Flaschentierchen Trachelius ovum

Wimpertiere und Sauginfusorien
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Pelagodileptus
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Flaschentierchen Trachelius ovum

#1 Beitrag von Pelagodileptus » 19. April 2020, 16:53

Trachelius ovum (EHRENBERG, 1831) EHRENBERG, 1838

Ehrenberg 1838 – Trachelina
Ehrenberg 1838 – Trachelina
09_Ehrenberg 1838_Trachelius ovum.jpg (152.29 KiB) 8542 mal betrachtet


Liebe Tümpler,
ich möchte hier einen nicht ganz so „majestätischen“ Ciliaten wie Bursaria truncatella, sondern das Flaschentierchen Trachelius ovum vorstellen,
der mitunter mit Paradileptus elephantinus verwechselt wird. Beide Arten gehören zu der Ordnung Gymostomatida.

Die Fundorte von Trachelius ovum sind fließende sowie stehende Gewässer. Weltweit nachgewiesen wurde er im Benthos und Pelagial von Altwässern, Teichen, Seen, Staugewässern und Stadtgräben. T. ovum finde ich hier regelmäßig in einem Weiher, sowie in unseren heimischen Fließgewässern. Foissner und sein Team haben hier alle Daten über T. ovum zusammengetragen und im „Atlas“ neu bearbeitet.

Betrachtet man sich Trachelius ovum in einer Blockschale unter dem Steromikroskop, fällt er durch seine Größe und leicht rotierende weißliche Körperform, mit kurzem Rüssel, auf. Die Schwimmbewegung ist gemächlich und nicht von hetze geprägt. Pepitiert man ihn auf einem Objektträger und legt direkt ein Deckglas auf, sieht man unter dem Mikroskop, dass er seinen kurzen Rüssel eingezogen und meist etwas gequetscht aussieht, oval (Bild 1). Das ist der meiste Fehler der Hobbyplanktologen. Besser ist hier, dass Deckglas mit Vaseline-Füßchen zu versehen. So verhindern wir, dass er seinen kurzen Rüssel einzieht und wir können ihn noch so eine Weile unter dem Mikroskop gut studieren Bild 2. In der lateralen Ansicht beobachtet, ähnelt sein Rüssel einem Dreieck Bild 7, an dessen Basis eine Runde Mundöffnung (Mt) Bild 5, liegt. Im Rüssel entlang des Mundwulstes kurze, stäbchenförmige Extrusome (E) Bild 7.

Der Rüssel ist im gequetschten Zusand nicht mehr zu erkennen.
Der Rüssel ist im gequetschten Zusand nicht mehr zu erkennen.
01_Trachelius ovum_I4A0261_08-03-2020b_hf.jpg (100.88 KiB) 8542 mal betrachtet

Als nächstes studieren wir seinen Körperbau, der hier durch sein stark vakuolisiertes Plasma (Va) auffällt, (Bild 1, 7). Setzt man den Fokus etwas höher, erkennt man, dass seine ganze Zelle mit vielen kleinen kontraktile Vakuolen (cV) auf (Bild 2, 3), überseht ist. Bei genauem Hinsehen können auch sehr gut die Exkretionsporen (Ep) erkennen (Bild 6). Der Makronucleus fällt durch seine Größe und seiner Hantelform auf Bild 2, 3, auf. Die Mikronuclei (Mi), laut Literatur sind mehrere Vorhanden, konnten selbst in der Fluoreszenz nur schwer erkannt werden, Bild 8. In Ventro-Lateral sehen wir eine kleine Grube (Gr) (Bild 1, 2 4, 6), die man im ersten Moment für seinen Mund (Mt) halten könnte (Bild 3, 5). Diese Grube dient als Saugnapf, was auch Sinn macht, da im Fließgewässer bei der Nahrungsaufnahme, T. ovum sich nicht halten und abdriften würde. Beim weiteren Fokussieren fallen im Plasma kleine braune Körnchen, lipsoide Granula (lG) auf, die auf Stoffwechselprodukte hinweisen Bild 4b, 4c. Setzen wir zu Letzt den Fokus nochmals auf die Zelloberfläche, wo der Mundtrichter (Mt) sizt, Ausschnitt Bild 5, erkennen wir die unterschiedlichen Bewimperungen des Zellmundes. Wir haben eine periorale Wimpernreihe (pe) und eine circumorale Wimpernreihe (ci) die sich dicht neben dem Rüssel entlangzieht. Der Mund ist von vielen, sehr zarten Stäben umgeben, die einen keulenförmigen, dickwandigen Trichter bilden Bild 5.

T. ovum mit seinem kurzen Rüssel und seinen vielen kleinen Vakuolen.
T. ovum mit seinem kurzen Rüssel und seinen vielen kleinen Vakuolen.
02_Trachelius ovum_I4A3324_17-04-2020b.jpg (193.68 KiB) 8542 mal betrachtet

T. ovum mit seinen typischen Merkmalen: E = Extrusome (Toxicysten), cV = kontraktile Vakuole, Ma = Makronucleus, Mt = Mundtrichter, Va = Vakuolen.
T. ovum mit seinen typischen Merkmalen: E = Extrusome (Toxicysten), cV = kontraktile Vakuole, Ma = Makronucleus, Mt = Mundtrichter, Va = Vakuolen.
03_Trachelius ovum_I4A3335_17-04-2020b.jpg (119.6 KiB) 8542 mal betrachtet

Im Bild 4c die Gr = Grube, die als Saugnapf dient, lG = lipsoide Granula,
Im Bild 4c die Gr = Grube, die als Saugnapf dient, lG = lipsoide Granula,
4-4d_Trachelius ovum.jpg (241.42 KiB) 8542 mal betrachtet

Mt - Der Mund sieht aus wie ein Trichter, Ci = circumorale Wimpernreihe, pe = periorale Wimpernreihe
Mt - Der Mund sieht aus wie ein Trichter, Ci = circumorale Wimpernreihe, pe = periorale Wimpernreihe
05_Trachelius ovum_i4a3338_17-04-2020b.jpg (137.85 KiB) 8542 mal betrachtet

Ep = Exkretionsporus einer kontraktilen Vakuole sind sehr klein und leicht zu übersehen.
Ep = Exkretionsporus einer kontraktilen Vakuole sind sehr klein und leicht zu übersehen.
06_Trachelius ovum_I4A3323_18-04-2020b.jpg (188.85 KiB) 8542 mal betrachtet

E = Extrusome (Toxicysten), Ma = Makronucleus, Mt = Mundtrichter, Va = Vakuolen
E = Extrusome (Toxicysten), Ma = Makronucleus, Mt = Mundtrichter, Va = Vakuolen
07_trachelius ovum_i4a3321_18-04-2020b.jpg (81.97 KiB) 8542 mal betrachtet

Der Makronucleus wurde mit Acridin-Orange-Zinkchloris angefärbt. Der Mikronucleus ist nicht leicht zu erkennen.
Der Makronucleus wurde mit Acridin-Orange-Zinkchloris angefärbt. Der Mikronucleus ist nicht leicht zu erkennen.
08_Trachelius ovum_I4A3938_2019-10-25a.jpg (54.6 KiB) 8542 mal betrachtet

Ep = Exkretionsporus einer kontraktilen Vakuole
E = Extrusome (Toxicysten)
cV = kontraktile Vakuole
Ci = circumorale Wimpernreihe
Gr = Grube
lG = lipsoide Granula
Ma = Makronucleus
Mi = Mikronucleus
Mt = Mundtrichter
pe = periorale Wimpernreihe
Va = Vakuolen



Trachelius ovum wird meist im gequetschten Zustand mit Paradileptus elephantinus verwechselt, wobei P. elephantinus einen wesentlich längeren Rüssel und einen rosenkranzförmigen Makronukleus besitzt. Seine vielen kleinen Kontraktilen Vakuolen sind über den ganzen Körper verteilt, säumen aber im gequetschten Zustand sehr auffällig das Ektoplasma Bild 10.

Paradileptus elephantinus wird gen mit Trachelius ovum verwechselt. Links mit, rechts ohne Vaselinefüßchen. Der Rüssel wird meist sofort amputiert.
Paradileptus elephantinus wird gen mit Trachelius ovum verwechselt. Links mit, rechts ohne Vaselinefüßchen. Der Rüssel wird meist sofort amputiert.
10_Paradileptus elephantinus.jpg (105.03 KiB) 8542 mal betrachtet


Ich hoffe, dass ich hier einen kleinen Einblick in diesem sehr interessanten Ciliaten geben konnte. Sollten hierzu Fragen oder Anregungen sein, immer gern angenommen. Denn davon lebt dieses Forum.
Bleibt mir weiterhin alle Gesund,

Pelago-Michael


Literaturhinweise:
Foissner, W., Berger, H., Blatterer, H., Kohmann, F., (1995): Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems – Band IV: Gymnostomatida, Loxodes, Suctoria. Information des Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, Heft 1/95, 540 pp. 208 – 218 pp
Matthes, D., Wenzel, F., (1966) Einführung in die Kleinlebewelt - Wimperntiere (Ciliaten), pp 43 - 44
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