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Frontonia leucas: Detailansichten des Mundfelds

Verfasst: 4. September 2019, 22:58
von paramecium
Hallo Tümpler,

auch heuer fand das Treffen der Mikroskopie auf dem Hohen Dörnberg statt, das von Horst-Dieter Döricht und Wolfgang Grigoleit wieder einmal wunderbar organisiert wurde.

Am ersten Tag konnte ich wieder Proben vom Hangarsteinsee nehmen, in der Frontonia leucas in Schlammproben zahlreich war, vergesellschaftet mit Spirostomum ambiguum und Sp. minus, sowie verschiedenen Individuen von Pseudomonilicaryon sp. Im Gegensatz zum ebenfalls trockenen Jahr 2018, fanden wir heuer keine typischen Vertreter ephemerer Gewässer in den verschlammten Bereichen, wie etwa Prorodon ovum (zahlreich in 2018).

Frontonia leucas ist sehr variabel in der Größe. Einige Exemplare konnten vollständig abgebildet werden (ca. 200-300µm). Ein Exemplar war so groß, dass es lediglich mit dem Objektiv 20x vollständig abzubilden war (>400 µm). Aufgrund dieser enormen Variabilität der Größe kann man die Exemplare leicht für Vertreter unterschiedlicher Arten halten.

Mit der schiefen Beleuchtung gelangen mir Aufnahmen des Mundfelds eines kleiner bleibenden Exemplars Frontonia leucas in verschiedenen Fokuslagen, während das Individuum inne hielt. Das Mundfeld, die postorale Naht sowie die zahlreichen Extrusome unter der Zelloberfläche sind gut zu erkennen.

Aufnahmen: Zeiss Axio Lab A1 FL-LED, Multi-Immersionsobjektiv 40x/0,9 Ph3; Belichtung: Canon EOS 77D, 1/800 s, ISO 100.

Literatur: Foissner, W. et al., 1994. Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems. Band III: Hymenostomata, Prostomatida, Nassulida. Informationsberichte des Bayer. Landesamts f. Wasserwirtschaft. S. 169 ff.

Viel Spaß beim Betrachten!

Thilo

Bild 1: Abbildungen des Mundfelds.
Links: Fokus auf die Cilien der Mundregion oberhalb der Zelloberfläche. Man erkennt die vestibulären Wimpernreihen (veW) der Mundöffnung sowie einzelne Wimpern, die der Fortbewegung dienen.
Mitte: Fokus auf die Zelloberfläche. Man erkennt die vestibulären Wimpernreihen und Mundrand. In dieser Fokusebene werden um das Mundfeld herum die zahlreichen Extrusome (Ex) sichtbar, die dicht unter der Zelloberfläche eingelagert sind.
Rechts: Fokus in die Mundhöhle. Man erkennt hier in der oberen Hälfte der Mundöffnung, zwei der bei Kahl und Foissner gezeichneten Reihen der adoralen Membranellen (M1, M2) sowie die postorale Naht (pN), welche nach rechts unten verläuft.

Bild

Bild 2: Totalaufnahme. Man erkennt die Lage des Mundfeld, die zahlreichen Extrosome, welche eine dichte Fläche entlang der Zelloberfläche bilden und den Blick in das Zellinnere verwehren, sowie den Verlauf der postoralen Naht. Am äußeren Zellrand sind die Cilien-Reihen erkennbar (oberer und unterer Zellrand).

Bild

Re: Frontonia leucas: Detailansichten des Mundfelds

Verfasst: 6. September 2019, 07:56
von Michael
Hallo Thilo,

es ist beeindruckend, was schiefe Beleuchtung und Dein (Wasser- ?) Immersionsobjektiv leistet (und den Fotografen natürlich nicht zu vergessen)!

Vielen Dank fürs zeigen

Michael

Re: Frontonia leucas: Detailansichten des Mundfelds

Verfasst: 8. September 2019, 18:33
von RalfF
Hallo Thilo,

prima Fotos, die Du da von Frontonia leucas geschossen hast, mit ebenso guten Interpretationen des Gesehenen!

Ich erlaube mir mal ebenfalls eine Detailaufnahme (DIC/40x-Plan-Neofluar) von Frontonia sp. im Bereich des Cytostoms an dieser Stelle einzustellen - nahe des Mundfeldes befindet sich am rechten Rand eine kontraktile Vakuole, in der man den Porus bei Wasserabgabe erkennen kann.

Der Ciliat wurde aus einer Probe (August 2019) des Rheinauensees in Bonn herauspipettiert.

Bild

Beste Grüße
Ralf

Re: Frontonia leucas: Detailansichten des Mundfelds

Verfasst: 8. September 2019, 18:50
von paramecium
Hallo Ralf,

sehr gute Aufnahme. Danke für die Ergänzung.

Aus den Proportionen der Aufnahme würde ich vermuten, dass die kontraktile Vakuole sehr nahe dem Mundfeld sitzt (auf der rückwärtigen Seite?). Hattest Du zufällig beobachten können, ob diese Spezies ein oder zwei Vakuolen hatte?

Gruß

Thilo

Re: Frontonia leucas: Detailansichten des Mundfelds

Verfasst: 9. September 2019, 16:22
von RalfF
Hallo Thilo,

ich muß gestehen, dass ich nicht darauf geachtet hatte, ob die Frontonia-Art, ein oder zwei Vakuolen besitzt. Es ist immer ärgerlich, wenn es sich nachträglich herausstellt, dass ein nicht beachtetes Merkmal ein Bestimmungskriterium für die untersuchte Art ist. Ich muß mir einfach angewöhnen mehr Notizen vom Gesehenen zu fertigen!

Aufgrund der Größe der mikroskopierten Frontonia-Art, würde ich ebenfalls Frontonia leucas als wahrscheinlich ansehen.

Beste Grüße
Ralf

Re: Frontonia leucas: Detailansichten des Mundfelds

Verfasst: 9. September 2019, 16:43
von paramecium
Hallo Ralf,

dieses Problem mit der nachträglichen Feststellung übersehener Merkmale kenne ich. Es ist immanent. Ich denke, dass ich gut die Hälfte der gesehenen Arten aus diesem Grund nicht bestimmen konnte. Der zweite Grund ist, dass ich lange gebraucht habe um genau das fehlende Teil sicher darzustellen. Diese Poren und Mundöffnungen machen es einem nicht leicht. Da hast Du zwei Euplotes in der Probe und beide krabbeln auf dem Objektträger mit dem Rücken zum Beobachter und dann war's das... Die sind nicht durchsichtig. Vielleicht hilft es das Deckglas zu lupfen... Oh nein, der erste ist verstorben, der zweite schwimmt am Deckglasrand...! Und täglich grüßt das Murmeltier. Hier werden nur die erfolgreichen Versuche gezeigt. Über die Misserfolge schreibt keiner.

Da geht manchmal ein ganzes Wochenende für eine Bestimmung drauf. Und ich schwöre, beim nächsten Mal ist es eine ähnliche, aber doch andere Art.

Zu Deiner Frage: Sicher bin ich mir nicht. Meine Probe von der Rheinaue hat zuletzt nur übel gerochen. Frontonia war keine mehr zu sehen. Ich habe sie gestern mit Frischwasser übergossen. Vielleicht lebt außer den steifen Blaualgen doch noch etwas darin. Ich war in den letzten Tagen zu sehr damit beschäftigt meinen Workshop vorzubereiten und wieder für laufende Kulturen zu sorgen. Übrigens fand ich doch noch Spirostomum in den angesetzten Kulturen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf...

Gruß

Thilo