Gastrotrichenfauna II: Chaetonotus maximus und Ch. laroides

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Michael
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Gastrotrichenfauna II: Chaetonotus maximus und Ch. laroides

#1 Beitrag von Michael » 12. Mai 2017, 12:48

Die Gastrotrichenfauna meines Gartenteichs II - Chaetonotus maximus und Ch. laroides

Hallo in die Runde,

im zweiten Teil der Reihe über die Gastrotrichenfauna meines Gartenteichs stelle ich heute zwei sehr ähnliche und daher leicht zu verwechselnden Arten vor: Chaetonotus maximus und Chaetonotus laroides.

2. Chaetonotus (Chaetonotus) maximus (EHRENBERG, 1831) ZELINKA 1889
Ch. maximus ist einer der häufigsten Gastrotrichen und kommt weltweit zwischen Wasserpflanzen vor. Ursprünglich von Ehrenberg 1831 als ersten Gastrotrichen überhaupt beschrieben wurde er 1889 systematisch von Zelinka untersucht und als "Prototyp" seiner immer noch sehr lesenswerten Gastrotrichen-Monographie [1] vorgestellt.

Bild
Bild 1: Ch. maximus, PL40; unterschiedliche Schärfeebenen von A: dorsal bis E: ventral

Diese ca. 120 µm-230 µm große Art hat die typische schlanke, schuhsohlenförmige Gestalt mit deutlich fünflappigem Kopf der meisten Gastrotrichen und ist vollständig mit Schuppen bedeckt. Die Schuppen auf dem Rücken sind mit ca. 10 µm langen, hohlen Stacheln besetzt (Bild 1A) während die Länge der Halsstacheln je nach Population stark variiert. Bei dem gezeigten Exemplar ist die Länge der Halsstacheln nahezu Null. Geht man mit dem Fokus auf die Körperoberfläche, erkennt man die mehr oder weniger zugespitzten und distal ausgeschnittenen, kiellosen Schuppen (Bild 1B). Da die Schuppen recht stark überlappen, ist die genaue Form der Schuppen so nicht zu erfassen. Bild 1C zeigt die Fokusebene in der Mitte des Körpers und gibt eine Vorstellung von der inneren Anatomie dieses typischen Gastrotrichen. Einzelheiten habe ich bereits in dem vorherigen Gastrotrichenbeitrags besprochen (http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=46&t=567). Man erkennt die ausgeprägten Kopfplatten (Kephalion und Pleuren) mit den typischen Wimpernbüschel zwischen den Platten. Bild 1D legt den Fokus auf die beiden Wimpernbänder, die sich am Kopf stark annähern. Unterhalb den Mundes erkennt man das zweiteilige Hypostomium und die Ansatzstellen der oralen Wimpernbüschel.
In Bild 1E liegt der Fokus auf der ventralen Beschuppung, die charakteristisch für die Art ist. Unterhalb des Pharynx erkennt man die für Ch. maximus typischen rechteckigen Querbänder. Schwank [2] gibt deren Anzahl mit 9 an, die Zahl scheint mir aber variabel zu sein. Bei einige Exemplaren habe ich bis zu 18 Stück gezählt. Am Hinterende erkennt man die für diesen Formenkreis typischen großen Terminalplatten. Das ventrale Zwischenfeld zwischen den Terminalplatten und den Querbändern ist mit kleinen, ovalen Kielschuppen bedeckt.

Um die Art sicher von den anderen, sehr ähnlichen sicher abzugrenzen, ist eine genauere Schuppenanalyse nötig. Mit etwas Glück ist auch bei einem lebenden Exemplar ein genauere Blick auf die Ventral-Seite möglich. Entdeckt man unter dem Pharynx die charakteristischen Querspangen, ist die Art eindeutig bestimmt. Leider täuscht die Muskelbänderung des Pharynx oft solche Querbänder vor, so dass eine sichere Diagnose so meist nicht möglich ist.

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Bild 2: Ch. maximus, PL100; ventrale Beschuppung

Interessant finde ich, dass der Übergang zwischen den runden Schuppen am Hinterende und den Querbändern nicht abrupt erfolgt, sondern ein Verschmelzen von zwei Einzelschuppen zu beobachten ist. Erst einige Reihen weiter verschmilzt auch die dritte Einzelschuppe und es bilden sich die beschriebenen Querbänder.
Wenn eine Beobachtung der Beschuppung des ventralen Zwichenfeldes nicht möglich ist, bleibt zur Artbestimmung nur die exakte Schuppenanalyse.

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Bild 3: Ch. maximus, PL100; Einzelschuppen; A,C,D,E: Rumpfschuppen; B: Terminalplatte; F: laterale Schuppe

Charakteristisch für Ch. maximus ist, dass die Schuppen wappenschildförmig und distal stark ausgeschnitten sind. Im Ausschnitt ist manchmal noch eine dünne Lamelle zu sehen, die den Ausschnitt aber nie vollständig füllt. Die Form der Terminalplatte ist für diesen gesamten Formenkreis typisch und legt deshalb die Art nicht eindeutig fest. Das dorsale Hinterende ist mit einem Feld kurzstachliger, meist dreieckiger Spezialschuppen bedeckt:

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Bild 4: Ch. maximus, PL100; Feld mit Spezialstacheln am dorsalen Hinterende

Als letztes noch ein Bild dieser Art in der postparthenogenetischen Phase mit X-Organ (x) und Spermienpaketen (Sp) (vergl. http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=46&t=487):

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Bild 5: Ch. maximus, PL40; postparthenogenetischen Phase mit X-Organ (x) und Spermienpaketen (Sp)



3. Chaetonotus (Chaetonotus) loroides MARCOLONGO 1910

Ch. laroides ist auf den ersten (und zweiten, und dritten ...) Blick sehr leicht mit dem oben beschriebenen Ch. maximus zu verwechseln. Deshalb möchte ich nur die Unterschiede zu dem ansonsten äußerlich völlig gleichem Ch. maximus aufzeigen:

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Bild 6: Ch. laroides, PL100; Beschuppung ventrales Zwischenfeld

Bei Ch. laroides ist das gesamte ventrale Zwischenfeld - auch die Region unterhalb des Pharynx - mit runden Kielschuppen bedeckt. Es treten keine Querspangen auf.

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Bild 7: Ch. laroides, PL100; Einzelschuppen; B: Rückenschuppe: C: Rückenschuppe lateral; D: Kielschüppchen aus den ventralen Zwischenfeld; E: Terminalplatte

Die Schuppen von Ch. laroides sind wappenschildförming und, im Gegensatz zu Ch. maximus, ohne einen distalen Ausschnitt. Die Anordnung der Schuppen und deren Überlappung ist in einer entsprechenden Präparation recht gut zu sehen:

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Bild 8: Ch. laroides, PL40; Schuppenanordnung; mazeriert mit Essigsäure, Eosin

Auch bei dieser Art habe ich einige Exemplare in der postparthenogenetischen Phase gefunden. Besonders interessant fand ich die Lateralansicht des X-Organs:

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Bild 9: Ch. laroides, PL100; X-Organ (x), Klebedrüse (Kd), lateral

Das X-Organ liegt sehr weit ventral nahezu direkt über der Haut des Tieres. Die Gleitsohle wird durch das X-Organ nach außen gedrückt und die Klebedrüsen an der Zehenbasis weichen nach dorsal aus. Es sieht fast so aus, als ob das X-Organ einen Ausführungsgang zur Zehenbasis besitzen würde.

Ich hoffe mit diesem zu langen Beitrag Eure Geduld nicht zu sehr beansprucht zu haben.

Viele Grüße

Michael




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[1] Zelinka,C. 1889. Die Gastrotrichen. Eine Monographische Darstellung ihrer Anatomie, Biologie und Systematik. Z. Wiss. Zool. 49: 209-384
Download: https://archive.org/details/zeitschriftfrwi491890seib

[2] Schwank, P. (1990) Gastrotricha. In: Schwoerbel, J. & Zwick, P. (eds), Süsswasserfauna von Mitteleuropa, Band 3.Gastrotricha und Nemertini. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, Jena, New York, 252 pp.
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