Liebe Tümpler,
nachdem ich meine Kulturen von Blepharisma americanum vor einer Weile wieder beleben konnte, gelangen mir an diesem Wochenende einige sehr nette Aufnahmen von Zellteilungen und der Verdauung ihrer Lieblingsbeute, Colpidium striatum.
Aufgrund der enormen Größe dieser Blepharisma Art wurden die hier gezeigten Aufnahmen mit einem LCI Plan-Apochromat 25x/0,8 gewonnen. Lediglich die Detailaufnahme der Toxicysten wurde mit einem C-Apochromat 40x/1,2 W in hoher Auflösung aufgenommen. Das dort gezeigte Individuum war eine kleine Teilungsform, machte während der Aufnahme einen "Buckel" und schwamm um die Kurve, weswegen es trotz der hohen Vergrößerung verhältnismäßig klein erscheint. Die Größe der kleinen "Monster" beträgt um die 400 µm, also knapp ein halber Millimeter. Die längeren schlanken Formen sind meist Teilungsformen. Daneben gibt es bei dieser Art Hungerformen, Kannibalismus, deutlich größere Formen, aber auch Zwergformen, die meist ein Absterben der Kultur ankündigen und die Notwendigkeit die Kultur sofort umzusetzen.
Viel Spaß beim Anschauen!
Thilo
Bild 1: Blepharisma americanum schwimmt neben seiner Lieblingsbeute.
Bild 2: Blepharisma americanum mit einem gefressenen Colpidium schwimmt neben einem weiteren Exemplar her. Offenbar erbeuten Sie die Colpidien mit einem großen Schluck Wasser. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war das Colpidium von einer übergroßen Nahrungsvakuole umschlossen und schwamm noch in dieser umher, bis die Verdauung endlich einsetze und die Zelle auflöste.
Bild 3: Blick auf die pelliculären, sauren Organellen (Toxicysten) welche die Toxine zur Feindabwehr enthalten. Lichtmikroskopisch erscheinen diese Organellen dunkelviolett und geben den verschiedenen Blepharisma Arten ihre typische violette Farbe. Die verschiedenen bisher isolierten Toxine werden nach der Gattung Blepharismine genannt und führen beim Kontakt mit dem ausgestoßenen Toxinen rasch zum Tod anderer Ciliaten. Auch in der Region des Mundfelds sind diese Toxicysten angeordnet. Das lebende, erbeutete Colpidium in der Nahrungsvakuole lässt jedoch Zweifel offen, dass diese Toxine immer zum sofortigen Tod oder der Lähmung anderer Ciliaten führen. Colpidium ist selbst mit ähnlichen Organellen bewaffnet. Eventuell ist dies ein Grund, weshalb sie mit einem ordentlichen Schluck Wasser ingestiert werden. Der Krieg und die Abwehrmechanismen auf diesen Skalen sind unerbittlich und haben viele Facetten.
Bild 4: Eine Zellteilung im Hellfeld. Die undulierende Membran der beiden Tochterzellen ist hier sehr gut zu erkennen.
Bild 5: Die gleichen Individuen mit Färbung des Acridinorange und Blauanregung aufgenommen. Acridinorange färbt saure, sub-pelliculäre Toxicysten an. Ähnliche Reaktionen erhält man bei Spirostomum Arten, einer nahe verwandten Gattung der Heterotrichen. Die Färbung basiert auf dem Effekt der Ionenfalle und kann je nach Konzentration des Acridinorange zwischen grün und kräftigem Rot erscheinen.
Bild 6: Färbung mit Hoechst 33342 zeigt den moniliformen Zellkern und die dünne Kernmembran, die die einzelnen Kernfragmente umschließt.
Kleine Monster und ihre Beute
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Re: Kleine Monster und ihre Beute
Lieber Thilo,
sehr schöne Bilder und interessante Informationen. Ist Dir aufgefallen, dass Martin Kreutz Belpharisma americanum auch gerade auf seiner im Werden begriffenen Webseite aufgenommen hat? Hier der Link: https://realmicrolife.com/blepharisma-americanum/
Grüße
Stephan
sehr schöne Bilder und interessante Informationen. Ist Dir aufgefallen, dass Martin Kreutz Belpharisma americanum auch gerade auf seiner im Werden begriffenen Webseite aufgenommen hat? Hier der Link: https://realmicrolife.com/blepharisma-americanum/
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Re: Kleine Monster und ihre Beute
Hallo Thilo,
ein wirklich interessantes Monster, und gut dokumentiert. Habe diesen Ciliaten schon lange nicht mehr unter der Linse gehabt. Danke Dir fürs zeigen!
Grüße vom,
Michael
ein wirklich interessantes Monster, und gut dokumentiert. Habe diesen Ciliaten schon lange nicht mehr unter der Linse gehabt. Danke Dir fürs zeigen!
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Re: Kleine Monster und ihre Beute
Hallo Thilo,
sehr schöne Aufnahmen zeigst Du da von Blepharisma americanum! Besonders das Bild 3 mit dem Blick auf die Zelloberfläche und den in parallelen Reihen angeordneten Toxicysten gefällt mir sehr gut! Hier sieht es so aus, dass diese aus einer dichteren Anordnung innerhalb einer Reihe mit angrenzenden, mehreren parallenen Reihen mit weniger dichter Anordnung bestehen. Zwischen diesen "Reihenbündeln" befindet sich ist eine schmale Zone, ohne Toxicysten.
Beste Grüße
Ralf
sehr schöne Aufnahmen zeigst Du da von Blepharisma americanum! Besonders das Bild 3 mit dem Blick auf die Zelloberfläche und den in parallelen Reihen angeordneten Toxicysten gefällt mir sehr gut! Hier sieht es so aus, dass diese aus einer dichteren Anordnung innerhalb einer Reihe mit angrenzenden, mehreren parallenen Reihen mit weniger dichter Anordnung bestehen. Zwischen diesen "Reihenbündeln" befindet sich ist eine schmale Zone, ohne Toxicysten.
Beste Grüße
Ralf
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Re: Kleine Monster und ihre Beute
Hallo Ralf,
in der Tat sind die ausgelassenen Passagen vermutlich Falten in der Pellicula, aus denen die Cilien heraus ragen. Ich habe für deren Darstellung noch eine andere Detailansicht aus dem Photo gewählt. Inaba et al. (1958) zeigen entsprechende elektronen-mikroskopische Ansichten in ihrer Arbeit von Querschnitten durch die Pellicula mit der pigmentierten Granula. Man sieht in der Aufnahme offenbar auch einige Fibrillen. Die gezeigten Bilder sehen so aus, als würden die Cilien aus solchen Hautfalten der Pellicula ragen.
Literatur:
Inaba, F., Nakamura, R., & Yamaguchi, S. (1958). An electron-microscopic study on the pigment granules of Blepharisma. Cytologia, 23(1), 72-79.
Viele Grüße
Thilo
Bild 1: Ausschnitt der pigmentierten Zelloberfläche mit den Cilien (Pfeile) von Blepharisma americanum.
Bild 2: Elektronen-mikroskopische Studie eines Querschnitts durch die Zelloberfläche. Abbildung aus Inaba et al. (1958). Sichtbar sind die außere Pellicula (p), einige Cilien (c), pigmentierte Granula (gg), Mitochondrien (m) und eine fibrillenähnliche Struktur (Pfeil).
in der Tat sind die ausgelassenen Passagen vermutlich Falten in der Pellicula, aus denen die Cilien heraus ragen. Ich habe für deren Darstellung noch eine andere Detailansicht aus dem Photo gewählt. Inaba et al. (1958) zeigen entsprechende elektronen-mikroskopische Ansichten in ihrer Arbeit von Querschnitten durch die Pellicula mit der pigmentierten Granula. Man sieht in der Aufnahme offenbar auch einige Fibrillen. Die gezeigten Bilder sehen so aus, als würden die Cilien aus solchen Hautfalten der Pellicula ragen.
Literatur:
Inaba, F., Nakamura, R., & Yamaguchi, S. (1958). An electron-microscopic study on the pigment granules of Blepharisma. Cytologia, 23(1), 72-79.
Viele Grüße
Thilo
Bild 1: Ausschnitt der pigmentierten Zelloberfläche mit den Cilien (Pfeile) von Blepharisma americanum.
Bild 2: Elektronen-mikroskopische Studie eines Querschnitts durch die Zelloberfläche. Abbildung aus Inaba et al. (1958). Sichtbar sind die außere Pellicula (p), einige Cilien (c), pigmentierte Granula (gg), Mitochondrien (m) und eine fibrillenähnliche Struktur (Pfeil).