Vaginicola cf.tincta

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Uli
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Vaginicola cf.tincta

#1 Beitrag von Uli » 16. Mai 2021, 13:24

Hallo zusammen,

beim durchstöbern auf der Homepage von Angie, bin ich auf ein Foto eines Vasentierchen Vaginicola cf.tincta gestoßen, dass Ähnlichkeiten mit einem Fund von mir aufweist. Gefunden habe ich das Vasentier nach dem ich einen Blattstiel abgekratz habe und den "Schleim" auf ein Objekträger überführt habe.

Der Fundort war ein Kleinweiher: 28 µS/cm pH 6,2

Vaginicola cf.tincta.jpg
Vaginicola cf.tincta.jpg (43.25 KiB) 4617 mal betrachtet

Liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass es sich bei meinem Fund auch um Vaginicola cf.tincta handeln könnte?

Viele Grüße
Uli

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paramecium
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Re: Vaginicola cf.tincta

#2 Beitrag von paramecium » 16. Mai 2021, 23:10

Hallo Uli,

hübsche Kerlchen!

Ich habe eben mal eine neuere Arbeit zu Vaginicola tincta herausgesucht (siehe unten). Vielleicht hast Du noch weitere Abbildungen, zu dem Tier. Die Tiere die in der Publikation gezeigt werden, tragen keine Zoochlorellen. Beschreibungen bei Kahl und Foissner weisen auch nicht auf Zoochlorellen hin. Wichtig wäre eventuell auch die feine Streifung der Zooide zu zeigen, um zu sehen, ob sie dieses charakteristische trochale Band zeigen, eine Verdickung der Streifen, die wohl etwa auf der halben Körperlänge zu suchen ist.

Ich nehme an, Du hast den Artnamen an der Farbe des Gehäuses festgemacht? Der Artname "tincta" scheint ja darauf hinzuweisen. Der Farbeindruck der Aufnahmen kann aber täuschen. Im Hintergrund scheint noch etwas anderes braun gefärbtes Etwas zu sehen sein, das der Lorica eventuell diese Farbe verleiht. Beschreibung und Abbildung der Gehäuse bei Kahl und Lu at al. (2019) sind vom Profil eher gerade. Die Zeichnungen von Fromentel (1874) und Kahl (1935) zeigen ein anderes breiteres Bild des Gehäuses. Wobei ich annehme, dass Kahl die Zeichnung von Fromentel nachzeichnete. Lu et al. haben ein schlankes Gehäuse abgebildet. Dein Individuum hat wiederum eher ein nach vorne verjüngtes Gehäuse. Der gute de Fromentel (1874) zeigt die Gehäuse weiterer Arten ebenfalls gefärbt, welche nicht so charakteristisch und kurios erscheinen, wie von V. tincta. Man sollte sich die Losebildersammlung von Fromentels Buch bei archive.org herunterladen, um seine Abbildungen einzuschätzen. Die PDF Version lässt durch die starke Kompression rein gar nichts erkennen. Eventuell haben Lu et al. (2019) die Gehäuseform nicht beachtet und nur die Farbe betrachtet. Somit könnte man diese Neubeschreibung von Lu et al. (2019) sogar bezweifeln.

Ich müsste mich auch erst tiefer einlesen, um da einen Tipp abzugeben.

Viele Grüße

Thilo

Literatur:
Lu B. et al., 2019. Novel contributions to the peritrich family Vaginicolidae (Protista: Ciliophora), with morphological and phylogenetic analyses of poorly known species of Pyxicola, Cothurnia and Vaginicola, Zoological Journal of the Linnean Society 187(1), p. 1-30 Link
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Re: Vaginicola cf.tincta

#3 Beitrag von Uli » 17. Mai 2021, 20:23

Hallo Thilo,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.

Leider habe ich nur dieses eine Foto noch. Wie ich schon in meinen Beitrag zu den Bauchhärlingen geschrieben habe, muss ich wohl mehr Bilder in den unterschiedlichen Ebenen machen.Ich werde jetzt mehr mit der Funktion der Serienaufnahme arbeiten um im nach hinein durch das Objekt fahren zu können, um dann nachträglich mehr Einzelheiten zu erkennen.

Das mit dem braun gefärbten Etwas, wie Du es nennst, ist mehr gar nicht so bewusst geworden.

Du schreibst, dass es wichtig wäre, unteranderen die Streifung der Zooide zu zeigen. Ob das so mit meiner Ausrüstung zu machen ist, dass solche Strukturen klar zu erkennen wären, da habe ich so meine Zweifel mit meinen Objektiven. Bisher versuche ich solche Strukturen mit der schiefen Beleuchtung raus zuarbeiten. Dabei halte ich mich aber nicht immer korrekt an der Einstellung, wie Du oder Martin Kreutz es beschreiben, sondern „Spiele“ ein wenig mit der Blende oder dem Phasenschieber. Für mich persönlich konnte ich mit der Methode schon gute Ergebnisse erzielen.

Da ich mich gerade ein wenig in Lightroom einarbeiten möchte, um die Hintergründe der Bilder zu säubern, stellt sich mir die Frage: In wieweit lassen sich mit einem Grafikprogramm solche feinen Streifungen verbessern, da ich bei meinen Fotos nur den Kontrast, die Helligkeit oder Sättigung verändere?

Die passende Literatur zu finden ist auch immer so eine Sache, wenn man nicht so richtig weiß, wo man suchen soll. Ehrlicherweise muss ich auch sagen, dass ich nicht immer alles verstehe, was da geschrieben oder gesagt wird, da ich kein Biologe oder sonst etwas in der Richtung bin. Es ist ein Hobby und soll mir Spaß machen und nicht stressen. Deshalb bin ich auch froh und dankbar, dass sich Fachleute wir ihr euch Zeit nehmt, um mir bei meinen Bestimmungen zu helfen.

Viele Grüße
Uli

Danke für den Literaturhinweis!

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Re: Vaginicola cf.tincta

#4 Beitrag von paramecium » 17. Mai 2021, 21:14

Liebe Ulli,

Die Streifung der Peritrichen ist eine Herausforderung, jedoch in der Regel mit einem ordentlichen Objektiv 40x gut zu erkennen. Kamera und Mikroskopoptik müssen aufeinander abgestimmt sein (Stichwort Sampling-Theorem). Je höher die Apertur ist, um so besser. Schiefe Beleuchtung ist eine Voraussetzung. Du kannst für diesen Grenzfall eine eher exzentrische Ausleuchtung wählen, um den visuellen Kontrast zu erhöhen. Zuviel Wasser im Präparat ist der erste Fehler, da Trockenobjektive und Ölimmersion bei hoher Wassersäule über dem Objekt nicht mehr scharf abbilden (können). Ich arbeite mit Mikroliterpipetten und wähle ein einheitliches Probenvolumen von 30µl um gleich bleibende Aufnahmebedingungen zu erhalten. Nur bei großen Organismen weiche ich davon ab. Man muss üben, bewusst auf die Zelloberfläche zu fokussieren. Ich habe Dir unten ein Beispiel angehängt, damit Du eine Vorstellung davon erhältst, wie das Bild aussieht. Ähnliche Aufnahmen sind mir auch mit einem guten Trockenobjektiv gelungen unter Einhaltung der obigen Hinweise. Viele Peritriche, wie dieses Glockentierchen haben eine solche feine Streifung auf der Zelloberfläche und sind gute Übungsobjekte.

Mit einem Bildverarbeitungsprogramm alleine wirst Du es nicht erreichen. Die Struktur muss im Bild bereits gut sichtbar sein. Die Aufnahme unten ist nicht verkleinert worden, sondern ein Ausschnitt des Kamerabildes in Originalauflösung (halbe Farbpixelauflösung) wiedergegeben.

Wenn die Kombination Kamera-Mikroskop das visuell Gesehene nicht abbilden kann, kann es daran liegen, dass die Kamera eine zu geringe Pixelauflösung bzw. eine zu geringe Nachvergrößerung bei geringer Pixelanzahl aufweist (das ist z.B. bei der berühmten Ofenrohradaption der Fall oder Kameraadaptern, die eine Nachvergrößerung von weniger als 1,5x erzielen, um das gesamte mikroskopische Sehfeld auf einen kleinen Sensor abzubilden). Probiere es einfach mal aus, um Dein Setup an Peritrichen als "Testpräparat" zu überprüfen. Ansonsten kannst Du mich gerne kontaktieren.

Bildserien sind eine gute Idee. Das mache ich oft genauso.

Viele Grüße

Thilo
Peritrich.jpg
Peritrich.jpg (152.91 KiB) 4589 mal betrachtet

Uli
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Re: Vaginicola cf.tincta

#5 Beitrag von Uli » 18. Mai 2021, 07:18

Hallo Thilo,

das mit der Mikroliterpipette und den 30µl Probevolumen, um gleichbleibende Aufnahmebedingungen zu erhalten, ist eine gute Idee, die ich auf jedenfall ausprobieren werde.
Ich werde jetzt mal ein wenig rum Experimentieren und das Ergebnis hier zeigen.

Viele Grüße
Uli

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