Liebe Rädertierkenner,
inspiriert durch Martins schönen Fund von Platyias quadricornis und Richards und Angies Ergänzungen habe ich mich daran erinnert, dass ich noch alte Dauerpräparate zahlreicher Rotatorien habe, die ich vor Jahren mal hergestellt hatte. Es ging uns damals mehr um die Darstellung des Räderorgans der Rädertiere im Rasterelektronenmikroskop. Dafür war es wichtig, die Objekte vor der Fixierung möglichst im gestreckten Zustand zu fixieren. Dies bekamen wir mehr oder weniger gut hin, in dem die Rotatorien mit kohlensäurereichem Wasser (Sprudelwasser) betäubt und dann ganz schnell mit einem winzigen Tropfen Osmiumtetroxid, wie es für die Elektronenmikroskopie gebräuchlich ist, abgetötet wurden. Da ich ohnehin schon damals angefangen hatte, nach und nach eine Sammlung mariner Nematoden als Formol-fixierte Glycerin-Dauerpräparate zu erstellen, habe ich einige Rädertiere ebenfalls so verarbeitet. Dies funktionierte besonders bei loricaten, also den gepanzerten Arten, sehr gut. Das Osmiumtetroxid hatte den zusätzlichen Vorteil, dass die inneren Organsysteme in differenzierter Abstufung bräunlich kontrastiert und damit besser sichtbar wurden. Insbesondere Kerne treten deutlich hervor.
Martin hatte in seinem Beitrag die zu P. quadricornis nahe verwandte Art Plationus patulus schon erwähnt. Ich zeige sie im Folgenden mit einigen Abbildungen als fixiertes Exemplar in einem ca. 6 Jahre alten Dauerpräparat.
Schön erkennbar sind die frontalen und caudalen Dornen des ausgeprägten Rumpfpanzers sowie die runde Austrittstelle des Fußes durch den Panzer. In der linken Abbildung liegt die Schärfe teilweise auf den Ornamenten des Panzers, rechts mehr in der Ebene der inneren Organsysteme. Markant treten die Hartteile des Mastax sowie die rundlichen Magendrüsen hervor.
Bei höherer Vergrößerung bekommt man einen Eindruck von der Komplexität des aus mehreren bewimperten Lappen aufgebauten Räderorgans (links). Quergestreifte Retraktormuskeln ziehen das Räderorgan bei Störung in den Rumpfpanzer zurück. Das Dauerpräparat macht es möglich: scharfe Abbildung der Cilien bei 1/30 sek. Belichtungszeit. Rechts noch einmal in höherer Vergrößerung der Fuß mit Zehen, der von zwei Caudaldornen flankiert wird.
Abschließend die dorso-ventral stärker abgeflachte Platyias quadricornis, die Martin schon gezeigt hatte, diesmal jedoch fixiert im Dauerpräparat (links Ventralansicht, rechts Dorsalansicht – das Exemplar liegt im Präparat mit der Ventralseite zum Objektiv).
Alle Fotos am Zeiss Axioplan im DIK, Objektive Plan Neofluar 20/0,50 und 40/0,75, 2x Sigma Apo Telekonverter und Canon EOS 700D.
Viele Grüße
Ole
Plationus patulus - mal etwas anders
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Re: Plationus patulus - mal etwas anders
Hallo Ole,
was Du schon alles eingelegt hast! Aber die Präparate sind gut. Das Osmiumtetraoxid ist schon ein Höllenzzeug, das alles einfriert. Aber ich stehe weiter auf in vivo. Ich finde, die gläserne Transparenz der Viecher kommt in Lebendpräparaten auch besser zur Geltung.
Ist die Gattung Platyias inzwischen umbenannt worden in Plationus oder ist die Art patulus abgetrennt worden in eine neue Gattung. Ich weiß es nicht! Ich muss zugeben, dass ich meist noch in den alther gebrachten Bezeichnungen verharre. Ich weiß dann wenigstens, welches Vieh gemeint ist!
Martin
was Du schon alles eingelegt hast! Aber die Präparate sind gut. Das Osmiumtetraoxid ist schon ein Höllenzzeug, das alles einfriert. Aber ich stehe weiter auf in vivo. Ich finde, die gläserne Transparenz der Viecher kommt in Lebendpräparaten auch besser zur Geltung.
Ist die Gattung Platyias inzwischen umbenannt worden in Plationus oder ist die Art patulus abgetrennt worden in eine neue Gattung. Ich weiß es nicht! Ich muss zugeben, dass ich meist noch in den alther gebrachten Bezeichnungen verharre. Ich weiß dann wenigstens, welches Vieh gemeint ist!
Martin
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Re: Plationus patulus - mal etwas anders
Hallo Ole,
vielen Dank, dass Du uns diese wundervollen Präparate gezeigt hast.
Besonders interessant fand ich, dass Du die Überlegenheit von Osmiumtetroxyd gegenüber der einfachen Formol-Fixierung aufzeigst. Nach einer CO2-Narkose ist mir nie eine befriedigende Fixierung mit Formol gelungen - die Rädertiere waren immer noch schneller als das Formol. In http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=45&t=304 habe ich einige Versuche beschrieben, wie eine expandierte Fixierung mit Formol gelingen kann (Narkotisierung mit MgCl2 und Fixierung in der "Aufwachphase"). OsO4 ist sicherlich bequemer.
Schön finde ich auch, dass gleichzeitig eine Gewebefärbung erfolgt, die für genauere anatomische Untersuchungen sicherlich von Vorteil ist. Soviel ich weiß, werden aber Kerne und Plasma bei OsO4 gefärbt. Die Kernfärbung unterscheidet sich bestenfalls leicht im Farbton. Deshalb wurden i. A. Kernfärbungen mit Methygrün, Safranin od. Karmin an eine OsO4-Färbung angeschlossen. In Deinen Fotos kann ich auch keine Kerne erkennen.
Noch eine Frage zur Präparation: Lässt Du beim Überführen ins Glyzerin die Lösung offen Eindampfen oder entfernst Du die letzten Wasser-Reste mit einem Exsikkator?
Nochmals viele Dank für Deinen schönen Beitrag,
Michael
vielen Dank, dass Du uns diese wundervollen Präparate gezeigt hast.
Besonders interessant fand ich, dass Du die Überlegenheit von Osmiumtetroxyd gegenüber der einfachen Formol-Fixierung aufzeigst. Nach einer CO2-Narkose ist mir nie eine befriedigende Fixierung mit Formol gelungen - die Rädertiere waren immer noch schneller als das Formol. In http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=45&t=304 habe ich einige Versuche beschrieben, wie eine expandierte Fixierung mit Formol gelingen kann (Narkotisierung mit MgCl2 und Fixierung in der "Aufwachphase"). OsO4 ist sicherlich bequemer.
Schön finde ich auch, dass gleichzeitig eine Gewebefärbung erfolgt, die für genauere anatomische Untersuchungen sicherlich von Vorteil ist. Soviel ich weiß, werden aber Kerne und Plasma bei OsO4 gefärbt. Die Kernfärbung unterscheidet sich bestenfalls leicht im Farbton. Deshalb wurden i. A. Kernfärbungen mit Methygrün, Safranin od. Karmin an eine OsO4-Färbung angeschlossen. In Deinen Fotos kann ich auch keine Kerne erkennen.
Noch eine Frage zur Präparation: Lässt Du beim Überführen ins Glyzerin die Lösung offen Eindampfen oder entfernst Du die letzten Wasser-Reste mit einem Exsikkator?
Nochmals viele Dank für Deinen schönen Beitrag,
Michael
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Re: Plationus patulus - mal etwas anders
Hallo Ole,
vielen Dank für diesen Beitrag, bei dem mich die positive Qualität der Fixierung sehr erstaunt hat !
Für Experimente im Amateuerbereich ist Osmiumtetroxid einerseits wegen der Risiken bei der Anwendung und der hohen Kosten andererseits leider nur bedingt tauglich. Aber ich würde mich gerne Michael anschließen, und Detailinformationen zur Einbettungstechnik erhalten, die wohl wesentlichen Anteil am verblüffenden (Langzeit)resultat haben dürfte.
Viele Grüße
Richard
vielen Dank für diesen Beitrag, bei dem mich die positive Qualität der Fixierung sehr erstaunt hat !
Für Experimente im Amateuerbereich ist Osmiumtetroxid einerseits wegen der Risiken bei der Anwendung und der hohen Kosten andererseits leider nur bedingt tauglich. Aber ich würde mich gerne Michael anschließen, und Detailinformationen zur Einbettungstechnik erhalten, die wohl wesentlichen Anteil am verblüffenden (Langzeit)resultat haben dürfte.
Viele Grüße
Richard
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Re: Plationus patulus - mal etwas anders
Hallo,
vielen Dank für Euer Interesse! Hier noch einige Ergänzungen:
@ Martin: ja, P. patulus wird jetzt zur neu geschaffenen Gattung Plationus gezählt, wir meinen aber dieselbe Art. Hinsichtlich Transparenz hast Du natürlich recht; die Dauerpräparate sind jedoch bei wertvollen Typus-Exemplaren (die ich nicht besitze!) und auch für lang andauernde Beobachtungen sinnvoll. Gerade bei den Nematoden-Experten beruht die genauere systematische Arbeit fast ausschließlich auf fixiertem Material im Dauerpräparat. Ich gebe aber gerne zu, dass die glasartig durchsichtigen Rädertiere im fixierten Zustand ästhetisch deutlich leiden.
@ Michael und Richard: klar, im Amateurbereich ohne Abzug ist die Nutzung von Osmiumtetroxid natürlich unmöglich. Ich konnte damals auf ein Labor zurück greifen. Die Fixierung erfolgte übrigens nach der Behandlung mit Osmiumtetroxid ganz klassisch mit Formol. Michael, Du hast recht - das Osmiumtetroxid färbt sowohl die Gewebe als auch die Kerne an, die Kerne erscheinen jedoch leicht dunkler. Die Wasser- und Alkoholreste lasse ich vor der Überführung ins reine Glycerin verdampfen; ein Exsikkator kommt nicht zum Einsatz.
Viele Grüße
Ole
vielen Dank für Euer Interesse! Hier noch einige Ergänzungen:
@ Martin: ja, P. patulus wird jetzt zur neu geschaffenen Gattung Plationus gezählt, wir meinen aber dieselbe Art. Hinsichtlich Transparenz hast Du natürlich recht; die Dauerpräparate sind jedoch bei wertvollen Typus-Exemplaren (die ich nicht besitze!) und auch für lang andauernde Beobachtungen sinnvoll. Gerade bei den Nematoden-Experten beruht die genauere systematische Arbeit fast ausschließlich auf fixiertem Material im Dauerpräparat. Ich gebe aber gerne zu, dass die glasartig durchsichtigen Rädertiere im fixierten Zustand ästhetisch deutlich leiden.
@ Michael und Richard: klar, im Amateurbereich ohne Abzug ist die Nutzung von Osmiumtetroxid natürlich unmöglich. Ich konnte damals auf ein Labor zurück greifen. Die Fixierung erfolgte übrigens nach der Behandlung mit Osmiumtetroxid ganz klassisch mit Formol. Michael, Du hast recht - das Osmiumtetroxid färbt sowohl die Gewebe als auch die Kerne an, die Kerne erscheinen jedoch leicht dunkler. Die Wasser- und Alkoholreste lasse ich vor der Überführung ins reine Glycerin verdampfen; ein Exsikkator kommt nicht zum Einsatz.
Viele Grüße
Ole