Phalansterium digitatum
Verfasst: 4. November 2016, 20:48
Liebes Forum,
ich möchte heute meine Fotos und Erkenntnisse zu dem Zooflagellaten Phalansterium digitatum vorstellen. Diese Art habe ich früher sehr häufig im Simmelried gefunden. In den letzten 2 Jahren ist die Art aber völlig verschwunden. Meist habe ich die fingerförmigen Kolonien als Aufwuchs angetroffen:
TE = Zellteilungen
Hin und wieder aber auch frei treibende, sphärische Kolonien mit einem Durchmesser von 300 - 500 µm:
Bei der Vorbereitung zu diesem Beitrag musste ich feststellen, dass ich Fotos von der vermeintlich gleichen Art einmal unter Phalansterium digitatum und einmal unter Spongomonas uvella abgespeichert hatte. Um das zu verstehen und auseinanderzufummeln, musste ich mich erst einmal um die Unterscheidung der beiden Arten kümmern. In der Beschreibung der beiden Arten im Streble/Krauter (s. Lit.) wird der Unterschied zwischen Spongomonas uvella und Phalansterium digitatum wie folgt beschrieben:
Spongomonas uvella: 2 Geißeln, Zellen 8-12 µm, Kolonien in Endlappen aufgeteilt
Phalansterium digitatum: 1 Geißel, am Grunde der Geißel ein Plasmakragen, Zellen 17 µm, fingerförmige, körnige Gallertsäulen
Das kam mir seltsam vor, denn ich war mir ziemlich sicher, dass ich sowohl Exemplare mit einer als auch zwei Geißeln in der gleichen Kolonie gesehen hatte. Ich habe dann die sehr ausführliche Beschreibung von Phalansterium digitatum durch H. Skuja gelesen (s. Lit.). Er bestätigt, dass die Flagellaten von Phalansterium digitatum 1 oder 2 Geißeln aufweisen können. Außerdem ist der Plasmakragen am Grunde der Geißel ein wichtiges Bestimmungsmerkmal. Skuja gibt auch detaillierte Zeichungen an:
Die Flagellaten sollen einzeln oder paarig an den Enden der fingerförmigen Röhren sitzen. Nach erfolgten Zellteilungen auch oft hintereinander, da die Teilung schräg zu Längsachse der Zelle erfolgt (s. erstes und zweites Bild des Beitrages, oben). Die Zellen selbst sollen 13-24 µm lang sein. Der Zellkern befindet sich etwas in der Mitte der Zelle, etwas seitlich verlagert (s. Zeichnung Nr. 27 von Skuja). Die KV soll groß sein und an der Grenze zum hinteren Zelldrittel liegen. Um diese Merkmale genau zu untersuchen, habe ich meine Population dann mit Ölimmersion untersucht:
PK = Plasmakragen
ZK = Zellkern
GE = Geißeln
KV = kontraktile Vakuole
Man sieht sehr deutlich, dass all die von Skuja beschriebenen Merkmale für Phalansterium digitatum auf meine Art exakt zutreffen. Der hochgezogene Plasmakragen ist deutlich zu erkennen und auch der mittig gelegene Zellkern und die große kontraktile Vakuole. An der Zuordnung Phalansterium digitatum dürfte kein Zweifel bestehen. Nach Skuja besitzen die fingerförmigen Gallerstiele am terminalen Ende Einsenkungen, an deren Grunde die Flagellaten sitzen. Dieser Aufbau ist im DIK nur schwer sichtbar zu machen, aber auf einer Aufnahme kann man diese Einsenkungen (schwach) erkennen:
GKa = Gallertkanäle
Die in der Gallerte eingelagerten Körner halte ich für die Ausscheidungsprodukte aus den Nahrungsvakuoeln der Flagellaten. Ich konnte eindeutig beobachten, dass die Nahrungsvakuolen in den Flagellaten etwas den gleichen Durchmesser haben, wie die ausgeschiedenen Kügelchen. Das halte ich für keinen Zufall. In der älteren Literatur ist manchmal noch zu lesen, dass es sich um symbiontische Bakterien oder Eisenbakterien handeln soll. Ich denke, das kann man vollständig ausschließen.
Für mich ist nach der Beschreibung von Phalansterium digitatum durch Skuja und auf Grund meiner eigenen Beobachtungen keineswegs klar, ob man Spongomonas tatsächlich als eigene Art abtrennen kann. Die Zahl der Geißeln ist meiner Ansicht nach als Unterscheidungsmerkmal hinfällig. Bleibt eigentlich nur der Plasmakragen sowie der innere Aufbau der Flagellatenzellen. Dazu konnte ich jedoch keine einzige Literturstelle finden, welche die Merkmale von Spongomonas uvella genauer beschreibt. Daher glaube ich persönlich, das Phalansterium digitatum und Spongomonas uvella die gleiche Art sind.
Ich habe selbst festgestellt, dass bei der Untersuchung mit Ölimmersion, wo man etwas Deckglasdruck ausüben muss, einige Merkmale der Flagellaten nicht mehr zu erkennen sind. So erkennt man auf dem Foto mit den Gallertkanälen (s. oben) den Plasmakragen der Zellen eigentlich nicht mehr. Er wird bei gestressten Zellen wahrscheinlich eingezogen. Die Zellen haben sich zudem auch in den Gallertkanälen zurückgezogen und sind kontrahiert (erscheinen also kleiner). Andererseits kann man bei kleineren Vergrößerungen nur schwer unterscheiden, ob 1 oder 2 Geißeln vorhanden sind, da diese oft dicht zusammen liegen und synchron schlagen. Dies kann dann zu der Annahme führen, dass nur eine Geißel vorhanden ist. Die Schwierigkeiten bei der Unterscheidung dieser beiden Arten hatte Angie offensichtlich auch schon (http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=21&t=106).
Weitere Fotos von Phalansterium digitatum findet man bei Plewka (http://www.plingfactory.de/Science/Atla ... tatum.html)
Die Bestimmung von Zooflagellaten bleibt also ein schwieriges Geschäft!
Schönen Abend!
Martin
Lit.:
Skuja, H. (1964): Grundzüge der Algenflora und Algenvegetation der Fjeldgegenden um Abisko in Schwedisch-Lappland. – Nova Acta R. Soc. Scient. upsal. (Ser. IV), 18: 1–464.
Streble, S. & Krauter, D. (2002): Das Leben im Wassertropfen. 9th ed. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart. 428 pp
ich möchte heute meine Fotos und Erkenntnisse zu dem Zooflagellaten Phalansterium digitatum vorstellen. Diese Art habe ich früher sehr häufig im Simmelried gefunden. In den letzten 2 Jahren ist die Art aber völlig verschwunden. Meist habe ich die fingerförmigen Kolonien als Aufwuchs angetroffen:
TE = Zellteilungen
Hin und wieder aber auch frei treibende, sphärische Kolonien mit einem Durchmesser von 300 - 500 µm:
Bei der Vorbereitung zu diesem Beitrag musste ich feststellen, dass ich Fotos von der vermeintlich gleichen Art einmal unter Phalansterium digitatum und einmal unter Spongomonas uvella abgespeichert hatte. Um das zu verstehen und auseinanderzufummeln, musste ich mich erst einmal um die Unterscheidung der beiden Arten kümmern. In der Beschreibung der beiden Arten im Streble/Krauter (s. Lit.) wird der Unterschied zwischen Spongomonas uvella und Phalansterium digitatum wie folgt beschrieben:
Spongomonas uvella: 2 Geißeln, Zellen 8-12 µm, Kolonien in Endlappen aufgeteilt
Phalansterium digitatum: 1 Geißel, am Grunde der Geißel ein Plasmakragen, Zellen 17 µm, fingerförmige, körnige Gallertsäulen
Das kam mir seltsam vor, denn ich war mir ziemlich sicher, dass ich sowohl Exemplare mit einer als auch zwei Geißeln in der gleichen Kolonie gesehen hatte. Ich habe dann die sehr ausführliche Beschreibung von Phalansterium digitatum durch H. Skuja gelesen (s. Lit.). Er bestätigt, dass die Flagellaten von Phalansterium digitatum 1 oder 2 Geißeln aufweisen können. Außerdem ist der Plasmakragen am Grunde der Geißel ein wichtiges Bestimmungsmerkmal. Skuja gibt auch detaillierte Zeichungen an:
Die Flagellaten sollen einzeln oder paarig an den Enden der fingerförmigen Röhren sitzen. Nach erfolgten Zellteilungen auch oft hintereinander, da die Teilung schräg zu Längsachse der Zelle erfolgt (s. erstes und zweites Bild des Beitrages, oben). Die Zellen selbst sollen 13-24 µm lang sein. Der Zellkern befindet sich etwas in der Mitte der Zelle, etwas seitlich verlagert (s. Zeichnung Nr. 27 von Skuja). Die KV soll groß sein und an der Grenze zum hinteren Zelldrittel liegen. Um diese Merkmale genau zu untersuchen, habe ich meine Population dann mit Ölimmersion untersucht:
PK = Plasmakragen
ZK = Zellkern
GE = Geißeln
KV = kontraktile Vakuole
Man sieht sehr deutlich, dass all die von Skuja beschriebenen Merkmale für Phalansterium digitatum auf meine Art exakt zutreffen. Der hochgezogene Plasmakragen ist deutlich zu erkennen und auch der mittig gelegene Zellkern und die große kontraktile Vakuole. An der Zuordnung Phalansterium digitatum dürfte kein Zweifel bestehen. Nach Skuja besitzen die fingerförmigen Gallerstiele am terminalen Ende Einsenkungen, an deren Grunde die Flagellaten sitzen. Dieser Aufbau ist im DIK nur schwer sichtbar zu machen, aber auf einer Aufnahme kann man diese Einsenkungen (schwach) erkennen:
GKa = Gallertkanäle
Die in der Gallerte eingelagerten Körner halte ich für die Ausscheidungsprodukte aus den Nahrungsvakuoeln der Flagellaten. Ich konnte eindeutig beobachten, dass die Nahrungsvakuolen in den Flagellaten etwas den gleichen Durchmesser haben, wie die ausgeschiedenen Kügelchen. Das halte ich für keinen Zufall. In der älteren Literatur ist manchmal noch zu lesen, dass es sich um symbiontische Bakterien oder Eisenbakterien handeln soll. Ich denke, das kann man vollständig ausschließen.
Für mich ist nach der Beschreibung von Phalansterium digitatum durch Skuja und auf Grund meiner eigenen Beobachtungen keineswegs klar, ob man Spongomonas tatsächlich als eigene Art abtrennen kann. Die Zahl der Geißeln ist meiner Ansicht nach als Unterscheidungsmerkmal hinfällig. Bleibt eigentlich nur der Plasmakragen sowie der innere Aufbau der Flagellatenzellen. Dazu konnte ich jedoch keine einzige Literturstelle finden, welche die Merkmale von Spongomonas uvella genauer beschreibt. Daher glaube ich persönlich, das Phalansterium digitatum und Spongomonas uvella die gleiche Art sind.
Ich habe selbst festgestellt, dass bei der Untersuchung mit Ölimmersion, wo man etwas Deckglasdruck ausüben muss, einige Merkmale der Flagellaten nicht mehr zu erkennen sind. So erkennt man auf dem Foto mit den Gallertkanälen (s. oben) den Plasmakragen der Zellen eigentlich nicht mehr. Er wird bei gestressten Zellen wahrscheinlich eingezogen. Die Zellen haben sich zudem auch in den Gallertkanälen zurückgezogen und sind kontrahiert (erscheinen also kleiner). Andererseits kann man bei kleineren Vergrößerungen nur schwer unterscheiden, ob 1 oder 2 Geißeln vorhanden sind, da diese oft dicht zusammen liegen und synchron schlagen. Dies kann dann zu der Annahme führen, dass nur eine Geißel vorhanden ist. Die Schwierigkeiten bei der Unterscheidung dieser beiden Arten hatte Angie offensichtlich auch schon (http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=21&t=106).
Weitere Fotos von Phalansterium digitatum findet man bei Plewka (http://www.plingfactory.de/Science/Atla ... tatum.html)
Die Bestimmung von Zooflagellaten bleibt also ein schwieriges Geschäft!
Schönen Abend!
Martin
Lit.:
Skuja, H. (1964): Grundzüge der Algenflora und Algenvegetation der Fjeldgegenden um Abisko in Schwedisch-Lappland. – Nova Acta R. Soc. Scient. upsal. (Ser. IV), 18: 1–464.
Streble, S. & Krauter, D. (2002): Das Leben im Wassertropfen. 9th ed. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart. 428 pp