Heliozoen-Fressgemeinschaften
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Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo an alle,
Ich habe mich in den letzten Tagen immer mal wieder mit alten Diatomeen-Proben beschäftigt, in denen sich zurzeit sehr viele Heliozoen befinden. Neben einzelnen Exemplaren finde ich Gruppen von mehr oder weniger fusionierten Zellen, die Fressgemeinschaften bilden. Ich halte die Art für Actinophrys sol (1-kernig, peripherer Bereich der Zellen mit schaumigen Vakuolen, keine erkennbaren Schuppen, Form und Länge der Axopodien, Durchmesser der Zellen ohne Axopodien gut 30 µm), ohne wirklich zu wissen, welche Arten innerhalb dieser Gattung eventuell noch in Frage kommen könnten. Wer mehr weiß, den bitte ich um Korrektur.
Alle Aufnahmen entstanden an Präparaten der Rohprobe, also ohne, dass ich die Objekte isoliert hätte. Aufgrund der Schichtdicke und Detritusbeimischung waren daher die Bedingungen für die Fotografie suboptimal.
Ich habe bis zu 7 einzelne Exemplare gefunden, die zu einer Gruppe vereint waren (linke Teilabbildung). Meist sind es jedoch weniger Zellen wie in der rechten Teilabbildung mit 4 Zellen. Die Heliozoen scheinen praktisch ausschließlich Diatomeen zu fressen, die sie unter z.T. erheblicher Deformation ihres Zellkörpers aufnehmen (ein Exemplar beteiligt) oder in einer gemeinsamen Zytoplasma-Masse bzw. Vakuole einschließen (mehrere Exemplare beteiligt).
Es gibt auch die Situation, dass nur zwei Heliozoen beteiligt sind und sie eine erbeutete Kieselalge gemeinsam umschließen, die dann in einer schmalen Plasmabrücke zwischen den Zellen liegt (linke Teilabbildung). Vermenschlichend könnte man fast den Eindruck gewinnen, die Zellen stritten um die gemeinsame Beute. Plausibler ist aber eher, dass die beiden Zellen gemeinsam an der Verdauung der Kieselalge beteiligt sind und erst durch ihre Kooperation – wiederum anthropozentrisch gedacht – in der Lage sind, so große Beuteorganismen zu bewältigen.
Die rechte Teilabbildung zeigt vier Exemplare, zwischen denen sich eine große gemeinsame Vakuole gebildet hat, zu der jede Zelle gleichermaßen beizusteuern scheint.
Zum Schluss noch einige Darstellungen im Phasenkontrast, der die feine Axopodien besonders schön sichtbar macht. Wie kleine Sonnen strahlen die Zellen in ihrem Habitat. Zwischen den beiden rechten Zellen dieser Vierergruppe ist auf der linken Teilabbildung noch eine kräftige Plasmaverbindung ausgebildet. Schon nach kurzer Zeit (ca. 1 Minute) entfernen sich die Zellen voneinander und die plasmatische Verbindung wird länger und dünner, bis sie fast abreißt (untere rechte Teilabbildung).
Neben der bizarren Ästhetik stellen sich mir einige grundlegende Fragen, bei denen ich nicht weiß, ob hierzu überhaupt schon gesicherte Kenntnisse vorliegen.
(a) Wie bilden die Zellen gemeinsame Nahrungsvakuolen aus? Hierzu müssen die Zellmembranen verschiedener Zellen fusionieren, bevor erst eine gemeinsame Vakuole entstehen kann. Das bedeutet, dass die Zellen für einen kurzen Moment ihre strukturelle Integrität verlieren und punktuell aufreißen müssen, damit Membranabschnitte verschmelzen können. Warum laufen die Zellen dabei nicht aus?
(b) Welche biomechanischen Kräfte bewirken die Annäherung der Zellen bzw. das Sich-Entfernen voneinander? Was zieht die beiden Zellen (rechte Teilabbildungen) auseinander, bis die dünner werdende Brücke reißt? Cilien zur Bewegung und vorstreckbare Pseudopodien gibt es nicht.
(c) Wie ist die basale Wahrnehmungsfähigkeit der Zellen biochemisch umgesetzt, die es ihnen erlaubt, bei Kontakt mit ihresgleichen unter bestimmten Bedingungen Fusionsgemeinschaften zu bilden?
Fragen über Fragen – weiß hier jemand mehr? Auch Ergänzungen dieses Fadens durch eigene Beobachtungen und Fotos sind hochwillkommen.
Viele Grüße
Ole
EDIT 14.04.2016 - ergänztes Foto zweier Zellen, unter günstigeren Bedingungen aufgenommen
Ich habe mich in den letzten Tagen immer mal wieder mit alten Diatomeen-Proben beschäftigt, in denen sich zurzeit sehr viele Heliozoen befinden. Neben einzelnen Exemplaren finde ich Gruppen von mehr oder weniger fusionierten Zellen, die Fressgemeinschaften bilden. Ich halte die Art für Actinophrys sol (1-kernig, peripherer Bereich der Zellen mit schaumigen Vakuolen, keine erkennbaren Schuppen, Form und Länge der Axopodien, Durchmesser der Zellen ohne Axopodien gut 30 µm), ohne wirklich zu wissen, welche Arten innerhalb dieser Gattung eventuell noch in Frage kommen könnten. Wer mehr weiß, den bitte ich um Korrektur.
Alle Aufnahmen entstanden an Präparaten der Rohprobe, also ohne, dass ich die Objekte isoliert hätte. Aufgrund der Schichtdicke und Detritusbeimischung waren daher die Bedingungen für die Fotografie suboptimal.
Ich habe bis zu 7 einzelne Exemplare gefunden, die zu einer Gruppe vereint waren (linke Teilabbildung). Meist sind es jedoch weniger Zellen wie in der rechten Teilabbildung mit 4 Zellen. Die Heliozoen scheinen praktisch ausschließlich Diatomeen zu fressen, die sie unter z.T. erheblicher Deformation ihres Zellkörpers aufnehmen (ein Exemplar beteiligt) oder in einer gemeinsamen Zytoplasma-Masse bzw. Vakuole einschließen (mehrere Exemplare beteiligt).
Es gibt auch die Situation, dass nur zwei Heliozoen beteiligt sind und sie eine erbeutete Kieselalge gemeinsam umschließen, die dann in einer schmalen Plasmabrücke zwischen den Zellen liegt (linke Teilabbildung). Vermenschlichend könnte man fast den Eindruck gewinnen, die Zellen stritten um die gemeinsame Beute. Plausibler ist aber eher, dass die beiden Zellen gemeinsam an der Verdauung der Kieselalge beteiligt sind und erst durch ihre Kooperation – wiederum anthropozentrisch gedacht – in der Lage sind, so große Beuteorganismen zu bewältigen.
Die rechte Teilabbildung zeigt vier Exemplare, zwischen denen sich eine große gemeinsame Vakuole gebildet hat, zu der jede Zelle gleichermaßen beizusteuern scheint.
Zum Schluss noch einige Darstellungen im Phasenkontrast, der die feine Axopodien besonders schön sichtbar macht. Wie kleine Sonnen strahlen die Zellen in ihrem Habitat. Zwischen den beiden rechten Zellen dieser Vierergruppe ist auf der linken Teilabbildung noch eine kräftige Plasmaverbindung ausgebildet. Schon nach kurzer Zeit (ca. 1 Minute) entfernen sich die Zellen voneinander und die plasmatische Verbindung wird länger und dünner, bis sie fast abreißt (untere rechte Teilabbildung).
Neben der bizarren Ästhetik stellen sich mir einige grundlegende Fragen, bei denen ich nicht weiß, ob hierzu überhaupt schon gesicherte Kenntnisse vorliegen.
(a) Wie bilden die Zellen gemeinsame Nahrungsvakuolen aus? Hierzu müssen die Zellmembranen verschiedener Zellen fusionieren, bevor erst eine gemeinsame Vakuole entstehen kann. Das bedeutet, dass die Zellen für einen kurzen Moment ihre strukturelle Integrität verlieren und punktuell aufreißen müssen, damit Membranabschnitte verschmelzen können. Warum laufen die Zellen dabei nicht aus?
(b) Welche biomechanischen Kräfte bewirken die Annäherung der Zellen bzw. das Sich-Entfernen voneinander? Was zieht die beiden Zellen (rechte Teilabbildungen) auseinander, bis die dünner werdende Brücke reißt? Cilien zur Bewegung und vorstreckbare Pseudopodien gibt es nicht.
(c) Wie ist die basale Wahrnehmungsfähigkeit der Zellen biochemisch umgesetzt, die es ihnen erlaubt, bei Kontakt mit ihresgleichen unter bestimmten Bedingungen Fusionsgemeinschaften zu bilden?
Fragen über Fragen – weiß hier jemand mehr? Auch Ergänzungen dieses Fadens durch eigene Beobachtungen und Fotos sind hochwillkommen.
Viele Grüße
Ole
EDIT 14.04.2016 - ergänztes Foto zweier Zellen, unter günstigeren Bedingungen aufgenommen
Zuletzt geändert von Ole am 14. April 2016, 16:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo Ole,
Kompliment zu Deinem Artikel, den ich mit großer Freude gelesen habe !
Deine Aufnahmen sind in meinen Augen „optimal“ ! Ich habe bei Actinophrys sol wiederholt die Beobachtung gemacht, dass es Exemplare gibt, bei denen man die innere Struktur nicht kontrastreich darstellen kann. Deiner Einladung folgend hier zwei Beispiele:
(Gutes Exemplar)
(Schlechtes Exemplar)
Die Aufnahmen entstanden unter vergleichbaren Bedingungen, rein technische, optische Parameter (Schichtdicke, Abstand Objekt-Deckglas) allein scheinen mir für eine Erklärung nicht hinreichend. Die „besten“ Fotos zu dieser Beobachtung habe ich leider apriori als Ausschuss verworfen.
Leider bin ich kein Heliozoen Kenner, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass bei einem Teil der von dir aufgeworfenen Fragen „intelligente“ Biomaterialen mit selbstorganisierenden Eigenschaften eine Rolle spielen. In Schönborn, „Beschalte Amöben“ gibt es z.B. Fotos von „künstlich nachgeahmten Testaceenschalen“ (S. 35), die den natürlichen Bauformen verblüffend ähneln . Diese Gehäuse entstehen selbsttätig, wenn man das Baumaterial in Chlorform suspendiert und dann mit einer Pipette in Wasser einpresst. Bei Ciliaten habe ich gelegentlich eine drastische, spontane Verkleinerung der Zellen durch Abstoßung von Zellmaterial beobachtet. Die Zellwand organisierte sich schlagartig neu und diese Exemplare zeigten keine Störung ihrer Vitalität (Beobachtungszeitraum bis zu einer Stunde). Hinsichtlich der von dir angesprochenen Bewegungen könnte es eine Analogie zu Materialien mit „Memory-Effekt“ geben.
Beste Grüße
Richard
Kompliment zu Deinem Artikel, den ich mit großer Freude gelesen habe !
Deine Aufnahmen sind in meinen Augen „optimal“ ! Ich habe bei Actinophrys sol wiederholt die Beobachtung gemacht, dass es Exemplare gibt, bei denen man die innere Struktur nicht kontrastreich darstellen kann. Deiner Einladung folgend hier zwei Beispiele:
(Gutes Exemplar)
(Schlechtes Exemplar)
Die Aufnahmen entstanden unter vergleichbaren Bedingungen, rein technische, optische Parameter (Schichtdicke, Abstand Objekt-Deckglas) allein scheinen mir für eine Erklärung nicht hinreichend. Die „besten“ Fotos zu dieser Beobachtung habe ich leider apriori als Ausschuss verworfen.
Leider bin ich kein Heliozoen Kenner, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass bei einem Teil der von dir aufgeworfenen Fragen „intelligente“ Biomaterialen mit selbstorganisierenden Eigenschaften eine Rolle spielen. In Schönborn, „Beschalte Amöben“ gibt es z.B. Fotos von „künstlich nachgeahmten Testaceenschalen“ (S. 35), die den natürlichen Bauformen verblüffend ähneln . Diese Gehäuse entstehen selbsttätig, wenn man das Baumaterial in Chlorform suspendiert und dann mit einer Pipette in Wasser einpresst. Bei Ciliaten habe ich gelegentlich eine drastische, spontane Verkleinerung der Zellen durch Abstoßung von Zellmaterial beobachtet. Die Zellwand organisierte sich schlagartig neu und diese Exemplare zeigten keine Störung ihrer Vitalität (Beobachtungszeitraum bis zu einer Stunde). Hinsichtlich der von dir angesprochenen Bewegungen könnte es eine Analogie zu Materialien mit „Memory-Effekt“ geben.
Beste Grüße
Richard
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo Ole und Richard,
Eure Fotos sind ja mal wieder erste Sahne!
Bisher habe ich nur einmal eine Fressgemeinschaft von Heliozoen gefunden. Sozusagen als Kontrapunkt zu Euren Meisterwerken das dabei entstandene Foto, wobei ich vermute, dass es sich bei meinen Tierchen um Raphidiophrys (elegans) handelt:
Herzliche Grüße
Angie
Eure Fotos sind ja mal wieder erste Sahne!
Bisher habe ich nur einmal eine Fressgemeinschaft von Heliozoen gefunden. Sozusagen als Kontrapunkt zu Euren Meisterwerken das dabei entstandene Foto, wobei ich vermute, dass es sich bei meinen Tierchen um Raphidiophrys (elegans) handelt:
Herzliche Grüße
Angie
Der das Kleine in Ehren hält, ist des Großen umso würdiger. (Sprichwort)
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo Angie und Richard,
besten Dank für die interessanten Ergänzungen. Die Sache mit den mehr oder weniger gut zu dokumentierenden Heliozoen spiegelt auch meine Erfahrung wieder. Wenn ich mich richtig entsinne, habe ich auch mal Exemplare gefunden, die den Kernbereich so schön zeigten wie auf Richards erstem Foto - große Klasse!
Angie, Dein Foto ist mitnichten ein Kontrapunkt, sondern eine gute Hellfelddarstellung. Im Gegensatz zu den von mir dokumentierten Verhältnissen bei Actinophrys sind bei Raphidiophrys die Dinge offenbar etwas anders gelagert: Es sind nicht ganze Zellen (partiell) fusioniert, sondern es werden nur breite Plasmabrücken zwischen den Individuen aufgespannt. Die Gemeinschaft wirkt dann wohl wie ein Netz.
Viele Grüße
Ole
besten Dank für die interessanten Ergänzungen. Die Sache mit den mehr oder weniger gut zu dokumentierenden Heliozoen spiegelt auch meine Erfahrung wieder. Wenn ich mich richtig entsinne, habe ich auch mal Exemplare gefunden, die den Kernbereich so schön zeigten wie auf Richards erstem Foto - große Klasse!
Angie, Dein Foto ist mitnichten ein Kontrapunkt, sondern eine gute Hellfelddarstellung. Im Gegensatz zu den von mir dokumentierten Verhältnissen bei Actinophrys sind bei Raphidiophrys die Dinge offenbar etwas anders gelagert: Es sind nicht ganze Zellen (partiell) fusioniert, sondern es werden nur breite Plasmabrücken zwischen den Individuen aufgespannt. Die Gemeinschaft wirkt dann wohl wie ein Netz.
Viele Grüße
Ole
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
@Angie
ich schließe mich Ole an, eine beneidenswerte Beobachtung und ein sehr gutes Bild !
@Ole
Ich erinnere mich dunkel an einen Expertenstreit, bei dem um den Unterschied zwischen
Fress- und Plasmagemeinschaft gerungen wurde.
Richard
ich schließe mich Ole an, eine beneidenswerte Beobachtung und ein sehr gutes Bild !
@Ole
Ich erinnere mich dunkel an einen Expertenstreit, bei dem um den Unterschied zwischen
Fress- und Plasmagemeinschaft gerungen wurde.
Richard
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo Ole,
meinen Glückwunsch zu dem ausgezeichneten Beitrag und den schönen Fotos! Actinophrys sol habe ich auch in meinen Proben sehr häufig, aber ich habe sie noch nicht in so großen Fressgemeinschaften angetroffen. Deine Fragen kann ich auch nur zum Teil beantworten. Das verschmelzen von Zellen ist bei den Protisten ein häufiger Vorgang, z.B. bei der Konjugation.Die Beherrschung der "Membrantechnik" ist ja Grundvoraussetzung für das zelluläre Leben. Man denke nur an die Tätigkeit der kontraktilen Vakuole, wenn sich der Exkretionsporus nach außen öffnet, die Zelle aber nur Wasser ablässt und nicht an dem Porus aufreißt. Wie der genaue Mechanismus ist, kann ich Dir allerdings auch nicht sagen. Was die Annäherung/Entfernung der Zellen zueinander in der Fressgemeinschaft angeht, so haben damit sicher die Axonemen (Achsenfäden) in den Pseudopodien von Actinophrys zu tun. Die Axonema bestehen aus Mikrotubuli und können sich verkürzen und verlängern. Beim verschmelzen greifen sie ineinander wir ungekochte Spagettibündel. Werden die Bündel verkürzt oder schieben sich zusammen, verkürzt sich der Abstand zwischen den Zellen. Das ist mein Kenntnisstand. Ich habe auf Grund Deines Beitrages eine Art Ergänzung über das Sonnentier Raphidiophrys elegans eingestellt (http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=22&t=320. Diese Art wird in Deinem thread auch von Angie gezeigt und bildet auch Fressgemeinschaften. Auf dem letzten Foto meines Beitrages siehst Du die Axonema in den verschmolzenen Axopodien der beteiligten Exemplare.
Schönen Abend!
Martin
meinen Glückwunsch zu dem ausgezeichneten Beitrag und den schönen Fotos! Actinophrys sol habe ich auch in meinen Proben sehr häufig, aber ich habe sie noch nicht in so großen Fressgemeinschaften angetroffen. Deine Fragen kann ich auch nur zum Teil beantworten. Das verschmelzen von Zellen ist bei den Protisten ein häufiger Vorgang, z.B. bei der Konjugation.Die Beherrschung der "Membrantechnik" ist ja Grundvoraussetzung für das zelluläre Leben. Man denke nur an die Tätigkeit der kontraktilen Vakuole, wenn sich der Exkretionsporus nach außen öffnet, die Zelle aber nur Wasser ablässt und nicht an dem Porus aufreißt. Wie der genaue Mechanismus ist, kann ich Dir allerdings auch nicht sagen. Was die Annäherung/Entfernung der Zellen zueinander in der Fressgemeinschaft angeht, so haben damit sicher die Axonemen (Achsenfäden) in den Pseudopodien von Actinophrys zu tun. Die Axonema bestehen aus Mikrotubuli und können sich verkürzen und verlängern. Beim verschmelzen greifen sie ineinander wir ungekochte Spagettibündel. Werden die Bündel verkürzt oder schieben sich zusammen, verkürzt sich der Abstand zwischen den Zellen. Das ist mein Kenntnisstand. Ich habe auf Grund Deines Beitrages eine Art Ergänzung über das Sonnentier Raphidiophrys elegans eingestellt (http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=22&t=320. Diese Art wird in Deinem thread auch von Angie gezeigt und bildet auch Fressgemeinschaften. Auf dem letzten Foto meines Beitrages siehst Du die Axonema in den verschmolzenen Axopodien der beteiligten Exemplare.
Schönen Abend!
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo Ole,
nun habe ich ebenfalls ein fest verschmolzenes Pärchen gefunden:
Worin unterscheidet sich optisch eine Zellteilung von einer Zweier-Fressgemeinschaft?
Herzliche Grüße
Angie
nun habe ich ebenfalls ein fest verschmolzenes Pärchen gefunden:
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo Angie,
vielen Dank für die Ergänzung und Deine Anmerkung, die mich zum Nachdenken gebracht hat. Ja, was unterscheidet Teilungsstadien von Fressgemeinschaften auf den ersten Blick? Mir ist diese Frage auch gekommen, als ich ein Zweierpaar genauer untersucht habe (ich habe das Bild zum ersten Beitrag hinzugefügt). Erstaunlich, wie man dazu tendiert, das zu sehen, was man sehen möchte.
Vermutlich kann man - ohne die Zellen länger zu beobachten - nur so viel sagen, dass dann, wenn deutlich sichtbare Nahrungsbestandteile in gemeinsamen Vakuolen sichtbar sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fressgemeinschaft vorliegt. Ansonsten hilft es wohl nur, die Zellen längere Zeit zu beobachten und schauen, wie sie sich verhalten.
@Richard: Du hattest hinsichtlich der unterschiedlich guten Abbildbarkeit Recht - jetzt habe ich zwei Zellen gefunden, die sehr gut zu fotografieren waren. Ich habe den ersten Beitrag entsprechend ergänzt.
Viele Grüße
Ole
vielen Dank für die Ergänzung und Deine Anmerkung, die mich zum Nachdenken gebracht hat. Ja, was unterscheidet Teilungsstadien von Fressgemeinschaften auf den ersten Blick? Mir ist diese Frage auch gekommen, als ich ein Zweierpaar genauer untersucht habe (ich habe das Bild zum ersten Beitrag hinzugefügt). Erstaunlich, wie man dazu tendiert, das zu sehen, was man sehen möchte.
Vermutlich kann man - ohne die Zellen länger zu beobachten - nur so viel sagen, dass dann, wenn deutlich sichtbare Nahrungsbestandteile in gemeinsamen Vakuolen sichtbar sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fressgemeinschaft vorliegt. Ansonsten hilft es wohl nur, die Zellen längere Zeit zu beobachten und schauen, wie sie sich verhalten.
@Richard: Du hattest hinsichtlich der unterschiedlich guten Abbildbarkeit Recht - jetzt habe ich zwei Zellen gefunden, die sehr gut zu fotografieren waren. Ich habe den ersten Beitrag entsprechend ergänzt.
Viele Grüße
Ole
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Re: Heliozoen-Fressgemeinschaften
Hallo,
sehr schöne Aufnahmen, Ole. Fressgemeinschaften bei Sonnentierchen sind vielfältiger Natur.
Bei Actinophrys sol sind Fressgemeinschaften sehr häufig. Actinophrys sol erzeugt ein Glykoprotein als Klebstoff zum Festhalten und Immobilisieren der Beute, es hilft bei der Verdauung und ist ein Erkennungszeichen für Artgenossen. Wenn sich zwei A. sol Zellen nahe kommen, und eine Zelle Beute in einer noch außen liegenden Nahrungsvakuole hat, dockt die andere Zelle oftmals an. Dabei wird eine Plasmabrücke zur fremden Nahrungsvakuole gebildet. Das sieht dann oft wie Tauziehen aus, mit der Beute in der Mitte Besonders schön ist das bei runder Beute. Nach einem Weilchen verschwinden die Axopodien an der dem Artgenossen zugewandten Seite und die Zellen kommen sich näher, bis sie wie eine "8" erscheinen. Ich denke, dass beide Zellen Nährstoffe aus der Nahrungsvakuole, die jetzt im Cytoplasma beider Zellen liegt, aufnehmen. Welcher Mechanismus die Zellen wieder trennt, weiß ich nicht. Vielleicht die sich wieder bildenden Axoneme? Fressgemeinschaften mit mehr als 3 Zellen sind eher selten - hab ich noch nie gesehen. Es kommt wahrscheinlich auf das Nahrungsangebot an.
Bei Actinosphaerium eichhornii haben wir noch nie Fressgemeinschaften beobachtet. Es gibt aber Berichte darüber. Manchmal kommt es zu Verschmelzungen von Zellen vor der Nahrungsaufnahme, so dass sehr große (3 mm), oftmals wulstige Zeltverbände entstehen (Syncytium). Auf http://www.penard.de ist ein Bild davon. Vermutlich dient dies der Möglichkeit, grössere Beute, wie Muschelkrebse und Wasserflöhe, fangen und festhalten zu können.
Auch die Centroheliden bilden Fressgemeinschaften. In dieser Gruppe gibt es mit Raphidiophrys auch eine Gattung, die regelrechte Kolonien bildet. Wie von Martin gezeigt, verbinden sich hier die Axoneme, was der ganzen Kolonie natürlich Stabilität verleiht.
Herzliche Grüße
Eckhard
sehr schöne Aufnahmen, Ole. Fressgemeinschaften bei Sonnentierchen sind vielfältiger Natur.
Bei Actinophrys sol sind Fressgemeinschaften sehr häufig. Actinophrys sol erzeugt ein Glykoprotein als Klebstoff zum Festhalten und Immobilisieren der Beute, es hilft bei der Verdauung und ist ein Erkennungszeichen für Artgenossen. Wenn sich zwei A. sol Zellen nahe kommen, und eine Zelle Beute in einer noch außen liegenden Nahrungsvakuole hat, dockt die andere Zelle oftmals an. Dabei wird eine Plasmabrücke zur fremden Nahrungsvakuole gebildet. Das sieht dann oft wie Tauziehen aus, mit der Beute in der Mitte Besonders schön ist das bei runder Beute. Nach einem Weilchen verschwinden die Axopodien an der dem Artgenossen zugewandten Seite und die Zellen kommen sich näher, bis sie wie eine "8" erscheinen. Ich denke, dass beide Zellen Nährstoffe aus der Nahrungsvakuole, die jetzt im Cytoplasma beider Zellen liegt, aufnehmen. Welcher Mechanismus die Zellen wieder trennt, weiß ich nicht. Vielleicht die sich wieder bildenden Axoneme? Fressgemeinschaften mit mehr als 3 Zellen sind eher selten - hab ich noch nie gesehen. Es kommt wahrscheinlich auf das Nahrungsangebot an.
Bei Actinosphaerium eichhornii haben wir noch nie Fressgemeinschaften beobachtet. Es gibt aber Berichte darüber. Manchmal kommt es zu Verschmelzungen von Zellen vor der Nahrungsaufnahme, so dass sehr große (3 mm), oftmals wulstige Zeltverbände entstehen (Syncytium). Auf http://www.penard.de ist ein Bild davon. Vermutlich dient dies der Möglichkeit, grössere Beute, wie Muschelkrebse und Wasserflöhe, fangen und festhalten zu können.
Auch die Centroheliden bilden Fressgemeinschaften. In dieser Gruppe gibt es mit Raphidiophrys auch eine Gattung, die regelrechte Kolonien bildet. Wie von Martin gezeigt, verbinden sich hier die Axoneme, was der ganzen Kolonie natürlich Stabilität verleiht.
Herzliche Grüße
Eckhard