Die Bauchhärling-Arten des Sima-Moores Teil II

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Michael
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Die Bauchhärling-Arten des Sima-Moores Teil II

#1 Beitrag von Michael » 12. August 2022, 17:10

Hallo in die Runde,

nach dem ich im letzten Teil (https://www.mikroskopie-forum.de/index. ... ic=44514.0) zehn Bauchhärlinge des Sima-Moores vorgestellt habe, die nicht zur Gattung Chaetonotus gehören, möchte ich heute meinen Bericht mit 13 weiteren Arten der Gattung Chaetonotus komplettieren.

Gattung Chaetonotus Ehrenberg, 1930

Das Hauptmerkmal dieser Gattung ist, dass die Schuppen ihrer Mitglieder (zumindest teilweise) meist gebogenen Stacheln tragen. Stachel- oder kiellose Schuppen sind nie ausschließlich vorhanden sondern meist auf das ventrale Zwischenfeld oder das dorsale Hinterende beschränkt.
Da die meisten limnischen Gastrotrichen-Arten zu dieser Gattung, wurde sie in einige Unterarten aufgeteilt:

Untergattung Chaetonotus (Primochaetus) Kisielewski, 1997
Diese Untergattung trägt hauptsächlich rundliche Schuppen, die am Hinterende eine leichte, gebogene Einbuchtung aufweisen. Die Stacheln sind relativ lang und dick und entspringen dem hinteren Ende der kiellosen Schuppen. Man nimmt an, dass diese Schuppenform der Ausgangsform für die Entwicklung der anderen Schuppenformen der Gattung Chaetonotus ist.

Chaetonotus (Primochaetus) cordiformis (Greuter, 1917)
L ca. 200µm

Bei dem Gastrotrichen Chaetonotus cordiformis habe ich vor einiger Zeit bereits die Brutpflege beschrieben (https://www.mikroskopie-forum.de/index. ... ic=35018.0 ). Deswegen werde ich hier nur kurz auf einige arttypische Merkmale eingehen.

Ch. cordiformis zeigt im Querschnitt den typischen Aufbau limnischer Gastrotrichen. Auffallend sind die relativ wenigen, langen und stark gebogenen Schuppenstacheln:

Bild
Ch. cordiformis: Querschnitt

In der Seitenansicht zeigt sich die enorme Länge der mit einer Nebenspitze versehenen Stacheln:

Bild
Ch. cordiformis: Seitenansicht

Diese langen Stacheln erschweren es sehr, gute Fotos von den Tieren zu machen, da das Festlegen der Tiere mit dem Deckglas die natürliche Anordnung der Stacheln stark stört. Deshalb sollte versucht werden, das Erscheinungsbild der Tiere freischwimmend zu erfassen:

Bild
Ch. cordiformis: freischwimmendes Exemplar mit Fokus auf die Schuppenstacheln

Hochauflösende Aufnahmen werden erst bei etwas gepressten Tieren möglich. Erst hier wird die rundliche Schuppenform mit den mit einer Nebenspitze versehenen Schuppenstacheln sichtbar. Die Nebenspitze sitzt relativ weit von dem Stachelende der Tiere entfernt.

Bild
Ch. cordiformis: Stachelschuppen mit Nebenspitze

Viele der gefundenen Exemplare wiesen eigenartige kugelförmige Körper im Inneren auf, die ich für (Dauerformen? von) Parasiten halte:

Bild
Ch. cordiformis: kugelförmige Einschlüsse

Die Schuppen der Tiere sind erst nach dem Ablösen gut beurteilbar. Hier erkennt man die namesgebende "Herzform" der rundlichen Schuppen mit Einbuchtung:

Bild
Ch. cordiformis: herzförmige Schuppen


Chaetonotus (Primochaetus) acanthocephalus (Valkanov, 1937)
L ca. 140µm

Ein sehr seltener und seltsamer Bauchhärling ist der nahezu drehrunde Chaetonotus (P) acanthocephalus mit seiner unregelmäßigen Bestachelung und den großen, runden Schuppen:

Bild
Ch. acanthocephalus: Fokus auf das dorsale Schuppenkleid

Ventral trägt das Tier am Kopf große kutikulare Platten die sich zum Hinterende hin in runde, kurzbestachelte Schuppen wandeln:

Bild
Ch. acanthocephalus: ventral

Mazeriert man das Tier mit Eisessig, wird die für die Untergattung Primochaetus typischen Schuppenform besonders deutlich:

Bild
Ch. acanthocephalus: Mazeriert


Chaetonotus (Primochaetus) acanthodes (Stokes, 1887)
L ca. 140µm

Ein weiterer Vertreter der Untergattung Primochaetus ist der kleine Bauchhärling Ch. (P.) acanthodes, der durch seine deutlichen, stachellosen Schuppen mit "doppelter" Vorderkontur und einem Gürtel langer Stacheln am Hinterleib auffällt:

Bild
Ch. acanthodes: dorsale Schuppen

Erst in der Seitenansicht erkennt man, dass der Stachelgürtel durchgängig die Rückenseite des Tieres umfasst:

Bild
Ch. acanthodes: Seitenansicht

Das ventrale Zwischenfeld ist mit ca. 8 Reihen kleiner, rundlicher Kielschuppen bedeckt. Den hinteren Abschluss bilden vier rechteckige, schmale Kielplatten:

Bild
Ch. acanthodes: ventrale Beschuppung

Im Querschnitt wird klar, dass die Schuppen stark gebogen sind. Dadurch entsteht die "Doppelkontur" im o0ischen Schnitt. Am Pharynxeingang sitzen bei den von mir gefundenen Tieren ein bis zwei Zähne:

Bild
Ch. acanthodes: Querschnitt


Untergattung Chaetonotus (Chaetonotus) (Ehrenberg, 1830)
Die Untergattung Chaetonotus umfasst Tiere mit einlappigen Schuppen mit einem hinteren Ausschnitt. Die Stacheln entspringen am Hinterende der Schuppen aus einem axialen Kiel. Diese Untergattung umfasst einen Großteil der Tiere der Gattung Chaetonotus.

Chaetonotus (Chaetonotus) larus (Müller, 1773)
L ca. 100µm

Chaetonotus (Ch.) larus ist ein sehr häufiger Gastrotrich, den ich hier nur der Vollständigkeit halber aufliste. Er ist durch die wenigen (ca. 7-9) Längsreihen dreilappiger Schuppen mit ausgezogenen distalen Lappen gekennzeichnet.

Bild[/SIZE]
Ch. larus: dorsal


Chaetonotus (Chaetonotus) multispinosus (Grünspan,1908)
L ca. 80µm - 150µm

Der kleine und häufige Gastrotrich Chaetonotus (Ch.) multispinosus ist durch die kurzbestachelten, rundlichen und am Hinterende ausgeschnittenen Schuppen gekennzeichnet:

Bild
Ch multispinosus: dorsal

Im Querschnitt erkennt man die namesgebenden kurzen Stacheln. Sehr typisch ist der kurze, keulenförmige Pharynx:

Bild
Ch multispinosus: Querschnitt

Das ventrale Zwischenfeld ist mit wenigen reihen rundlichen, gekielten Schuppen bedeckt. Den hinteren Abschluss bilden zwei größere, kurz bestachelte Platten , die von zwei Paaren kleiner, ebenfalls kurz bestachelter Kielschuppen eingefasst sind:

Bild
Ch multispinosus: ventral


Chaetonotus (Chaetonotus) hoanicus (Schwank, 1990)
L ca. 210µm

Chaetonotus hoanicus ist ein sehr seltener Gastrotrich, der bisher nur von Schwank beobachtet wurde. Deshalb möchte ich ihn etwas näher beschreiben.
Das Hau0merkmal von Ch. hoanicus ist der abru0e Übergang von einem unbestachelten Kopfbereich zu einem relativ lang bestachelten Rücken:

Bild
Ch. hoanicus: Änderung der dorsalen Bestachelung

Die Beschuppung des Hals- /Kopfbereichs besteht aus nahezu runden, nur mit einem extrem kurzen - oft nur erahnbaren - Stachel, versehenen stark überlappenden Schuppen:

Bild
Ch. hoanicus: Änderung der dorsalen Beschuppung am Hals

Mit einem abru0en Übergang zu lang bestachelten Schuppen wird der Bereich der Rumpfbeschuppung deutlich abgetrennt. Die Rumpfschuppen sind relativ groß, grob fünf eckig und haben einen großen Ausschnitt am Hinterende. An dessen Spitze entspringen ca. 15-20 µm lange Stacheln, die distal mit einer Nebenspitze versehen sind.

Bild
Ch. hoanicus: Änderung der dorsalen Rumpf-Bestachelung

In der Afterregion schließt sich ein kurzbestacheltes Feld an. In den Zehenausschnitt ragen einige auffällige, längere Stacheln.

Bild
Ch. hoanicus: Änderung der dorsalen Bestachelung der Afterregion

Die genaue Schuppenform wird erst deutlich, wenn es gelingt, Schuppe abzulösen:

Bild
Ch. hoanicus: Änderung der dorsalen Einzelschuppen aus dem Rückenfeld

Auffällig ist die besonders ausgeprägte stimmgalbelförmige Strukturierung der Pharynxoberfläche, die die Mundhöhle mit den beiden dorsalen Pharynx-Lumina verbindet:

Bild
Ch. hoanicus: Struktur auf Pharynx-Oberfläche

Filmt man ein lebendes Exemplar von Ch. hoanicus mit dem Fokus auf diese "Adern", wird eine deutliche Strömung innerhalb dieser Strukturen sichtbar, die auf eine drüsenartige Funktion hindeuten:

Bild
Ch. hoanicus: Film über Strömung in den "Pharynxadern" ( https://www.youtube.com/watch?v=tIhu4Xhe14U )

Unterart Chaetonotus (Hystricochaetonotus) (Schwank, 1990)
Die Unterart Hystricochaetonotus fasst relativ kleine Tiere zusammen, die deutlich dreilappige Schuppen mit einem deutlichen Kiel und einen langen Stachel tragen. Meist - aber nicht immer - trägt der Stachel eine bis zwei Nebenspitzen.

Chaetonotus (Hystricochaetonotus) murrayi (Remane, 1929)
L ca. 165µm

Der sehr seltene Gastrotrich Chaetonotus (H.) murrayi ist bisher nur von zwei Fundstellen (in Polen und bei Berlin) bekannt. Die starken und recht langen zweispitzigen Stacheln stehen spießförmig ab und geben dem Tier ein sehr wehrhaftes Aussehen.

Bild
Ch. murrayi: Querschnitt

Besonders auffällig wird das beim Fokus auf die Rückenbestachelung:

Bild
Ch. murrayi: dorsal

Die ca. 20µm langen Stacheln tragen nahe der Hau0spitze eine laterale Nebenspitze:

Bild
Ch. murrayi: Fokus auf die Stachelspitzen

Der Fokus auf die Schuppen zeigt die typische dreilappige Schuppenform dieser Untergattung. Abweichend zu den Funden in der Literatur ist auch der gesamte Kopf der Tiere mit langen Stacheln besetzt:

Bild
Ch. murrayi: dorsale Beschuppung des Kopf / Halsbereichs

Die Bestachelung ist auch Hinterende deutlich ausgeprägt. Anders als viel Mitglieder der Untergattung
Hystrocochaetonotus fehlen hier die unbestachelten dorsalen Kielplatten:

Bild
Ch. murrayi: dorsale Beschuppung des Hinterendes


Chaetonotus (Hystricochaetonotus) italicus (Balsamo & Todaro, 1995)
L: 95µm

Der bisher nur aus Italien bekannte, kleine Gastrotrich
Chaetonotus (H.) italicus ist im Sima-Moor relativ häufig anzutreffen.

Bild
Ch. italicus: dorsal

Viele der gefundenen Exemplare waren in ihrer postparthenogenetischen (Zwitter-) Phase und trugen sowohl ein deutliches, zweiteiliges X-Organ als auch stäbchenförmige Spermatoiden. Typisch für die Art ist der ausgeprägt hantelförmige Pharynx:

Bild
Ch. italicus: Querschnitt

Das ventrale Zwischenfeld ist mit zwei Reihen rechteckiger Schuppenplatten besetzt, die im Halsbereich undeutlicher werden. Den Abschluss bilden zwei gekielte Terminalplatten:

Bild
Ch. italicus: ventral

Obwohl die Schuppenstacheln keine Nebenspitze tragen, wird die Einordnung in der Untergattung
Hystricochaetonotus wegen der typischen Schuppenform deutlich:

Bild
Ch. italicus: Schuppenform


Chaetonotus (Hystricochaetonotus) novenarius (Greuter, 1917)
L ca. 165µm

Chaetonotus (H.) novenarius fällt sofort durch seine neun sehr langen Großstacheln auf.

Bild
Ch. novenarius: dorsal

Die neun Großstacheln tragen jeweils zwei Nebenspitzen und überragen das Zehenende des Tieres.
Ch. novenarius ist der Chaetonotus mit den relativ zur Körperlänge längsten Stacheln (ca. 2/3 der Körperlänge):

Bild
Ch. novenarius: dorsale Großstacheln

Obwohl die Beschuppung und Bestachelung das Tier eindeutig als
Ch. novenarius_ ausweisen, gibt die ventrale Beschuppung der gefundenen Tier Rätsel auf:

Bild
Ch. novenarius: ventral

Auffallend sind die rechteckigen Schuppenplatten im Pharynx-Bereich, die Schwank nur für die sehr ähnliche Art
Ch. anomalus aufweist. Möglicherweise handelt es sich bei dieser Art - wie bereits Schwank nicht ausschließt - um ein Synonym der Art Ch. novenarius.

Untergattung Chaetonotus (Ca0ochaetus) (Kisielewski, 1997)

Die Untergattung
Ca0ochaetus umfasst relativ große Tiere mit einem starken, spangenförmigen Hypostomion. Die Mundstacheln sind abgeflacht und bilden Lamellen, die den Mund verschließen können. Der Munddurchmesser ist so stark erweiterbar.

Chaetonotus (Ca0ochaetus) simrothi (Voigt, 1909)
L ca. 300µm

Chaetonotus (Ca0ochaetus) simrothi ist im Sima-Moors die größte vorkommende Gastrotrichenart, obwohl die von mir gefundenen Exemplare mit ca. 300µm etwas kleiner als die Literaturangabe sind (360-430µm). Die Art habe ich im Forum bereits einmal vorgestellt (https://www.mikroskopie-forum.de/index. ... ic=36720.0 ) und möchte hier nur einige ergänzende Fotos der neuen Funde zeigen:

Bild
Ch. simrothi: ventrale Beschuppung

Bild
Ch. simrothi: Mundlamellen und spangenförmiges Hypostomion



Abschließend möchte ich noch drei weitere
Chaetonotus-Arten vorstellen, für die ich keine Entsprechung in der mir zugänglichen Literatur gefunden habe. Die Beobachtungsbedingungen bei diesen Bauchhärlingen waren eigentlich gut genug, um eine sicher Artbestimmung zu ermöglichen, so dass ich den Verdacht habe, das es sich um noch nicht beschriebene Arten handeln könnte.

Chaetonotus sp. 1
L 180-220µm

Diesen relativ großen Bauchhärling habe ich recht häufig angetroffen. Auffallen war der stark doppelbrechende Darminhalt aller Tiere.
Die eng und kurz bestachelten Tiere mit dem auffallend runden Kopf bieten ein sehr elegantes Erscheinungsbild. Die Stachellänge erhöht sich vom Hals mit ca. 7µm bis zu den Zehen mit ca. 22µm kontinuierlich.

Bild
Ch. sp. 1 : laterale Bestachelung

Die Zehenlänge beträgt ca. 26µm, die der Kleberöhrchen 16µm, also ca. 2/3 der Gesamtzehenlänge. Der Pharynx ist grob hantelförmig mit einer Länge von 35µm, der Durchmesser des vorderen Bulbus ist ca. 11µm, der des größeren hinteren 15µm. Der dreilappige Kopf hat einen Durchmesser von 29µm, der Munddurchmesser beträgt ca. 9 µm.

Bild
Ch. sp. 1 : innerer Aufbau

Der relativ große Gastrotrich ist mit ca. 19 Reihen mit je ca. 26 dreilappigen, ungekielten Stachelschuppen mit großem distalen Ausschnitt bedeckt.

Bild
Ch. sp. 1 : dorsal

Die Schuppen haben eine Größe von ca. 5µm x 3µm. Die Tiefe des Ausschnitts beträgt etwa 1,8µm, die Stachellänge am Rücken ca. 12µm.

Bild
Ch. sp. 1 : Schuppenform

Einige der Tiere waren in ihrer postparthenogenetischen (Zwitter-) Phase und zeigten ein deutliches X-Organ und stäbchenförmige Spermatoide:

Bild
Ch. sp. 1 : postparthenogenetisches Tier

Das ventrale Zwischenfeld ist am Hinterende mit sechs Reihen länglicher Kielschuppen bedeckt. Wegen des stark doppelbrechenden Darminhalt war die Beschuppung im Darmbereich nicht erkennbar. Im Pharynxbereich ist das ventrale Zwischenfeld nackt. Das Tier trägt in der Mitte des Zehenausschnitts einen auffälligen, kurzen Stachel.


Chaetonotus sp. 2
L ca. 100µm

Der kleine und "pummelige"
Chaetonotus sp. 2 fällt durch seine ca. 9µm kleinen, dicken, gebogenen Stacheln mit Doppelspitze auf. Die Zehenlänge beträgt ca. 20µm, die Länge der gebogenen Kleberöhrchen 9,5µm. Die Länge des zylinderförmigen Pharynx ist ca. 33µm. Von dieser Art konnten lediglich zwei Exemplare beobachtet werden.

Bild
Ch. sp. 2: Querschnitt

Das Tier trägt 13 Reihen mit je ca. 14 Schuppen mit auffälligen Stacheln:

Bild
Ch. sp. 2: Bestachelung

Die 4µm x 3,5µm großen Schuppen sind ungekielt und dreilappig mit rundem proximalem Rand und überlappen nicht. Die beiden distale Lappen sind spitz und lang ausgezogen. Der distale Ausschnitt hat eine Tiefe von ca. 2µm.

Bild
Ch. sp. 2: Beschuppung


Chaetonotus (Primochaetus) sp. 3
L ca. 135µm

Diesen besonders hübschen und mit 135µm recht kleinen Gastrotrichen konnte ich leider nur einmalig beobachten.
Das Tier ist dorsal mit fünf Reihen zu je 20 lang bestachelter, 5,5µm x 2,8µm großer, rundovaler Schuppen bedeckt. Die Stachellänge dorsal beträgt ca. 7µm. Im hinteren Drittel sitzt ein Gürtel mit drei auf ca. 20µm stark verlängerter Stacheln. Am Hinterende finden sich zwei Paar auf ca. 17µm verlängerter Stacheln. In den Zehenausschnitt ragt ein Paar auf 3µm verkürzter Stacheln.
Besonders auffällig sind die an das Kephalion (am Kopf) anschließenden Kutikularplatten, die 1,5µm dicke und 12µm lange Stacheln tragen und damit an den oben vorgestellten
Ch. acanthocephalus erinnern.

Bild
Ch. sp. 3: dorsal

In der Seitenansicht wird deutlich, dass auch in der Halsgegend ein auf ca. 12µm verlängerter Stachelgürtel zu finden ist.

Bild
Ch. sp. 3: lateral

Das ventrale Zwischenfeld ist mit 5 Reihen ca. 3µm lang bestachelter Schuppen bedeckt. Die Schuppenbasis konnte nicht erkannt werden. Den hinteren Abschluss bildet ein Paar ca. 9µm lang bestachelter Platten.

Bild
Ch. sp. 3: ventral

Die Zehenlänge beträgt 18µm, die Kopfbreite 29µm, die Mundbreite 8µm. Der außergewöhnliche lange keulenförmige Pharynx misst 45µm und nimmt damit 1/3 des Körpers ein.

Bild
Ch. sp. 3: Querschnitt_



In Teil I und Teil II dieser kleinen Reihe habe ich insgesamt 24 Gastrotrichen-Arten vorgestellt, die in einer einzigen Schöpfprobe aus dem tiroler Sima-Moor gefunden wurden. Obschon diese Artenvielfalt doch ungewöhnlich ist, zeigt sie doch, dass man in nahezu jedem stehenden Wasserkörper eine Vielzahl von limnischen Gastrotrichen antreffen kann und wird.
Es ist diese Vielfalt an Variation des selben Grundthemas, die mich an der Beschäftigung mit Bauchhärlingen fasziniert. Dazu kommt die Tatsache, dass die große Artenvielfalt dieser kleinen und in ihrer Lebensweise sehr versteckten Tiere noch nicht annähernd vollständig erfasst erscheint. Alleine in diesem kleinen Gebiet "Sima-Moor" konnte man wohl vier bisher wahrscheinlich unbeschriebene Arten beobachten. Gerade für uns Amateure tut sich hier ein reiches Betätigungsfeld auf!

Ich hoffe, ich konnte Euch eine Eindruck von dieser große Vielfalt an Formen bei Gastrotrichen im Sima-Moor vermitteln.

Viele Grüße

Michael
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Re: Die Bauchhärling-Arten des Sima-Moores Teil II

#2 Beitrag von Uli » 12. August 2022, 18:42

Hallo Michael,
Wow, vielen Dank für den tollen Beitrag.:wicked_001:

Viele Grüße.
Uli

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Re: Die Bauchhärling-Arten des Sima-Moores Teil II

#3 Beitrag von paramecium » 13. August 2022, 07:41

Lieber Michael,

vielen Dank für diese ausführliche Darstellung.
Beim nächsten Mal werde ich mir meine Gastrotrichen doch genauer ansehen müssen. Vermutlich habe ich die Artenvielfalt in meinen ephemeren Gewässern doch übersehen.

Viele Grüße

Thilo

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Re: Die Bauchhärling-Arten des Sima-Moores Teil II

#4 Beitrag von Monsti » 13. August 2022, 20:41

Hallo Michael,

auch von mir :wicked_001: !!! Dank Dir gelingt es mir vielleicht, den einen oder anderen Bauchhärling in meinem Archiv zu bestimmen.

Und natürlich freue ich mich auch sehr, dass Du in den hiesigen Mooren so reichhaltig fündig geworden bist. Das Sima-Moor gehört übrigens zu meinen Lieblingsmooren. Nachdem es beim Hochwasser 2013 fast komplett von kalkhaltigen Sedimenten zugedeckt worden war, fand ich im Folgejahr nur noch ganz wenige der ursprünglichen Arten. Die Sphagnum- und die Drosera-Bestände waren großflächig verschwunden, stattdessen machte sich Molinia breit. Immer noch befindet sich dieses Moor in der Regeneration.

Danke und herzliche Grüße
Angie
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Re: Die Bauchhärling-Arten des Sima-Moores Teil II

#5 Beitrag von Michael » 14. August 2022, 08:20

Hallo Uli, Thilo und Angie,

danke für Eure netten Worte - das freut mich immer sehr!
Der Hintergedanke bei diesem Beitrag war auch, Euch dazu anzuregen, Euch die Vielfalt der Bauchhärlinge mal genauer anzusehen. Es ist schon klar, dass gerade bei diesen kleinen Freunden eine Bestimmung oft sehr schwer ist (ich helfe gern weiter, wenn Ihr da stecken bleibt). Aber auch ohne das Tier bis auf die Art festzupinnen, finde ich die kleinen Freunde interessant genug, um ihnen einen genaueren Blick zu widmen.

Viele Grüße

Michael
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Re: Die Bauchhärling-Arten des Sima-Moores Teil II

#6 Beitrag von paramecium » 14. August 2022, 19:26

Hallo Michael,

bleib dran.

Gruß

Thilo

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