Obertrumia aurea ein ausgesprochener Einzelgänger

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Pelagodileptus
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Obertrumia aurea ein ausgesprochener Einzelgänger

#1 Beitrag von Pelagodileptus » 21. Juni 2019, 08:37

Liebe Tümplerfreunde,

im Seniebach bei Wilkenburg fand ich in einer Probe einen „einzigen“ Einzelgänger, Obertrumia aurea, mit einer Länge von ca. 240µm,
der oft noch mit den Namen Nassula aurea in Verbindung gebracht wird. Zuerst dachte ich an Nassula ornata, Kern und auch die Körperform sprachen für sich,
doch beim genaueren hinschauen konnte ich eines Besseren belehrt werden. Eine komplizierte Nomenklatur der nassuliden Gattungen Nassula, Obertrumia,
Zosterograptus, Naxella und Rhinakis, wurde 1987 durch FOISSNER (1987) durchgeführt und so wurde aus Nassula aurea dann Obertrumia aurea.
„Vermutlich gehören noch weitere der zahlreichen (wohl über 50) ungenügend beschriebene Nassula – Arten in diese Gattung“. Betrachte ich mir den Makronukleus
von dem hier gefunden Ciliaten, würde ich auf eine andere Art tippen. Ich lasse ihn aber hier als O. aurea stehen, solange es hierzu keine neueren Erkenntnisse gibt.
Die Artbestimmung der Nassuliden erweist sich immer etwas schwierig.
_I4A1530_Obertrumia aurea_CP.jpg
Obertrumia aurea in seiner typischen ellipsoiden Form sobald ein Deckglas aufgelegt wird.
MA= Makronukleus; Kv= Kontraktile Vakuole; CC= Caudale Cilien, die nur sehr schwer in Vivo zu erkennen sind.

Die Zelle ist durch die vielen Nahrungsvakuolen mit Cyanobakterien (Blaualgen) und Algen gefüllt und
zeigen oftmals verschiedene Verdauungsstadien, die meist auffallend bunt gefärbt ist.
_I4A1557_hf.jpg
O. aurea ist wegen der bunten Färbung und der Reuse leicht als ein „nassulides Ciliat“ erkennbar.

Ein typisches Erkennungsmerkmal und die Unterscheidung zu Nassula ornata ist der Mundtrichter, der im vorderen Körperdrittel liegt und
einen deutlichen Ring besitzt. Dieser Ring besteht aus 26-28 leicht tordierten, derben Stäben.
_I4A1542_Obertrumia aurea_CP.jpg
In der richtigen Lage kann man sehr gut den Ring, siehe Pfeile, der Reuse sehen, die mit ein wichtiges Bestimmungsmerkmal darstellt.
_i4a1577.jpg
Ausschnitt der Reuse von O. aurea mit Ring, Objektiv 100x.

Zusätzlich habe ich etwas Acridin orange-Zinkchlorid der Probe zugesetzt, um so auf einfache Weise den Makronukleus anzufärben.
Der Mikronukleus kann bei O. aurea mit 1 – 4 Kernen vorliegen.
Macronukleus.jpg
Linkes Bild: Groß- und Kleinkern von O. aurea. Laut Literatur müsste der Großkern „rund“ sein, obwohl er bei dieser gefundenen Art mehr wurst- und
leicht hufeisenförmig aussieht. In der Bildebene ist nur ein Mikronukleus (Mi) zu erkennen, Objektiv 100x.

Rechtes Bild: Durch Anfärbung mit einem flurochrom (AO-Z), lässt sich sehr einfach und schnell der Kern abbilden, Objektiv 16x. MA= Makronukleus; Mi= Makronukleus; R= Reuse.

Viel Spaß beim lesen,
Michael

Literatur:
Foissner, W.; Blatterer, H.; Berger, H.; Kohmann, F. (1991): Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems – Band III:
Hymenostomata, Prostomatida, Nassulida. Informationsberichte des Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, Heft 1/94, 415 – 484

Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 7. Familie Nassulidae - Tierwelt Dtl., 216 – 228

Zur Info:
Alle Fotos am BX50 mit Canon eos R dierekt ohen Zwischenoptik, oder mit 1,5x PlanApo Fotookular von B&W Optik, für Olympus Mikroskope und
ein Foto in Auflicht Fluoreszenz am BHS 2 mit Canon eos D700, mit Fotookular 1,67
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Re: Obertrumia aurea ein ausgesprochener Einzelgänger

#2 Beitrag von paramecium » 9. Dezember 2019, 20:48

Hallo Michael,

ich habe Obertrumia bislang nur vom Namen her wahrgenommen, da mir der Name außergewöhnlich erschien. Danke auch für den Hinweis zur aktuellen Nomenklatur der Nassula. Glückwunsch zur Acridinorange Färbung. Diese gelingt ja nicht immer so gut. Eine Frage habe ich: Erscheint der Macronucleus stets so nierenförmig, wie bei Dir abgebildet?

Gruß

Thilo

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Re: Obertrumia aurea ein ausgesprochener Einzelgänger

#3 Beitrag von Pelagodileptus » 18. Dezember 2019, 09:20

Hallo Thilo,

entschuldige, dass ich mich jetzt erst melde. Meine Modellbaubarbeit und die Arbeiten zum Sonderheft " Die grandiose Modellbahnanlage von Rolf Weinert", mit vier Jahren Bauzeit, hat mir viel viel Zeit gekostet.

Also, der Makronucleus (MA) ist normal "rund", kann sich aber durch veränderte Lebensbedingungen, vielleicht auch durch das Flurochrom "Acrinorange-Zinkchlorid" etwas verändert haben, vor allem dann, wenn das UV-Licht eingeschaltet wird. Es kann sich aber auch um eine beginnende Teilung handeln, wenn der MA anfängt sich zu verändern, oder einfach nur der Deckglasdruck zugenommen hat. Mehr kann ich hierzu auch nicht zu sagen, sind alles nur eigene Beobachtungen! Er war halt in diesem Fall ein "Einzelgänger" und auch geblieben! :wicked_005:

Gruß,
Michael

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Re: Obertrumia aurea ein ausgesprochener Einzelgänger

#4 Beitrag von paramecium » 18. Dezember 2019, 22:19

Hallo Michael,

Danke für Deine Antwort. Die Bestimmung von Einzelgängern bleibt immer schwierig.

Eine Aktivität der DNA ist eventuell wahrscheinlich. Die dezente Streifung des gefärbten Ma in Deinem Bild finde ich auch interessant. Sie zeigt Dichteunterschiede der DNA.

Ein Artefakt der Färbung im Sinne der Einwirkung auf den Zellkern, so dass er sich verformt, schließe ich jedoch aus.

Viele Grüße

Thilo

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