Wasserproben sind wenig "stabil" und erfahren oft schon beim Transport innerhalb weniger Stunden Änderungen des ursprünglichen Artenspektrums.
Längerfristig werden auch vergleichsweise robuste Lebensformen wie z.B. Zieralgen von zahlreichen hungrigen Mäulern vertilgt und verschwinden zusehends aus den Proben.
(„Mageninhalt“ von Tetrasiphon hydrocora, ein auf den Verzehr von Zieralgen spezialisiertes Rädertier. (T) Tetmemorus granulatus (S) Subitanei, Bild oben)
Eine sehr schöne Zusammenstellung zum Thema Desmidiaceen in der Nahrungskette findet sich hier : http://www.desmids.nl/info/food_source/ ... dweb.html.
Das Problem ist nicht neu, wird aber durch das flächendeckende Biotopsterben zusätzlich verschärft, da sich „gute“ Wasserproben heute meist nicht mehr in der unmittelbaren Wohnumgebung entnehmen lassen. Der zeitliche und finanzielle Aufwand für die Probenbeschaffung kollidiert mit der teilweise kurzen „Haltbarkeit“, Zweifelsfragen lassen sich mangels frischen Materials allenfalls kurzfristig abklären.
In der Literatur (z.B. Romeis, Mikroskopische Technik) finden sich vielfältige Rezepturen von Fixierungs- und Aufbewahrungsflüssigkeiten für biologische Materialproben. Viele enthalten „starke“ Gifte wie z.B. Quecksilberverbindungen und sind deshalb trotz ihrer gut dokumentierten Wirksamkeit aus heutiger Sicht „obsolet“ oder „unpraktisch“. Werden derartige Substanzen z.B. im Reisgepäck oder auf dem Postweg freigesetzt, ist eine erhebliche Gefährdung Dritter bzw. der Umwelt nicht ausgeschlossen.
Konkrete Hinweise zur Konservierung von Wasserproben sind leider rar. Im „Wassertropfen“ (12te Auflage 2010, S. 23) werden „Formol“ bzw. Lugolsche Lösung empfohlen. Formaldehyd (35% Lösung) ist zwar ebenfalls eine sehr problematische Substanz, gilt aber in der Verdünnung 1:4 als das „geeignetste“ Fixierungsmittel, in dem die „Objekte beliebig lange aufbewahrt werden können“.
Zwei Monaten nach Formaldehydzusatz(1:4) zu einer Probe aus dem Sima-Moor ergab sich folgendes Bild :
(Nebela Schale, gut konserviert, Bild oben)
(Moorkugel, stark verändert, Bild oben)
(Chroococcus, sehr gut erhalten, Bild oben)
(Micrasterias truncata, Bild oben)
(Cosmarium pyramidatum, Zellinhalt stark geschrumpft, Bild oben)
(Euastrum oblongum, Bild oben)
(Micrasterias rotata, Bild oben)
Es fällt auf, dass einige Formen stärker durch den Zusatz des Konservierungsmittels verändert werden als andere, das „saftige“ Grün des Chlorophylls (Chloroplasten) geht aber bei allen Algen deutlich zurück. Dies mag auf den Methanolzusatz (bis 15% , Polymerisationsschutz, Paraformaldehydbildung) oder den pH-Wert der Formalin-Lösung zurückzuführen sein. Will man „ästhetische“, „naturnahe“ Algenbilder anfertigen, dann ist man mit nichtkonserviertem Frischmaterial sicherlich besser bedient. Aber bei der Taxonomie kommt es, wie die Bleistift-Zeichnungen in den traditionellen Bestimmungswerken zeigen, oft mehr auf die Zellwand und ihre Strukturen an. Meinen ersten, persönlichen Eindruck würde ich deshalb mit „unschön“ aber durchaus „verwertbar“ zusammenfassen. Bei nächster Gelegenheit werde ich die „ungiftigere“ Lugolsche Lösung auf ihre Eignung zur Konservierung von Algenproben testen.
Beste Grüße
Richard