Unser Postervortrag auf der 41. Jahrestagung der DGP

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paramecium
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Unser Postervortrag auf der 41. Jahrestagung der DGP

#1 Beitrag von paramecium » 28. Juli 2022, 23:37

Liebe Tümpler,

ich blicke einigermaßen stolz auf unser erstes gemeinsames Zwischenergebnis, nämlich über unser Citizen Science Projekt zu berichten. Ich habe stellvertretend für unsere Arbeitsgemeinschaft heuer einen ersten Posterbeitrag auf die 41. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Protozoologie mitgenommen. Das Poster, das Michael und ich nach meinem Umzug noch kurzfristig gestalteten, fand auf der Tagung großen Anklang. Unser Projekt wurde von der Fachwelt sehr gut aufgenommen. Die Kollegen aus der Protistologie waren erstaunt über die Qualität unserer dokumentarischen Ergebnisse und das hohe Niveau unserer Möglichkeiten. Man äußerte sich durchweg positiv und einige deuteten an, dass man sich vorstellen könne auch aus anderen Instituten heraus mit uns Amateuren zusammen zu arbeiten.

Ein großer Erfolg für die Zusammenarbeit in dieser Gruppe!

Wie geht es weiter? Aktuell haben wir neue Gensequenzen erhalten, deren umfangreiche Daten noch in der Auswertung sind. Vor allem zwei Funde von Michael Müller und mir sind potentielle Kandidaten für Neubeschreibungen bzw. erste Wiederbeschreibungen zweier gefundener Arten. Das gesammelte Material zu der Euch gut bekannten Gattung, wird neue Einblicke in die Diversität und tatsächliche Artenvielfalt liefern. Wir gehen davon aus, dass die Differenzierung der Arten in dieser Gattung in ihre einzelnen Arten neu aufzurollen sein wird. Dies wird vermutlich alte Beschreibungen und Anregungen von Alfred Kahl nach langer Zeit bestätigen und auch hier sogar eine größere Vielfalt belegen. Auch vom Pillersee und anderen Fundorten konnten wir neues Material sammeln, welches aktuell erfolgreich kultiviert und noch in die Auswertung gegeben wird. Die bisherigen Ergebnisse kann man wohl getrost als fette Beute bezeichnen. Die Ergebnisse sind nun zu publizieren. Wir erhalten hier weiterhin Unterstützung von Sebastian und Sergio.

Wie oft ist es uns Amateuren, die in ihrer Bestimmung immer eher unsicher und zögerlich sind, schon geglückt eine neue Art sicher zu belegen? Und nun können wir vermutlich gleich mehr als zwei neue Arten aufdecken. Wer hätte das gedacht? Durch Beharrlichkeit ist es Michael und mir geglückt eine neue Art nach einem Jahr erfolgreich zu kultivieren. Wie unterstrich eine der vortragenden Protistologinnen so treffend die eigene Vorgehensweise in ihrem Vortrag, Zitat: "We can proof, these species exist, because we have it in culture." - Wir können beweisen, dass diese Arten existieren, denn wir haben sie (obendrein) in Kultur.

Wir haben alles richtig gemacht.

Ich halte Euch weiterhin auf dem Laufenden über die weitere Entwicklung, vor allem über die konkrete Planung der kommenden Veröffentlichungen.

Vielen Dank an Euch!

Thilo


Unseren Beitrag findet Ihr aktuell auf der Hauptseite der Gesellschaft im Abstract Band der Tagung.

Thilo Bauer, Michael Butkay, Ralf Fontes, Stephan Krall, Michael Müller, Sebastian Hess and Sergio A. Muñoz-Gómez, 2022. A Citizen Science Project about Ciliate Diversity, German Society for Protozoology, 41st ann. meet. of the DGP, 12.-15. July, p. 53.

https://www.protozoologie.de
Und hier der vollständige Tagungsbeitrag als PDF.
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paramecium
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Re: Unser Postervortrag auf der 41. Jahrestagung der DGP

#2 Beitrag von paramecium » 5. August 2022, 21:30

Heute muss ich unbedingt diese wichtigen neuen Erkenntnisse nachschieben:

Im Mai haben wir einige der von uns gesammelten Stämme selektiert, um das erhaltene Erbgut (DNA) einer weiteren Analyse zu unterziehen. Hinzu kamen neue Funde u.a. von Michael Butkay und Michael Müller, von denen wir eine Art nach einem Jahr beharrlicher Arbeit endlich auch in Kultur nehmen konnten. Danke, Michael Müller, für die kontinuierliche Zusendung von neuen Samples. Insbesondere Deine zugesandten Mikroaquarien waren der große Treffer!

Nach weiteren Monaten gespannten Wartens hatte ich heute ein Zoom Meeting mit den beiden Kollegen von der Uni Köln und der Uni Paris-Sarclay. Unser Kollege Sergio präsentierte den neuen phylo-genetischen Artenbaum. Das Ergebnis ist sehr viel versprechend. Die beiden Funde von Michael M. und mir können wir als zwei neue, bzw. wieder zu beschreibende Arten bestätigen, die genetisch sehr eng zusammen liegen, jedoch abgeschlagen eine eigene Gruppe (=Gattung?) bilden, die wir neu benennen müssen. Gewisse Unterschiede in der Morphologie als auch im Verhalten bestätigen die Unterschiede in den beiden Arten. Die verbleibende, große Gattung werden wir wohl feiner aufgelöst bald in ihre tatsächliche Diversität unterteilen können. Diese beiden neuen Spezies werden aktuell als Urahnen der Gattung gehandelt, aus der Sicht der Entwicklung der Arten. Es bleibt besonders hier besonders spannend. Volltreffer.

Der Beitrag von Michael B. lieferte neue und bessere genetische Daten für eine andere bekannte Art, die wir nun klar abgrenzen können. Auch ein sehr wichtiger Beitrag.

Auch eine weitere Vermutung meinerseits bestätigt sich eventuell, nämlich eine außergewöhnliche Beobachtung einer farbigen Variante innerhalb der Gattung, die wir recht häufig finden, die jedoch bislang nicht beschrieben wurde. Sie stellt vermutlich auch eine eigene, neue Art dar. Zu dieser haben wir endlich auch eine von Alfred Kahl (1932) beschriebene Geschwister-Art (ungefärbt) gefunden, die stellvertretend für eine weitere Unterteilung der Gattung steht. Diese fanden wir ausgerechnet beim letzten Treffen am Pillersee! Das alles bestätigt eine Prognose, die ich im vergangenen Jahr auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Protozoologie bereits veröffentlichte, dass die Gattung nämlich in mindestens vier statt der von Foissner prognostizierten einen Art "mit Umweltmodifikationen" zerfällt. Foissner zitierte hier Alfred Kahl. Kahl schlug jedoch vor, Kulturen von den Arten anzulegen, um weitere Beobachtungen zu eventuellen Veränderungen innerartlich zu dokumentieren, um die tatsächliche Diversität aufzuklären. Genau das habe ich mit Eurer Unterstützung in den letzten zwei Jahren voran getrieben. Mit einigen Erfolg, wie sich herausstellt.

Dank unseres Citizen Science Projekts und vor allem Eurer Beiträge können wir nun einen wichtigen Beitrag zur Diversität dieser Gruppe von Ciliaten leisten, was ein großartiger Erfolg für ein Amateurprojekt ist.

Nun bin ich gespannt auf die kommenden Gen-Sequenzen der am Pillersee gesammelten Proben, von denen eine auch von Klaus stammte.

Ich kann Euch nur weiter ermutigen nach dieser speziellen Gattung Ausschau zu halten, und mir Material zuzusenden, um das Projekt mit neuem Material zu unterstützen!

Wir haben bis hierher alles richtig gemacht!

Viele Grüße

Thilo
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