Gattung Loxodes EHRENBERG, 1830

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Pelagodileptus
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Gattung Loxodes EHRENBERG, 1830

#1 Beitrag von Pelagodileptus » 3. Juni 2020, 18:01

Vorwort:
Die Bilder in diesem Beitrag sind nicht so gestellt, wie in dem anderen Mikro-Forum, ändern ist für mich zu viel Arbeit, verzeiht! Die Bilder werden hier etwas größer dargestellt!


Liebe Tümplerfraktion,

ich möchte hier einige Arten aus der Gattung Loxodes vorstellen, die überwiegend in der Faulschlammzone leben, sich aber auch in der Wassersäule auf und ab bewegen und daher ins Planktonnetz gelangen können. Im Freiwasser habe ich meist L. rostrum gefunden, während ich L. magnus und L. striatus oft gemeinsam am Grund vorgefunden habe. In der Literatur wird angegeben, dass es Nachweise über Funde im Belebtschlamm von L. rostrum in Kläranlagen gegeben haben soll. Diese Bestimmung halte ich für fraglich, da ich ein halbes Jahr in einer Kläranlage ein Praktikum absolvierte und im Schönungsteich nur, L. magnus oder L. striatus gefunden habe. Obwohl im Schönungsteich der Mittagstisch sehr gut zu L. rostrum passen würde, Bakterien, Algen, Pilzsporen, Ciliaten und Detritus. Unterscheiden können wir die drei Arten durch die Makronuclei. Bei L. magnus, liegen sie verstreut in der Zelle, oft in zwei Reihen 3- 31 Ma, meist aber um die 17 (Ma) Abb. 1, 3. L. rostrum hat zwei zusammenstehende (Ma) und besitzt als einzige Art, symbiontischen Algen, Abb. 4, 4a. Zwei weit auseinanderstehende (Ma) hat L. striatus Abb.2. Die Mikronuklei (Mi) liegt sehr dicht an den Ma an, Abb. 3, 11.

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Abb. 1. L. magnus in seiner für ihn typischen bräunlichen Färbung, Ectoplasma. Sein Sichelförmiger Mund, ist deutlich zu erkennen.

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Abb. 3: L. magnus im hyalinen Körper. Die Makronuclei und Mikronuclei sind hier im Bild zur Verdeutlichung, grün makiert.

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Abb. 4: L. rostrum mit symbiontische Grünalgen, die neben der Makronuklei, im Bild durch zwei Nahrungsvakuolen verdeckt, ein sicheres Erkennungsmerkmal ist.
Der Makronukleus ist sehr gut auf der Seite von Michael Plewka zu sehen. http://www.plingfactory.de/Science/Atla ... strum.html

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Abb. 2: L. striatus kann Größen zw. 100 - 300 µm erreichen. Die Makronuleusteile (Ma) liegen unter <10 µm, MO = Müllerschen-Organellen.


Weiter fallen uns die Müllerschen-Organellen (MO) auf, die um die 7 µm Größe liegen, auf, Abb. 5. Die bei den drei genannten Arten in unterschiedlicher Anzahl (5 – 25) vorliegen.

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Es handelt sich hier um Vakuolen, in der eine Kugel in verschiedenen Farbtönen schwimmt. Welche Funktionen den Müllerschen-Organellen zugeschrieben werden können, kann nur erahnt werden. Eine Funktion kann vermutet werden, dass sie Aufgrund ihrer Morphologie den Statocysten, wie in meinem Beitrag von Catenula lemnae den Vielzellern zuzuschreiben sind, die also als Schwererezeptoren wirken. Hier hat man herausgefunden, dass die Kügelchen aus Bariumsulfalt bestehen und in einer mit Flüssigkeit gefüllten Vakuole mit je einer Spezialwimper, nur im REM erkennbar, verbunden sind und ein hohes spezifisches Gewicht haben. Loxodes rostrum zum Beispiel besitzt 5 – 7 solcher Organellen.


Untersuchung in der Blockschale

In der Blockschale unter dem Stereomikroskop können wir beobachten, wie Loxodes mit der dicht „bewimperten rechten Seite“, sich über den Boden bewegt. Seine Gestalt ist breit ellipsoid und hat einen Schnabelförmigen (rostrum) Vorderende. Seine Zellfarbe kann bräunlich bis fast hyalin sein, Abb. 1, 3. Nach eigenen Beobachtungen, hat Loxodes viele Facetten und zeigt immer wieder die unterschiedlichsten Körperformen. Seine Lateralseite, wir sehen den Ciliaten von der Seite, sieht stark abgeflacht aus. Seine Bewegungen sind manchmal mit Loxophyllum melagris (das wallende Blatt) zu vergleichen, Abb. 13. Es fallen uns auch vereinzelt Individuen auf, die wie angefressen aussehen. Das sind, ich nenne sie mal „skurrile“ Teilungen, Abb. 6, 6a., die anscheinend Loxodes nicht so genau nimmt und man sich die Frage stellen kann, wie können die sich je wieder Regenerieren? Aber: „Die schaffen das schon“!

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Abb. 6 und 6a, zeigt uns die etwas skurrilen Teilungsvorgänge. Abb. 6b, Hier können wir eine beginnende Teilung erkennen. Der Mund (Mt) ist schon etwas zu erkennen.


Unter dem Deckglas

Haben wir unter dem Deckglas genügend Wasser und Loxodes kann sich von allen seinen Seiten zeigen, fällt uns auf, dass er auf der linken Seite unbewimpert und auf der rechten Seite bewimpert ist, Abb. 7. Mit etwas Glück zeigt er uns seine starren, borstenartigen Cilien, die an der Bauchkante liegen, Abb. 8. Die Sichelförmige Mundöffnung fällt einen sofort auf, die von drei unterschiedlichen Cilienreihen ausgekleidet ist. Seine große Mundöffnung liegt direkt hinter dem Schnabel und den röhrenförmigen Schlund, der seine typische Pigmentierung zeigt und daher sehr auffällig ist, Abb. 9a.
Bild 7_loxodes magnus_i4a1335_21-03-2020b.jpg
Bild 7_loxodes magnus_i4a1335_21-03-2020b.jpg (115.79 KiB) 6902 mal betrachtet
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Abb. 7 und 9: Loxodes ist auf der linken Bauchseite unbewimpert und kann in seiner Schwimmbewegung sehr gut beobachtet werden. In Abb.9 ist der sichelförmige Mund vergrößert rausgestellt, RK= rechte bukkale Kinete, LIK= linke innere bukkale Kinete im Bild etwas flau dargestellt.

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Abb. 8: Mit etwas Glück, kann an seiner Bauchseite, die starren Cilien beobachtet werden.


In seinem großen Mund sehen wir auch die Schlund Fibrillen (Sf), Abb. 9.

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Der Schlund ist sehr schön auf der Seite von Michael Plewka dargestellt, letztes Bild.

http://www.plingfactory.de/Science/Atla ... agnus.html


Einige Individuen haben eine sehr auffällige Pigment Granula im Cortes (Abb. 1) die vermutlich als Rezeptoren für Licht und Sauerstoff dienen. Es gibt aber auch Individuen unter ihnen, wo diese Pigment Granula nicht so stark ausgeprägt ist, Abb. 3. Beim Durchfokussieren der Zelle fällt uns mitunter ihre ausgeprägte schaumige Struktur auf, die nicht immer von mir beobachtet wurde, Abb. 10.

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Abb. 10: Das Entoplasma sieht bei Loxodes wabig aus.

Eine pulsierende Vakuole soll es laut Literatur bei allen drei Arten nicht geben. Eine pulsierende Vakuole hat nur L. vorax am Hinterende, der sonst dem L. rostrum sehr ähnlich aussieht, außer dass er keine symbiontischen Algen und einen nicht zuspitzenden Schnabel besitzt, der eher etwas abgerundet aussieht. L. vorax wurde seiner Zeit, nur in den USA gefunden. In einer Probe habe ich L. magnus gefunden, wo ein leichtes Pulsieren von Vakuolen zu erkennen war. Diese „Vakuolen“ sind umrandet von kleinen runden Granula, Abb. 11, 11a.

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Abb. 11: L. magnus ist ca. 420 µm lang. Die pulsierenden Vakuolen sind im normalen Zustand ca. 4,2 µm und im pulsierenden 9,8 µm groß. Die Makronuklei (Ma) liegt bei 5,6 µm und die Mikronuklei (Mi) bei ca. 2,8 µm.

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Abb. 11a: Die Pfeile weisen auf die von mir beobachteten kontraktilen Vakuolen (cV) hin, linkes Bild. EHRENBERG (1938) hat in seinem Fund auch zwei Stellen markiert, Zufall?

Was die für eine Bedeutung haben, kann ich nicht sagen. Es stellt sich aber die Frage: Wurden die cV in früheren Veröffentlichungen Übersehen, oder hat sie Loxodes so gut getarnt, dass sie niemanden aufgefallen sind? In den Bild von EHRENBERG (1938) wurde bei L. striatus zwei Stellen markiert (cV?), genauso wie ich sie beobachtet habe, Abb. 14. In der vorhandenen Literatur habe ich bisher nichts darüber gefunden. Vielleicht hat jemand hier aus dem Forum eine ähnliche Beobachtung gemacht, würde mich sehr interessieren!

Zu guter Letzt, habe ich zur Verdeutlichung die Kerne von Loxodes magnus mit Acridin-Orange-Zinkchlorid angefärbt.


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Abb. 11b, L. magnus, mit Acridin-Orange-Zinkchlorid angefärbten Kernen. Ma= Makronukleus, Mi= Mikronukleus




Außer den oben genannten 3, bzw. vier Arten mit L. vorax ohne Abbildung, kommen noch L. magnus var. fasciola und L. magnus var. pernadi vor die sich wie folgt unterscheiden:

L. magnus var. fasciola; Kernapperat und Größe wie L. magnus, Schnabel kaum vorspringend, Schlund Fibrillen nach hinten und nicht nach dorsal gerichtet.

L. magnus var. pernadi; Größe um 400 µm, Schnabel kaum vorspringend, mehre Makronucleus-Teile in einer Reihe.


Verwechselungen

Durch seine Größe passiert es oft Anfängern, dass sie Loxodes für Strudelwürmer oder ähnliches halten. Er wurde auch schon mit Amphileptus Abb. 12, verwechselt.

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Abb. 12: Amphileptus pleurosigma, wird oft im ersten Moment mit Loxodes verwechselt.

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Abb. 13: Die Bewegungsabläufe sind leicht mit Loxodes zu verwechseln. Obwohl Loxophyllum melagris sich meist sehr gemächlich bewegt.


Abkürzungen: cV= kontraktile Vakuole; lK= linke Körperseite; Ma= Makronukleus; Mi= Mikronukleus; MO= Müllersche-Organellen; RK= rechte bukkale Kinete; LIK= linke innere bukkale Kinete; Sy= Schlund Fibrillen;

Diese kurze Zusammenfassung soll uns zeigen, dass Loxodes ein sehr bewegtes Leben mit skurrilen Teilungsvorgängen besitzt.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und wie immer sind weitere Anregungen erwünscht. Nobody is perfect!

Herzliche Grüße,
Michael

Literaturangaben

Hausmann K.; Mikrokosmos, 72. Jahrgang, Heft 10/ Oktober 1983, Loxodes rostrum, pp. 310 – 313
Streble H.; Krauter D.; Bäuerle A.; (2017) Das Leben im Wassertropfen- Frankh-Kosmos Verlags GmbH &Co.KG, Stuttgart., pp 222 – 213 (nur eine Art beschrieben,L. rostrum)
Foissner, W.; Blatterer, H.; Berger, H.; Kohmann, F. (1995): Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems – Band IV: Gymnostomatea. Loxodes. Suctoria. Informationsberichte des Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, Heft 1/95, 377 – 395
Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 3. Familie Loxolidae - Tierwelt Dtl., 212 – 215
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Re: Gattung Loxodes EHRENBERG, 1830

#2 Beitrag von paramecium » 3. Juni 2020, 21:18

Hallo Michael,

da kann ich nur sagen: Wow, das sind tolle Aufnahmen. Danke für's Zeigen.

Thilo

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Re: Gattung Loxodes EHRENBERG, 1830

#3 Beitrag von Monsti » 11. Juni 2020, 15:13

Hallo Michael,

vielen Dank für diesen wunderbaren und lehrreichen Beitrag! :wicked_001:

Später habe ich vielleicht noch Fragen dazu, aber jetzt bin ich gerade im Krankenhaus und mein Fotoarchiv ist weit weg ...

Herzliche Grüße
Angie
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Re: Gattung Loxodes EHRENBERG, 1830

#4 Beitrag von Pelagodileptus » 13. Juni 2020, 08:10

Lieber Thilo,
Liebe Angie,

vielen Dank für die Rückmeldung und dass der Beitrag euch gefallen hat, natürlich auch an die mit dem "Daumen hoch"!

@ Angie, Krankenhaus hört sich nie gut an, hoffentlich nichts schlimmes und dass Du wider Gesund an Dein Fotoarchiv kommst... :wicked_002:

Gute Besserung,
Michael
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