chromatophora (Filiopodien, Zellkern, kontraktile Vakuole, Aufbau der Schale aus 5 Reihen sechseckigen Kieselsäure-Platten) findet sich in der äußerst präzisen und weitsichtigen Erstbeschreibung: Lauterborn, R. (1895) Protozoenstudien. II. Paulinella chromatophora nov. gen. nov. spec, ein beschalter Rhizopode des Süßwassers mit blaugrünen chromatophorenartigen Einschlüssen. Zoologischer Anzeiger 59, 537-544, Tafel 30. Die Arbeit ist frei zugänglich: http://www.biodiversitylibrary.org/bibl ... 2#/summary
Einen recht aktuellen Überblick über die Bedeutung von P. chromatophora für die Evolutionsforschung und Endosymbiontentheorie bietet Nowack, E. C. M. (2014) Paulinella chromatophora – rethinking the transition from endosymbiont to organelle. Acta Soc Bot Pol 83(4):387–397. Auch diese Veröffentlichung ist frei zugänglich: https://pbsociety.org.pl/journals/index ... 2014.049/0
Eine Beschreibung von P. chromatophora inklusive einer Kopie der Originalabbildungen von Lauterborn wurden hier im Forum vor einiger Zeit von Holger Adelmann veröffentlicht: http://www.mikroskopie-forum.de/index.p ... 7#msg38197
Bild 1 – 3: P. chromatophora mit den blaugrünen Chromatophoren
Bild 4: Der optischer Querschnitt zeigt den Aufbau der Schale aus 5 Reihen von Platten und die kreisrunden Chromatophoren
Bild 5 & 6: Zellteilung. Man beachte die Zellkerne
Bild 7: Fokus auf die Zelloberfläche. Hier sind die Filopodien und der Aufbau der Schale aus sechseckigen Platten zu sehen.
Viele Grüße
Bernd