Paramecium bursaria

Wimpertiere und Sauginfusorien
Antworten
Nachricht
Autor
Benutzeravatar
paramecium
Beiträge: 552
Registriert: 17. Oktober 2016, 13:48
Hat sich bedankt: 270 Mal
Danksagung erhalten: 273 Mal

Paramecium bursaria

#1 Beitrag von paramecium » 7. Oktober 2019, 20:30

Hallo zusammen,

eine alte Kultur von Wolfgang Grigoleit erfreut sich hier immer noch bester Gesundheit. Vernachlässigt in der Ecke, in meine Obhut gelangt, ein, zweimal umgesetzt, wieder zusammengeführt, vernachlässigt, ... Sie sind kaum kaputt zu bekommen. Seit der Übergabe einer kleinen Probe auf dem Dörnberg 2015 gelangte auch der Rest der Probe auf Umwegen zu mir. Diese Kultur ist nun die älteste aller meiner Paramecien Kulturen, die mir immer wieder mal von Freunden überlassen oder neuerdings auch öfter selbst gefangen werden.

Einige Details zur Vervollständigung des Artenschlüssels. Alle Aufnahmen in schiefer Beleuchtung mit einem Axio Lab.A1 und Zeiss Multi-Immersionsobjektiv 40x/0,9.

Abb 1.: Frei schwimmende Form. Nach erfolgter Quetschpräparation (folgende Abbildungen) muss man für die Bestimmung der Länge etwa 11-14% abziehen.
Bild

Abb 2.: Die Quetschpräparation zeigt die Poren. Hier liegt das Paramecium leider mit dem Mundfeld zum Betrachter.
Bild

Abb 3.: Diese Aufnahme einer Quetschpräparation illustriert die Darstellung der Poren. Da das Paramecium leider mit dem Mundfeld zum Betrachter lag (links), muss man durch die Zelle auf die Rückseite fokussieren. So ist zwar der Kontrast verringert, aber bei transparenteren Exemplaren die Darstellung der Poren dennoch möglich.
Bild
Dateianhänge
P.bursaria-1.jpg
P.bursaria-2.jpg
P.bursaria-3.jpg

spectrum
Beiträge: 25
Registriert: 5. November 2024, 08:53
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Re: Paramecium bursaria

#2 Beitrag von spectrum » 30. Dezember 2024, 11:47

Hallo Thilo,
Ich bin mal so frei und hänge hier ein paar Fluoreszenzaufnahmen von Paramecium bursaria an. Gefärbt wurde mit deiner Doppelfärbung, also Acridinorange und Hoechst 33342.
Anregung mit 365nm LED von Nichia.
Anregungsfilter Metallinterferenzkurzpass 490nm.
Strahlteiler mit 400nm Kante. Das Foto und der erste Teil des Videos wurden mit einem Farbglassperrfilter Langpass 500nm erstellt, im späteren Teil des Videos schalte ich weitere Langpassfilter durch:
IMG_20241222_165459.jpg
IMG_20241222_165459.jpg (75.47 KiB) 767 mal betrachtet
Hier das Video:

https://youtu.be/PBmz3zjeLdI?si=g08ocT9P5Aesx49P

Sollte es besser sein einen eigenen Faden zu dem Thema zu erstellen, dann sag mir kurz Bescheid.
Grüße Holger
Holger (duzen erwünscht)

Benutzeravatar
paramecium
Beiträge: 552
Registriert: 17. Oktober 2016, 13:48
Hat sich bedankt: 270 Mal
Danksagung erhalten: 273 Mal

Re: Paramecium bursaria

#3 Beitrag von paramecium » 13. Januar 2025, 19:06

Hallo Holger,

Tolle Aufnahme. Noch besser funktioniert, der in meinem Artikel beschriebene Triplebandfilter, der die dominante Autofluoreszenz des Chlorophylls unterdrückt. Ein wenig mehr bekommt man heraus, wenn man die Farbkanäle gesondert bearbeitet. Die ersten beiden Aufnahmen habe ich nach Fertigstellung der UV-LED für mein AxioLab.A1 quasi als Testaufnahmen mit einem Plan-Neofluar 40x/0,75 Trockenobjektiv erstellt. Die letzte Aufnahme aus dem Jahr 2018 wurde noch mit einem Zeiss Multi-Immersionsobjektiv 40x/0,9 aufgenommen.

Sehr schön erkennt man die unregelmäßig verteilte DNA im somatischen Macronucleus, der eine "löcherige" Struktur aufweist, während der Micronucleus meist homogen gefärbt erscheint. Derartige Strukturen der gefalteten DNA sind auch in den Zellkernen vieler Hypotricher zu sehen.

Gruß

Thilo

Legende:
Ma - Macronucleus
Mi - Micronucleus
Tr - Trichocysten
cV - kontraktile Vacuole
Ph - Phagosom, Nahrungsvesikel
Chl - Chloroplasten der endosymbiotischen Chlorella
Ac - Acidosom, Vesikel, welche saure Verdauungsenzyme in die Phagosome transportieren


Bilder aus 2016:
P.bursaria-FL.jpg
P.bursaria-FL.jpg (1.11 MiB) 640 mal betrachtet
P.bursaria.contrast.jpg
P.bursaria.contrast.jpg (240.12 KiB) 638 mal betrachtet
Experiment mit Zeiss Multi-Immersionsobjektiv 40x/0,9.
Paramecium-bursaria-water-immersion.jpg
Paramecium-bursaria-water-immersion.jpg (300.58 KiB) 638 mal betrachtet

spectrum
Beiträge: 25
Registriert: 5. November 2024, 08:53
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Re: Paramecium bursaria

#4 Beitrag von spectrum » 14. Januar 2025, 20:31

Danke Thilo,
Das motiviert!
Super auch deine beschrifteten Aufnahmen. Bei den grün gefärbten Kompartimente handelt es sich also um Nahrungsvesikel/Phagosome.
Eine bearbeitete Version des Videos gibt es auch:
https://youtu.be/PTLkw34MlgQ?si=-bxvBpcaEPDp4JGt
Hier wurden mittels Gradationskurve die einzelnen Farben angehoben, und die Tönung des Hintergrundes durch Restanteile des Anregungslichtes beseitigt. Allerdings habe ich nicht nach einzelnen Farbkanälen sortiert. Wie mache ich das sinnvollerweise am besten ohne das ich Artefakte produziere?
Ist es besser sich da "sanft" über die Gradation der einzelnen Farbkanäle heranzutasten oder werden da einfach die beiden anderen Farbkanäle ausgeblendet?
Grüße Holger
Zuletzt geändert von spectrum am 15. Januar 2025, 17:40, insgesamt 1-mal geändert.
Holger (duzen erwünscht)

Benutzeravatar
paramecium
Beiträge: 552
Registriert: 17. Oktober 2016, 13:48
Hat sich bedankt: 270 Mal
Danksagung erhalten: 273 Mal

Re: Paramecium bursaria

#5 Beitrag von paramecium » 15. Januar 2025, 12:45

Hallo Holger,

da muss ich passen. Video (aber auch JPEG Kompression bei Still-Foto) sind für eine gute Darstellung und Nachbearbeitung von Fluoreszenzaufnahmen denkbar ungeeignet. Die geringe Quantenausbeute und nicht-lineare Vorverarbeitung in der Kamera bedingen hier unterschiedliche Dynamik und Unterabstastung in den einzelnen Farbkanälen und zudem keine lineare Beziehung in den Farbkanälen. Über dem Signal liegt bereits eine Gamma-Korrektur (vermutlich gamma=1.8). Zudem erschweren starke Kompressionsartefakte die Nachbearbeitung. Das hängt auch vom verwendeten Videoformat ab.

Am besten wählt man für die Fluoreszenz Werte um ISO 400 und Camera RAW. Hier liegt die Quantenkonversion bei 1, dh. eine Graustufe entspricht etwa einem Photo-Quant bei einer typischen Canon EOS mit 14 Bit Sensor Bittiefe. Höhere ISO Werte verringern die Dynamik, bei niedrigeren kann die Lichtmenge eventuell nicht ausreichen, um mit normalen Programmen (wie Photoshop) nachzubearbeiten.

Ich benutze eine eigens entwickelte Software für die wissenschaftliche Fotografie und gehe manchen DSLR Herstellern aus dem Weg, die in ihren Kameras Rauschwerte durch ungünstige, automatische Biasjustage in der Kamera z.T. grotesk vermindern (Clipping von negativen Werten). So käme mir aus diesem Grund beispielsweise keine Nikon Kamera ins Haus.

Das sind Lektionen aus der genauen Vermessung und Rauschanalyse diverser digitaler Kameras, um deren Eignung für die Mikroskopie und Astronomie zu verifizieren. Das ist so ein Neben-Kriegsschauplatz in der Beschäftigung mit der Materie, die ich über die Jahre zum Teil in Vorträgen und Beiträgen zur Astronomie dokumentierte.

Viele Grüße

Thilo

spectrum
Beiträge: 25
Registriert: 5. November 2024, 08:53
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Re: Paramecium bursaria

#6 Beitrag von spectrum » 15. Januar 2025, 22:59

Alles klar Thilo,
Dann weiß ich ja schonmal in welche Richtung es geht, zumindest was Fotos angeht. Das gezeigte Still Bild wurde übrigens mit Iso4000, 1/3s mit meiner Sony a6500 aufgenommen. Man sieht schon recht deutlich die von dir angesprochenen Einschränkungen des Dynamikbereichs. Die Farbabstufungen deiner Aufnahmen sind deutlich differenzierter. Ich habe mir mal erlaubt einzelne Farbkanäle zu bearbeiten.
Kritik erwünscht.
Aufnahmen mit Iso400 sind doch aber nur bei bewegungsunfähigen Exemplaren möglich, oder?
Welche Belichtungzeiten/Isowerte erreichst du denn so mit UV Anregung?
Da spielt doch dann auch die Bewegungsunschärfe eine Rolle, zumindest bei meiner Ausrüstung ist das so.
Und wie erstellst du deine Videos?
Aber ich will diesen Beitrag nicht mit technischen Detailfragen überfrachten. Auch wenn diese bei Fluoreszenzaufnahmen sicher eine wesentliche Rolle spielen. (Dazu schreibe ich dir besser mal eine PN, oder?)
Paramecium bursaria ist meiner Meinung aber ein guter Modellorganismus um in das Thema Weitfeld-Fluoreszenz/Lebendfärbung einzusteigen.
Meine Kultur stammt übrigens nach allem was ich weiß ursprünglich wohl von dir. Sie fand ihren Weg nach einem Zwischenstop im Thüringen Wald bis zu mir in den Südharz.
Die Welt ist manchmal klein, selbst für Einzeller.
Beste Grüße Holger
Holger (duzen erwünscht)

spectrum
Beiträge: 25
Registriert: 5. November 2024, 08:53
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Re: Paramecium bursaria

#7 Beitrag von spectrum » 15. Januar 2025, 23:51

IMG_20250115_222309.jpg
IMG_20250115_222309.jpg (193.16 KiB) 595 mal betrachtet
Dateianhänge
IMG_20250115_234942.jpg
IMG_20250115_234942.jpg (210.6 KiB) 595 mal betrachtet
IMG_20250115_222604.jpg
IMG_20250115_222604.jpg (108.82 KiB) 595 mal betrachtet
Holger (duzen erwünscht)

Benutzeravatar
paramecium
Beiträge: 552
Registriert: 17. Oktober 2016, 13:48
Hat sich bedankt: 270 Mal
Danksagung erhalten: 273 Mal

Re: Paramecium bursaria

#8 Beitrag von paramecium » 19. Januar 2025, 10:02

Hallo Holger,

meine Einstellungen liegen typisch bei ISO 1600 mit Belichtungszeiten um 1/100s.

Viele Grüße

Thilo

spectrum
Beiträge: 25
Registriert: 5. November 2024, 08:53
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Re: Paramecium bursaria

#9 Beitrag von spectrum » 19. Januar 2025, 21:24

Vielen Dank für deine Ausführungen und die Angabe der verwendeten Belichtungszeiten/ Iso Werte. Sobald ich wieder Zeit finde mich erneut ans Mikroskop zu setzen, werde ich dann mal durchprobieren was meine Ausrüstung diesbezüglich hergibt.
Beste Grüße Holger
Holger (duzen erwünscht)

Benutzeravatar
paramecium
Beiträge: 552
Registriert: 17. Oktober 2016, 13:48
Hat sich bedankt: 270 Mal
Danksagung erhalten: 273 Mal

Re: Paramecium bursaria

#10 Beitrag von paramecium » 22. Januar 2025, 21:29

Ich bin neugierig: Welches Mikroskop und welche Modifikationnutzt Du denn für Fluoreszenzaufnahmen?

spectrum
Beiträge: 25
Registriert: 5. November 2024, 08:53
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Re: Paramecium bursaria

#11 Beitrag von spectrum » 23. Januar 2025, 00:59

Hallo Thilo,
Ich nutze eine ziemlich eigenwillige Konstruktion eines alten Zeiss West Mikroskops aus der "Standard-Reihe" mit einer alten Version eines Auflichtkondensors der sich auch für Auflicht Fluoreszenz eignet: Vorteil an diesem Dinosaurier ist die Möglichkeit den Anregungsfilter, Dichroit und Sperrfilterkassette schnell und unabhängig voneinander austauschen zu können. Ich habe etliche verschiedene Filter zum Anpassen/Durchprobieren, die ich günstig erstehen konnte.
Zum Beleuchten nutze ich diverse Farb-LED's (365nm, 385nm, 405nm, 440nm, 467nm, 530nm)
Die Objektive sind endlich Optiken von Nikon, aus den 90ern. Meist Fluorid-Systeme oder Planapos.
Dieser zusammengefrickelte Eigenbau funktioniert erstaunlich gut, wenn man die richtigen Komponenten kombiniert und an das Fluorochrom anpasst.
IMG_20250114_153909.jpg
IMG_20250114_153909.jpg (248.5 KiB) 391 mal betrachtet
LG Holger
Holger (duzen erwünscht)

Antworten