Paraphysomonas vestita

Zooflagellaten
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MartinKreutz
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Paraphysomonas vestita

#1 Beitrag von MartinKreutz » 26. November 2017, 12:43

Liebes Forum,

animiert durch Fotos des Zooflagellaten Paraphysomonas von Ole Riemann (http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewt ... f=41&t=622) habe ich mich auch nochmal mit dieser Art beschäftigt. Untersuchungsmaterial ist leicht zu beschaffen, da dieser Flagellat überaus häufig in alten Proben vorkommt, in denen sich eine Kahmhaut oder kleine Detritusflöckchen an der Gefäßwand gebildet haben.

Paraphysomonas vestita gehört zu den Chrysophyceen, welche Silicaschuppen tragen, ähnlich wie Mallomonas oder Synura. Jedoch trägt Paraphysomonas keine Chloroplasten und ist farblos. Er ernährt sich durch Phagocytose von Bakterien, Blaualgen und kleinen Algen. Hauptsächlich konnte ich Bakterien in den Nahrungsvakuolen finden. An frei schwimmenden Exemplaren, kann man die Hülle aus Silica-Schuppen gut erkennen. Sie haben die Form einer Reißzwecke mit einem 2 µm breiten Kopf und einem ca. 4-5 µm langen Dorn. Der Flagellat selber ist 20 - 25 µm lang. Auf dem rechten Bild kann man schwach die kreisförmigen "Köpfe" der Silica-Schuppen erkennen, welche dem Zellkörper überlappend aufliegen:

BildBild

Presst man ein Exemplar uter dem Deckglas, kann man die zwei Geißen besser erkennen. Die Schleppgeißel ist kürzer und ca. 5 µm lang, während die Schubgeißel etwa 30 µm lang ist. Der Zellkern mit einem Durchmesser von 5 µm liegt immer am Vorderpol der Zelle, dort wo die Geißeln entspringen. Auf selber Höhe wie der Zellkern liegt auch die kontraktile Vakuole. Durch das Pressen des Zellkörper spreizen sich auch Silica-Schuppen, die dann nicht mehr überlappend vorliegen und teilweise sich auch vom Zellkörper lösen. Sie erscheinen dann T-förmig:

Bild

Man muss die Schichtdicke dann noch weiter reduzieren, bis der komplette Zellkörper zerlaufen ist, um die T-förmigen Schuppen besser und vereinzelt sehen zu können. Mehr Auflösung als auf dem rechten Bild zu sehen, ist wahrscheinlich mit einem Objektiv 100X/1.3 und einem Trockenkondensor 0.9 nicht rauszuholen:

BildBild

Dennoch gelang mir noch folgende Aufnahme, welche eine Struktur zeigt, die mit dem Lichtmikroskop eigentlich nicht zu erkennen ist. Die Schubflagellen der Chrysophyceen tragen oft Mastigonemen. Dies sind fadenförmige Anhänge, welches der Geißel im Elektronenmikroskop oft das Aussehen einer Flaschenbürste geben. Auf dem Foto unten erkennt man an der Schubgeißel deutlich fadenförmige Anhänge. Eventuell haben sich die Mastigonemen dieses Exemplares durch das quetschen unter dem Deckglas verklebt und sind erst dadurch im Lichtmikroskop sichtbar geworden. Anders kann ich mir diese Struktur zumindest nicht erklären:

Bild
Ma = Mastigonemen?
ZK = Zellkern

Aber vielleicht gibt es aber auch eine andere Erklärung dafür. Jedenfalls wünsche ich viel Spass beim anschauen!

Martin
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Re: Paraphysomonas vestita

#2 Beitrag von ImperatorRex » 26. November 2017, 15:57

Hallo Martin,
sehr schöne und interessante Aufnahmen die Du uns da zeigst.
Das ist ja interssant mit den Mastigonemen. Habe leider im Netzt keine EM Aufnahme auf die Schnelle gefunden. Hast Du da ein Link?

Sehr schöne EM Aufnahmen der Silicaschuppen habe ich hier gefunden: h[url]ttp://chrysophytes.eu/category/druh/paraphysomonas-vestita[/url]

Thema Auflösungsvermögen mit und ohne Immersion. Habe da einmal gerechnet und bin zu folgenden Ergebnissen gekommen:
Bild

viele Grüße
Jochen

MartinKreutz
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Re: Paraphysomonas vestita

#3 Beitrag von MartinKreutz » 26. November 2017, 18:04

Hallo Jochen,

vielen Dank für die Berechnungen der Auflösung. Hätte ich nicht gedacht, dass sich durch das Immergieren die Auflösung nur so gerinfügig verbessert. Eine Auflösungssteigerung von 0,25 µm auf 0,21 µm sind ja nur 16%. Ich hatte bisher das Gefühl, dass ich mit meinem Trockenkondensor ganz gut fahre. Das scheint sich zu bestätigen. Ich denke, immergieren lohnt sich nicht für mein Metier.

Ich habe von den Mastigonemen nur eine recht gute TEM Aufnahme im Netz gefunden. Leider steht nicht dabei, wer der Bildautor ist:

http://www.mediaformedical.com/index-la ... -fb-o.html

Auf dem Bild sieht man sogar, dass die Mastigonemen scheinbar nochmal verzweigt sind. Man kann sich schon vorstellen, dass diese feinen Strukturen bei physischen Stress kollabieren und dann auch im Lichtmikroskop sichtbar werden.

Martin

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paramecium
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Re: Paraphysomonas vestita

#4 Beitrag von paramecium » 27. November 2017, 22:02

Hallo Martin,

vielen Dank für den Hinweis. Ich werde darauf achten, ob ich diesen Flagellaten finde. Bislang sind mir keine derart großen Flagellaten außer Euglenen aufgefallen. Eventuell liegt das auch an selektiver Wahrnehmung, da mich meist nur die Ciliaten interessieren. Den Flagellaten hätte ich für einen Ciliaten gehalten, da die Schleppgeißel sehr ähnlich einen Cyclidium spec. erscheint - bis auf das "Segel" der Cilien.

Hallo Jochen,

es ist leider komplizierter, als Deine Rechnung.
Die Formel zur Auflösung mit/ohne Kondensor war mir nach jahrelangem Studium der Physik zum ersten Mal bei der Wiki aufgefallen. Die Auflösung hängt in erster Linie von der Apertur des Objektivs ab, aber in gewissem Maß auch von deren Ausleuchtung. Das wird spürbar, wenn man den Kondensor abblendet. Ab dem Moment, wo die Pupille des Objektivs nicht mehr vollständig ausgeleuchtet ist, sinkt die Auflösung. Es ist der klassische Fehler des Anfängers, das Mikroskop auf diese Weise abzublenden. Ob sich die beiden Aperturen jedoch so einfach multiplizieren, wie die Wiki angibt, möchte ich bis heute bezweifeln. Das Ausmessen der ausgeleuchteten Apertur, welche man mit einem Phasenkontrastmikroskop fotografieren kann, gibt Aufschluss auf die tatsächliche Auflösung.

So kenne ich das Problem, dass der modernere Zeiss Kondensor 0.9/1.2 des AxioLab.A1 mit oder ohne Immersion keine Apertur von 1.2 ausleuchtet. Die Antwort was ich eventuell falsch mache, oder wie das gehen soll, ist mir Zeiss bis heute schuldig geblieben. Wir haben den modernen Kondensor 0,9/1.2 und einen älteren, "echten" Zeiss 1.4 Kondensor früherer Baureihen an verschiedenen Stativen und auch an meinem AxioLab.A1 probiert. Einzig der alte Kondensor 1.4 leuchtet die Objektive hoher Apertur im Hellfeld tatsächlich voll aus. Beim neueren Kondensor hingegen ist kein Gewinn an Auflösung drin, egal ob mit oder ohne Immersion. Der Blick durch das Phasenkontrastfernrohr, welches die ausgeleuchtete Apertur der Optik zeigt, zeigt auch warum: Die Immersion des Kondensors bringt keinen Gewinn bezüglich der Ausleuchtung eines Objektivs, welches eine höhere Apertur besitzt als 0.9. Die Optik des Kondensor 0.9/1.2 unterstützt die Immersion nicht. Mit oder ohne Immersion leuchtet er maximal den Durchmesser der Ringblende des DF aus, welche etwa 0.9 beträgt. Daher liefert er mit oder ohne Immersion keinen Auflösungsgewinn. Glücklicherweise passen die alten Kondensoren auch am neuen AxioLab.A1. Leider sind sie jedoch sehr rar und ich erwarte sehnlich den tag an dem Zeiss sein alten Optiker aus der wohlverdienten Rente zurückholt, um einen vernünftigen Kondensor für dieses tolle Mikroskop zu konstruieren oder den alten wieder nachzubauen.

Im Phasenkontrast liegt die Sache anders. Denn diese Objektive zeichnen das Streulicht(!) auf, welches am Phasenkontrast Ring vorbei das Objektiv passiert. Immergiert man ein Immersions-Phakoobjektiv, wird man daher die empfindliche Objektphase auch bis in den Randbereich eines Objektivs bemerken, selbst wenn der Kondensor nicht immergiert ist. Bei der schiefen Beleuchtung und beim DIC hingegen muss der Kondensor die Apertur ausleuchten. Daher müssen beim DIC beide immergiert sein: Objektiv und Kondensor.

Dies ist übrigens der Vorteil des Phako gegenüber dem DIC. Beim Phako ist nur das Objektiv zu immergieren, beim DIC musst Du mit beiden Optiken "pantschen". Ziemliche Sauerei, wenn es daneben geht. Bei der schiefen Beleuchtung bin ich mir noch nicht sicher, ob sie auch vom Streulicht profitiert. Ein Phako Objektiv 100/1,3 muss man daher nur über das Objektiv immergieren, um im Phako die volle Auflösung zu erhalten. Auch in Fluoreszenz ist einzig das Objektiv entscheidend und ob es immergiert ist.

Wie gesagt: Man beschaffe ein Phasenkontrastmikroskop, am besten gleich mit dem Mikroskop, und studiere die ausgeleuchtete Apertur des Objektivs, um zu verstehen, wie Auflösung funktioniert.

Übrigens haben wir es neulich am AxioLab.A1 geschafft, mit dem gleichen Kondensor 0,9/1.2 lediglich durch Einsatz von Polarisationsfiltern die Auflösung an einer Diatomee zu steigern. Ohne einen vollständigen DIC aufgebaut zu haben. Ein interessanter Einwand meines Freundes Horst Wörmann.

Gruß

Thilo
Zuletzt geändert von paramecium am 27. November 2017, 23:08, insgesamt 5-mal geändert.

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Re: Paraphysomonas vestita

#5 Beitrag von ImperatorRex » 27. November 2017, 22:37

Hallo Martin,
besten Dank für den Link.
Man kann sich schon vorstellen, dass diese feinen Strukturen bei physischen Stress kollabieren und dann auch im Lichtmikroskop sichtbar werden.
Klingt plausibel! Auf der von Dir verlinkten EM Aufnahme hat es sowieso den Anschein, dass die Mastigonemen in "Büschel" angeordnet sind. Ich schäzte, dass solche Büschel in etwa 1/3 der Stärke des Flagellums erreichen können. Das Flagellum sollte so etwa eine Stärke von 600-800 nm haben (grob aus Deinem Fotos gemessen), damit hätten die Mastigonemen-Büschel so etwa 200-300 nm, das wäre dann also schon in dem Bereich des Auflösungsvermögens Deines Mikroskopes.

viele Grüße
Jochen

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Re: Paraphysomonas vestita

#6 Beitrag von ImperatorRex » 27. November 2017, 23:25

Hallo Thilo,
naja, so falsch wird die Formel nicht sein, diese findet sich - in abgewandelter Form, auch so in anderer Literatur. Dieter Gerlach beschreibt die Rolle des Kondensors auch sehr schön in seinem Buch "Das Lichtmikroskop". Dort wird das Beugungsbild und die Nebenmaxima des Beugungsbildes von Pleurosigma angulatum betrachtet, einmal bei Reduktion der n.A des Objektives durch eine Objektivblende, das andere mal durch die Aperturblende des Kondensors. Letzendlich wird aufgrund von Beobachtung und Geometrischer Betrachtung des Beugungsbildes die Aussage getroffen, dass durch Öffnen der Kondensorblende das Auflösungsvermögen günstigstenfalls verdoppelt werden kann.

d = lambda/2 x A

Bei kleinerer Apertur des Kondensors ein entsprechend geringere Auflösungsvermögen.

Martins Objektiv mit n.A von 1,3 und Kondensorapertur von 0,9 hätte danach das gleiche Auflösungsvermögen wie ein Objektiv mit n.A von 1,1 und ebensolcher Kondensorapertur.

Hast Du einmal versucht, den Kondensor aus der Köhlerstellung nach oben zu fahren? Auch bei dem Zeiss Endlich Kondensor mit der 1,4er Frontlinse muss ich das so machen um die hochaperturigen Objektive voll auszuleuchten. Ich beschränke mich da auf eine Wasserimmersion des Kondensors, das ist am IM35 Mikroskop ja sehr einfach durch das Wegklappen des Kondensors zu bewerkstelligen.

Polfilter mag ja etwas mit Kontraststeigerung zu tun haben, die Auflösung ist ja nicht alles, man muss ja auch die Struktur erkennen können. Oder es war noch ein anderes Prisma (Kondensor oder Objektivseitig) im Strahlengang? Da gibt es dann manchmal DIK ähnliche Effekte

viele Grüße
Jochen

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Re: Paraphysomonas vestita

#7 Beitrag von paramecium » 29. November 2017, 21:34

Ich bin ja bei Euch, dass Abblenden des Kondensors zu verringerter Auflösung führt. Aber Deine Rechnung würde bedeuten, dass ein Kondensor mit NA 0,9 eine Apertur von 1,1 ausleuchtet. Das kann nicht sein, denn das funktioniert schon wegen der Totalreflexion an den Grenzflächen nicht, wegen der (die Totalreflexion) die Apertur in der mikroskopischen Optik begrenzt ist. Die Apertur ist ja eine Funktion des größten Einfallswinkels des Lichts. Eine Ausleuchtung mit einem Kondensor der Apertur 0,9 ist und bleibt NA 0,9. Deswegen muss ja immergiert werden mit einem Kondensor, der das unterstützt. Das Problem hierbei ist, dass in wässrigen Medien die Auflösung wiederum durch den Brechungsindex des Mediums Wasser begrenzt bleiben wird, da an der Grenzfläche Glas/Immersionsöl und Wasser unter einem bestimmten Einfallswinkel wieder Totalreflexion eintritt und die Apertur begrenzt bleibt, egal mit welchem hochbrechenden Medium man zu immergieren versucht.

Schaut Euch einfach mal mit einem Phasenkontrastmikroskop an, was sich in der Pupille eines Immersionsobjektivs 100x/1,3 ungefähr am Ort der hinteren Linsen des Objektivs bewegt, sobald ein Phasen-Objekt bei Beleuchtung im Phako eingeschoben. Vergleicht dies mit dem Durchmesser der Ausleuchtung der Pupille bei normaler Ausleuchtung mit einem Kondensor 0,9 im Hellfeld. Dann versteht man am besten, wodurch bei den verschiedenen Beleuchtungstechniken die Auflösung der Optik begrenzt ist und an welcher Stelle im Strahlengang die Auflösung hinzukommt.

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Re: Paraphysomonas vestita

#8 Beitrag von ImperatorRex » 30. November 2017, 20:49

Hallo Thilo,
die Rechnung sagt folgendes aus:
Die Objektivapertur und die Kondensorapertur haben beide einen Einfluss auf das Auflösungsvermögen. Bei einer kleinen Kondensorapertur (n.A. Kondensor < n.A. Objetiv) wird das Objektiv mit der höheren Apertur immer noch besser auflösen als das Objektiv mit gerinerer Apertur.
Das kannst Du auch leicht selber ausprobieren wenn Du ein Diatomeen Testräparat hast: Wenn Du z.B. ein Objetiv mit n.A. 0,75 hast (Neofluar 40/0,75) und dieses mit einer Kondensorapertur von 0,4 betreibst, wirst du die Struktur von Pleurosigm angulatum nicht auflösen können. Verwende jetzt ein 40/0,95 bei gleicher Kondensorapertur, da sind die Strukturen locker aufgelöst.
Gerlach beschreibt die Zusammenhänge sehr anschaulich unter Verwendung eines Objektives mit Objektivblende und des Beugungsbildes der Areolenstruktur bei Pleurosigma angulatum. Die Nebenmaxia des Beugungsbildes sind immer noch sichtbar in dem Objektiv mit der hohen Apertur, bei gleicher Kondensorapertur und kleinerer Objektivapertur sind diese eben nicht mehr im Beugungsbild sichtbar, die Struktur der Diatome wird dann auch nicht mehr aufgelöst.

Toll finde ich dass man hierzu nicht mal einen "Diffraktionsapparat nach Ernst Abbe" benötigt um solche parkatischen Versuche anszustellen, eine Objektiv mit Blende, ein Hilfsmikroskop und eine Diatomeen-Testplatte reichen aus.

Nach meiner Erfahurng kann ich mit der Wasserimmersion Objektive bis etwa n.A. 1,3 komplett ausleuchten. Dazu muss ich aber den Kondensor aus der Köhlerstellung weiter nach oben bewegen.

viele Grüße
Jochen

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